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Die Würfel sind entfallen

Werbung auf der Anklagebank

Mit einem Gewinnspiel hatte die Wolfsburger Frisörkette Klier potenzielle Kunden umgarnt. Das Oberlandesgericht in Braunschweig hat jetzt einen juristischen Riegel vor die Aktion geschoben. Sind die Kunden in den Filialen durch "übertriebenes Anlocken" psychisch quasi zum Konsumieren gezwungen worden?

Wir haben lediglich versucht, neue Kunden auf die spielerische Art aktiv anzusprechen, sagt Juniorchefin Bettina Klier. Und das sah so aus: In Fußgängerzonen und Einkaufszentren hatten die 750 Klier-Filialen in ganz Deutschland ihre Mitarbeiter in der Regel gutaussehende junge Frauen" postiert, die Passanten zum Würfeln animierten. Das Spiel war in drei Gewinnkategorien eingeteilt, die jeweils einer Dienstleistung entsprachen. Nach drei Würfen wurde die höchste Kategorie auf einen Gewinngutschein eingetragen, der wiederum im Salon eingelöst werden konnte.

Und genau damit haben die Richter ein Problem, denn die Inanspruchnahme der Dienstleistung sei durch den intensiven Kontakt zum Frisörpersonal geprägt. Diese Situation, die auch heute noch mit einer gewissen Peinlichkeit verbunden sei, versuche der Kunde damit zu kompensieren, dass er zusätzlich andere entgeltliche Geschäfte tätigt.

Die klassische Falle, in die Betriebe tappen können

Die Kombination aus Glücksspiel und dem so genannten psychologischen Kaufzwang ist die klassische Falle, in die Betriebe tappen können. Das ist ein Fossil, das sich über die Abschaffung des Rabatt-Gesetzes hinwegrettet hat, meint Torsten Samland, Geschäftsführer des hannoverschen Unternehmens für Marketing-Beratung Deciso. Leider scheine das im Augenblick nicht knackbar zu sein.

Betriebsinhaber sollten bei Gewinnspiel- und Gutscheinaktionen grundsätzlich vorsichtig sein, zieht der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks eine aktuelle Konsequenz aus dem OLG-Urteil. Gegebenfalls sei vorherige Beratung geboten.

Im Ausland hätte es so einen Prozess gar nicht erst geben. Das ist kein Urteil, das uns den Weg nach vorn in ein großes Europa weist, seufzt Klier. Wenn man sich überlege, dass der Werbemarkt liberalisiert werden sollte, seien das eigentlich drei Schritte zurück.

OLG Braunschweig, AZ 2 U 111/2001

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