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Die wichtigsten Fakten zum EU-Heizungslabel

Wenn die Heizung rot sieht

Kühlschrank, Waschmaschine und Autoreifen haben sie schon: die Energieeffizienzampel. Jetzt kommt der Farbbalken für Ihre Heizanlage. Was Sie dazu wissen sollten, lesen Sie hier.

Bisher hat sich die EU beim Thema Energieeffizienz nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Mit dem Glühbirnenverbot hat sie limitiert, was in einem Standardhaushalt zwei Prozent am gesamten Energieverbrauch ausmacht. Und beim Energielabel für Autoreifen verbrauchen die Premiumgummis auf 100 Kilometer gerade mal ein halbes Glas weniger Sprit als die schlechtesten Schlappen. Da haben die Effizienzrichtlinien mehr bürokratischen Aufwand gebraucht als energetischen Nutzen.

Doch mit dem neuen EU-Label für die Heizungsanlage hat sich Brüssel an den größten Brocken der Energieeffizienz herangewagt. Immerhin gehen 75 Prozent des Energieverbrauchs im Gebäudebereich auf das Konto der Wärmeerzeugung.

Ab dem 26. September gilt für alle neuen Heizanlagen: Verkauf nur noch mit Energielabel. Das ist ähnlich wie bei Autoreifen, Kühlschrank amp; Co. eine Farbampel, die zwischen dunkelrot und dunkelgrün – oder von G bis A+++ – in zehn Stufen anzeigt, wie effizient die neue Heizungsanlage ist. Gleichzeitig verschwinden ineffiziente Niedertemperaturheizgeräte gänzlich vom Markt.

Die neue Ampel soll dem Endkunden Orientierung geben, wo er mit seiner Wunschheizung steht. So leicht wie beim Kühlschrank bekommt er dabei aber nicht heraus, welche Auswirkung die bessere Effizienz auf seinen Geldbeutel hat.

Grobe Hilfestellung: Was das neue Label kann und was nicht, lesen Sie auf Seite 2.  

Die Effizienz hängt vom Nutzer ab

„Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nutzt die neue Ampel zunächst nichts“, sagt Frank-Peter Ahlers, Umweltberater an der Handwerkskammer Hannover. Denn für so eine Beurteilung sei das System Heizung schlicht zu komplex. Zu stark hängt der tatsächliche Verbrauch von der Energieeffizienz des Gebäudes und seiner Nutzung ab.

So liegen zwischen einem hocheffizientem Gerät und seinem hocheffizienten Betrieb Welten. „Viel wichtiger ist, dass die Heizungsanlage auf den Nutzer zugeschnitten ist, sie die richtige Größe hat und die Regelungstechnik gut eingestellt ist“, sagt Ahlers.

Schließlich lässt sich auch effizienter Kühlschrank ineffizient betreiben, etwa indem man regelmäßig warme Töpfe hineinstellt oder nur die Hälfte seines Kühlraumes ausnutzt. „Wenn ich einen Raum nur alle paar Wochen beheize, brauche ich kein A+-Gerät.“, sagt Ahlers.

Im konkreten Investitionsfall helfen die Energieberater der Handwerkskammer oder der SHK-Fachbetrieb dabei, die individuell richtige Heizungsanlage zu finden. Sie können das Produktspektrum für den Kunden eingrenzen. Wenn die Art der optimalen Heizungsanlage feststeht, kann der Kunde auf die Ampel zurückgreifen, um die Grundkonfiguration mit effizienteren, aber kostenintensiven oder weniger effizienten, günstigen Komponenten zu bestücken.

Letzte Seite: Unabhängige Beratung gefährdet – hier versagt das EU-Label.

Rechenhilfe für SHK-Betriebe

Ampelbaum
Ampelbaum Label Heizung

Diese Möglichkeit der freien Komponentenwahl hätte das neue EU-Label beinahe begraben. Das liegt genau an der Komplexität des Heizungssystems. Denn falls nicht nur ein Einzelteil wie der Boiler oder ein Speicher ersetzt wird, beginnt für die Handwerker zusätzliche Arbeit: Wird die gesamte Heizanlage überarbeitet, muss eine neue Ampel für das Gesamtsystem errechnet werden.

„Mit dieser Aufgabe hat der europäische Verordnungsgeber die SHK-Betriebe alleingelassen“, sagt Dr. Michael Herma, Geschäftsführer des VdZ - Forum für Ener­gie­ef­fi­zi­enz in der Gebäu­de­tech­nik.

Eine Chance für die Hersteller, denn anstatt die beste Verbundanlage aus den Komponenten verschiedener Hersteller zu bauen und die Gesamteffizienz zusammenzurechnen, könnten die SHK-Betriebe die Komplettsysteme einzelner Hersteller mit fertigem Label nutzen.

Hier haben die Verbände VdZ und ZVSHK nachgesteuert und ein Software-Tool entwickelt, das das neue Label für jede neue Verbundanlage automatisch bei der Angebotserstellung generiert. Es soll als Update auf die gängigen Software-Planungslösungen im SHK-Handwerk aufgespielt werden und wird am 9. März offiziell vorgestellt.

„Wir bringen diese Systemlösung auf den Markt, damit das Handwerk die Planungshoheit über sein Angebot behält“, sagt Herma. Einzige Hürde der Software: Die Industrie muss die Daten ihrer Produkte für das Labeling zur Verfügung stellen. „Der Großteil der Hersteller hat sich dazu bereit erklärt“, erklärt Herma. Nur wenige Hersteller würden sich unkooperativ zeigen und die Daten für sich behalten. Auf diese Anbieter werden unabhängige Handwerker künftig im Zweifel verzichten müssen.

Von solchen Reibereien abgesehen begrüßt VdZ-Chef Herma die neue Effizienzrichtlinie. Viele Verbraucher seien sich bisher nicht bewusst, dass es zwischen den verschiedenen Heizsystemen erhebliche Effizienzunterschiede gibt. Die Effizienzampel sensibilisiert für das Thema. „Damit werden sich auf Dauer die effizienten Systeme durchsetzen“, sagt Herma. „Richtig interessant wird es im nächsten Jahr“, prognostiziert Herma. 2016 sollen alle Heizanlagen, die seit mehr als 15 Jahren in Betrieb sind überprüft werden und eine Effizienzkennzeichnung bekommen. „Dann sehen die Verbraucher, welch enormes Potenzial in einer Erneuerung ihrer alten Heizungsanlage steckt“, sagt Herma.

Sorgen brauchen sich Nutzer ineffizienter Heizgeräte aber nicht weiter. Auch wenn die Heizung im Check rot sieht, darf sie weiterlaufen.
(deg)

*Link zu Foto und Lizenzinfo CC BY 2.0

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