Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Management

Wenn der Azubi zum Problem wird

Ein Ausbildungsabbruch kündigt sich an. Wenn Sie wissen wie, lässt er sich vermeiden – mit Verständnis und dem nötigen Nachdruck.

von Carmen Rigbers

#132;Jeder verdient eine zweite Chance. #147; Wenn Martin Müller* über seinen Auszubildenden spricht, hört man Überzeugung in seiner Stimme. Die Überzeugung, das Richtige getan zu haben. #132;Man muss versuchen, den Menschen zu verstehen, und sich Zeit für Gespräche nehmen #147;, resümiert der Kfz-Mechanikermeister aus der Region Hannover. Nach einem Jahr hatte der Unternehmer den Schritt gewagt und seinen Praktikanten in ein Ausbildungsverhältnis zum Kfz-Mechatroniker übernommen. Doch damit fingen die Probleme an. #132;Er hat uns angelogen, was die Erledigung von Aufgaben anbelangt #147;, blickt der Handwerker zurück. Auch von der nicht bestandenen Führerscheinprüfung erzählte sein Azubi nichts. Lag dem 19-Jährigen nichts mehr an der Ausbildung?

Führen Sie Gespräche!
Müller machte sich Sorgen und besprach die Lage zunächst mit seinem Gesellen und dem zweiten Azubi. Ein wichtiger erster Schritt, weiß Dr. Sonja König von der Handwerkskammer Hannover. #132;Oft können Kollegen oder direkte Vorgesetzte dem Unternehmer wichtige Einblicke geben #147;, sagt die Expertin für Ausbildungsabbrüche. Dann sollte auch der Betroffene selbst zu Wort kommen. #132;Das Gespräch sollte unter vier Augen und nach Feierabend geführt werden, damit keiner mehr im Stress ist #147;, rät König.

Wichtig sei auch ein offizieller Termin, um die Bedeutung des Gesprächs zu unterstreichen, weiß Klaus Engelhardt, Ausbildungscoach der Handwerkskammer Dortmund. Probleme sollte dann offen angesprochen werden, sind sich die beiden Kammerberater einig. #132;Viele sind auch froh, sich einfach aussprechen zu können #147;, betont König. Falls der Azubi #132;nicht so richtig mit der Sprache raus will #147;, sollte der Unternehmer ihm anbieten, eine Vertrauensperson seiner Wahl hinzuzuziehen, meint Engelhardt. Öffnet sich der Lehrling, sei Verständnis wichtig, um eine Vertrauensbasis herzustellen.

Vereinbaren Sie Ziele!
Trotzdem sollte der Unternehmer deutlich machen, dass ein Abbruch drohe, wenn sich die Situation nicht ändere, stellt König klar. Engelhardt rät zu einem Gesprächsprotokoll, in dem Zielvereinbarungen wie Pünktlichkeit oder die Abgabe des Berichtsheftes festgehalten werden. Wenn beide das Protokoll unterschreiben würden und der Azubi eine Kopie erhalte, würde sich eine gewisse Verbindlichkeit einstellen. Auch die Vereinbarkeit eines Folgetermins trage dazu bei.

Martin Müller sprach nicht nur mit seinem Azubi, sondern auch mit Berufsschullehrern und den Eltern. Der Austausch mit der Familie sei unausweichlich, wenn der Azubi noch minderjährig ist, weiß Engelhardt. #132;Die Eltern haben oft noch Einfluss auf ihr Kind, den man nutzen sollte #147;, rät er. In Gesprächen erfuhr Müller dann: Sein Lehrling hatte Angst vor der Führerscheinprüfung. Jetzt versucht er es ein zweites Mal #150; mit Müllers Unterstützung.

Typische Fälle

Dr. Sonja König, Ausbildungsexpertin der Handwerkskammer Hannover und Klaus Engelhardt, Ausbildungscoach der Handwerkskammer Dortmund, berichten aus Erfahrungen mit Unternehmern und Azubis:

Erste Warnsignale:

häufige Krankmeldungen

Unpünktlichkeit

unentschuldigtes Fernbleiben

unmotiviertes Arbeiten

Pausen allein verbringen

Streit mit Kollegen, Vorgesetzten

schlechte Berufsschulnoten

Häufige Ursachen:

#132;Die Probleme liegen oft im familiären Umfeld #147;, weiß Dr. Sonja König. Einige Azubis hätten einen Freundeskreis, in dem alle arbeitslos sind. Andere müssten sich ihr Zimmer mit kleineren Geschwistern teilen. Darunter leide dann häufig die Pünktlichkeit. Auch finanzielle Probleme kommen vor.

Lösungen:

Handelt es sich um Drogenprobleme oder Schulden, sollte der Lehrling an eine Beratungsstelle verwiesen werden, rät Klaus Engelhardt.

Externe Hilfe:

Bleiben Lösungsversuche erfolglos, sollten sich Unternehmer an die Ausbildungsberater der Kammern wenden. Die Handwerkskammer Hannover bietet im Rahmen ihres Projekts #132;Im Lot #147; kostenlose Workshops zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen an. Das Projekt entwickelt Methoden, Maßnahmen und Hilfsmittel, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden und richtet sich an Betriebe, Auszubildende, Eltern und Berufsbildende Schulen vor und während der Ausbildung.

Das könnte Ihnen auch gefallen: