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Desaster in Raten

Zuverlässig in die Zwickmühle

Nach einem 60.000 Euro-Auftrag: Ein aktueller Fall zeigt, welch sagenhafte Summe übrig bleibt, wenn ein Kunde "plötzlich und unerwartet" in die Insolvenz schlittert.

Viel ist es nicht, das deuten bereits die ersten Floskeln aus einem Text an, der auf rp-online zu lesen ist: „Auf so viel Geld verzichten.“ Und: „Schmerzlich.“ Und: „Gar nicht zu verstehen.“

Es geht um die Umbauarbeiten eines Brauhauses mit einem einprägsamen Namen: Fuchsjagd. Bereits im vergangenen Sommer hatten Zeitungen über die Insolvenz des Düsseldorfer Lokals berichtet. Ein Insolvenzverwalter übernahm das Ruder, durch „grundlegende Restrukturierungsmaßnahmen“ darf der Fuchsjagd-Betreiber weiter seine gediegenen Mahlzeiten zubereiten.

Aktuell auf der Mittagskarte: „Möhrengemüse bürgerlich mit gebratener Blutwurst 6,90 Euro.“

Wer's mag. Den „zahlreichen“ Handwerksunternehmern unter den Gläubigern dürfte ohnehin der Appetit vergangen sein. Während der Umbauarbeiten an der Fuchsjagd seien „mitunter beträchtliche Rechnungssummen“ aufgelaufen, schreibt rp-online. Allein der Dachdeckermeister Udo H. müsse „einen Verlust von beinahe 60.000 Euro verkraften“.

Da die Quote des Insolvenzverfahrens bei den „derzeit üblichen fünf Prozent“ liege, darf Udo H. auf die sagenhafte Summe von 3000 Euro aus der Insolvenzmasse hoffen. Dass er 57.000 Euro in den Wind schreiben muss, ergibt sich aus den simplen Wahrheiten, die der Insolvenzverwalter benennt: "Die Insolvenzquote errechnet sich aus dem Verhältnis der Insolvenzmasse zur Summe aller Verbindlichkeiten.“ Und noch wichtiger: „An die Gläubiger kann nur das ausgeschüttet werden, was noch da ist."

3000 Euro. Mehr nicht. 3000 Euro statt 60.000 Euro. Der Kommentar von Udo H. klingt angesichts dieser Katastrophe geradezu staatstragend: "Der Verlust von 57.000 Euro ist für uns nur schwer zu kompensieren." Drei bis fünf Jahre würden vergehen, ehe sich sein Betrieb von einem Defizit „dieser Größenordnung“ erholt hätte.

Anders ausgedrückt: Um seine 8 Mitarbeiter weiter beschäftigen zu können, geht's ans Ersparte, Udo H. muss sein „privates Vermögen zuführen“. Und der Dachdeckermeister hat auch seinen Betrieb grundlegend neu strukturiert, um die Einbußen „langfristig ausgleichen“ zu können.

Was ergibt sich aus dem Fuchsjagd-Desaster? Der Insolvenzverwalter rät Handwerksbetrieben „unbedingt zu Akontozahlungen“. Tatsächlich hatte Udo H. „Akontorechnungen“ geschrieben, aber: „Bis diese bezahlt werden müssen, können bis zu vier Wochen vergehen." Seine Leute hatten in dieser Zeitspanne weiter am Dachausbau gearbeitet, weil der Eröffnungstermin des gastronomischen Betriebes fix war. Udo H. ist überaus zuverlässig, er wollte „den Betreiber nicht hängen lassen".

57.000 Euro geteilt durch „Möhrengemüse bürgerlich mit gebratener Blutwurst für 6,90 Euro“. Das ergibt 8.260 Portionen, die Udo H. quasi vorfinanziert hat. Prost Mahlzeit, am Ende zahlen die Handwerker die Zeche.  

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(sfk)

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