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BGH-Urteil

BGH verbietet fiktive Mängelbeseitigungskosten

Kosten für die Mängelbeseitigung verlangen, aber sie gar nicht durchführen lassen? Das können Kunden künftig nicht mehr machen, entschied der Bundesgerichtshof. Gleichzeitig legten die Richter eine neue Vorgehensweise für solche Fälle fest.

Auf einen Blick:

  • Ein Kunde entdeckt nach Fertigstellung Mängel. Die lässt er nicht beseitigen und fordert Schadensersatz in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten.

  • Das geht nicht, entschied der Bundesgerichtshof. Denn wer einen Mangel nicht beseitigen lässt, erleidet auch keinen Vermögensschaden in dieser Höhe.

  • Von dieser Entscheidung sind alle Werkverträge betroffen, die seit 2002 geschlossen wurden.

  • Der BGH legte drei mögliche Vorgehensweisen fest, nach denen ein Schaden nun zu bemessen ist.

Ein Bauwerk weist Mängel auf. Aber der Auftraggeber verzichtet darauf, diese auch beseitigen zu lassen. In solchen Fällen konnten Bauherren bislang Schadensersatz in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten verlangen. Doch mit einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) dieser Praxis ein Ende gesetzt und damit seine eigene Rechtsprechung revidiert. Gleichzeitig legten die Karlsruher Richter fest, wie künftig in solchen Fällen vorzugehen ist.

Mängel aber keine Mängelbeseitigung – Kunde fordert Schadensersatz

Der Fall: Ein Bauunternehmen übernahm den Auftrag, Natursteinplatten im Außenbereich eines Einfamilienhauses zu verlegen. Zwei Jahre nach Fertigstellung zeigten sich erste Mängel an den Natursteinarbeiten, die im Laufe der Zeit noch stärker wurden. So kam es unter anderem zu Rissen und Ablösungen der Platten. Außerdem platzten Farbe und Putz ab. Daraufhin klagte er auf Schadensersatz in Höhe von 75 Prozent der fiktiven Mängelbeseitigungskosten.

BGH: Keine Mängelbeseitigung, kein Vermögensschaden

Das Urteil: Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied jetzt, dass es im Werkvertragsrecht keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten mehr gibt – das gilt für alle Verträge, die seit dem 1. Januar 2018 geschlossen wurden. Begründung: Lässt der Auftraggeber einen Mangel nicht beseitigen, erleidet er auch keinen Vermögensschaden in Form und Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten. Ein solcher Schaden entstehe erst, wenn er den Mangel tatsächlich beheben lässt und die Kosten dafür auch begleicht.

Der Mangel eines Werks stellt lediglich ein Leistungsdefizit dar, so das Urteil. Denn das Werk bleibt hinter der geschuldeten Leistung zurück. Doch dieses Leistungsdefizit wird im Werksvertragsrecht durch die fiktive Schadensbemessung nicht richtig abgebildet, entschieden die Richter. Vielmehr führe sie häufig zu einer Überkompensation und das widerspreche den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen.

Schadensberechnung: Diese Möglichkeiten gibt es künftig

Künftig ist die Höhe des Schadensersatzes laut BGH stärker daran auszurichten, welche Maßnahmen der Auftraggeber tatsächlich ergreift, um die bestehenden Mängel zu beseitigen. Dafür sehen die Karlsruher Richter folgende Möglichkeiten vor:

  1. Beseitigt der Bauherr den Mangel nicht, kann er seinen Vermögensschaden durch eine Vermögensbilanz darlegen. Dabei wird die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der geschaffenen Sache ohne Mangel und ihrem Wert mit Mangel gebildet. Verkauft der Auftraggeber die Immobilie mit Mangel weiter, wird der Mangel nach dem konkreten Mindererlös bemessen.

  2. Alternativ kann der Schaden auch ausgehend vom vereinbarten Werklohn ermittelt werden. Dabei wird der Minderwert des Bauwerks geschätzt. Der Vermögensschaden entspricht dann der Leistung, die der Auftragnehmer nicht erbracht hat.

  3. Entscheidet sich der Auftraggeber dazu, den Mangel zu beseitigen, kann er die Kosten für die Mängelbeseitigung als Schadensersatz geltend machen.

BGH, Urteil vom 22. Februar 2018, Az.: VII ZR 46/17

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