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Betriebsvergleich und Erfa-Gruppe

Zahlen auf den Tisch: Klartext lohnt sich!

Würden Sie mit Kollegen über Ihre eigenen Zahlen sprechen – ganz offen und ehrlich? Metallbaumeister Holger Eschen macht das regelmäßig. Hier verrät er, was das bringt. Und warum er keine Angst vor Konkurrenz hat.

Metallbaumeister Holger Eschen (45) weiß ganz genau, wo er steht. Der Chef von EBE - Eschen Bauelemente in Wiesmoor kennt nicht nur seine eigenen Zahlen, er vergleicht sie auch ständig mit denen anderer Betriebe. Seine Quellen: Betriebsvergleiche und eine Erfa-Gruppe.

Herr Eschen, wie kommen Sie an Vergleichszahlen?
Holger Eschen: Wir nutzen mehrere Quellen. Der Bundesverband Metall gibt jährlich einen Betriebsvergleich für das Metallhandwerk heraus. Außerdem bekommen wir quartalsweise Branchenzahlen von unserer Bank. Ganz wichtig ist zudem unsere Erfa-Gruppe, der Erfahrungstausch unter Kollegen.

Worauf achten Sie besonders bei den Vergleichszahlen?
Holger Eschen: Für mich sind die klassischen Werte wie Wareneinsatz und Personaleinsatz wichtig. Ich sehe mir natürlich besonders die Werte für Betriebe unserer Größenklasse an. Das sagt mir sehr viel über unsere Wettbewerbsfähigkeit. Auch die Umsatzrendite ist wichtig. Die liegt im Bundesdurchschnitt bei 2 Prozent. Wenn ich darüber liege, dann weiß ich, ich gehöre zu den Guten in der Branche und habe Vorteile gegenüber Wettbewerbern.

Und wenn Ihre Werte vom Durchschnitt abweichen?
Holger Eschen: Dann schaue ich, woran das liegt, ob ich da aktiv werden sollte. Das ist nicht automatisch so. Nehmen wir zum Beispiel den Personaleinsatz: Der ist bei den Metallern im Bundesdurchschnitt relativ hoch, so bei 30 Prozent, weil viele Firmen produzieren und Montage machen. Unser Wert liegt darunter, weil wir nur produzieren und nicht montieren. Man muss die Zahlen schon genau hinterfragen, vor allem die Zahlen, bei denen man schlechter abschneidet.

Das klingt nach relativ viel Aufwand.
Entscheidend für einen Unternehmer ist es doch, Handlungsfelder zu erkennen. Mancher weiß ja gar nicht, wo er steht. Ich sage: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

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Erfa: Was der Austausch mit den Kollegen bringt

Die Zahlen sagen Ihnen aber nicht, was zu tun ist?
Das muss ich mir dann noch genauer anschauen. Da sind viele Faktoren und Kostenstellen im Spiel. Sehr hilfreich ist dabei der Erfahrungsaustausch. Unsere Erfa-Gruppe trifft sich zweimal im Jahr. Dann vergleichen wir auch unsere Zahlen und aus der Runde kommen oft konkrete Vorschläge für den jeweiligen Inhaber. So kommen wir sehr effizient zu Problemlösungen. Das ist der Vorteil so einer Erfa-Gruppe: Das sind alles Branchenkollegen in vergleichbarer Unternehmensgröße, die ihre eigenen Erfahrungen einbringen. Und weil wir alle zu 100 Prozent in der Materie drinstecken, kommen wir auch sehr schnell zu Lösungen. Das ist der Vorteil gegenüber Beratern. Bis sich ein externer Berater so tief in einen Betrieb hineingedacht hat, kostet das viel Zeit und Geld.

Haben Sie keine Sorge, dass Ihre Kollegen in der Erfa-Gruppe zu viel Einblick bekommen?
Das ist ja genau der Sinn von Erfa-Gruppen. Man muss natürlich darauf achten, dass die anderen Betriebe keine direkten Wettbewerber sind. Wir sind zum Beispiel Mitglied im Meisterteam, einem bundesweiten Zusammenschluss baunaher Betriebe. Innerhalb des Meisterteams gibt es Erfa-Gruppen. Das Meisterteam wählt seine Mitglieder sehr gründlich aus, um direkten Wettbewerb zu vermeiden. Außerdem achten wir darauf, dass die Unternehmen ein gewisses Qualitätsniveau haben und nicht zu groß oder zu klein sind. Dadurch passen die Betriebe der Erfa-Gruppe sehr gut zusammen, ohne sich Konkurrenz zu machen.

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Keine Angst vor Wettbewerbern?

Aber könnte ein so gut informierter Kollege nicht doch mal zum Wettbewerber werden?
Etwas Vertrauen muss man schon haben. Sonst kann man gleich einpacken. Außerdem ist das ja über die Jahre gewachsen. Und wenn die Chemie stimmt, dann wächst auch das Vertrauen. Klar ist der eine offener, der andere zurückhaltender. Aber irgendwann taut jeder auf – zur Not helfen wir mit den richtigen Fragen nach.

Andererseits: Die Zahlen verraten ja auch nicht alles.
Wir lassen es nicht bei den Zahlen. Bei jedem Erfa-Treffen ist einer von uns Gastgeber. Dazu gehört auch ein zweistündiger Rundgang durch den Betrieb. Wir haben dabei eine Regel: Jeder darf sich wirklich alles ansehen. Wenn zum Beispiel irgendwo ein geschlossener Schrank steht, dann kann den jeder aufmachen und reingucken. Das geht bis in den letzten Winkel. Danach füllen wir Bewertungsbögen aus, wie wir den Betrieb finden. Da gibt es Schulnoten für jeden Bereich, von A bis Z. Anschließend diskutieren wir darüber eine Stunde lang, da geht es knackig zur Sache.

Ich stelle es mir nicht so angenehm vor, wenn mich 10 Experten kritisieren.
Dafür muss man schon offen und kritikfähig sein und Vertrauen haben. Auf der anderen Seite gibt es in dieser einen Stunde sehr viele Verbesserungsvorschläge. Wir hatten zum Beispiel den Fall, dass ein Kollege beim Rundgang von immens hohen Reparaturkosten, Rüstzeiten und Fertigungszeiten berichtete. Da wurde richtig Geld verbrannt. Das lag an einer alten Maschine mit ungenauem Schnitt. Ein anderer Kollege hat ihm dann geraten, in eine neue Maschine zu investieren. Er hatte nämlich das gleiche Problem ein paar Jahre zuvor und konnte sich auch erst nicht von der alten Maschine trennen. Schließlich hat er es doch getan und erzählte dann, dass sich die neue nach 5 Jahren amortisiert hat. Der Rat war goldrichtig: Der Kollege hat das auch gemacht und war sogar schon nach drei Jahren im grünen Bereich.

Erfa-Gruppe und Betriebsvergleich: Würde nicht eines von beiden genügen?
Den Betriebsvergleich ist wichtig für die Orientierung: Wo stehe ich? Und wenn man Schlüsse daraus ziehen und etwas umsetzen will, dann braucht man Hilfe. Eine Erfa-Gruppe ist dabei unglaublich effizient.




(jw)

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