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Mindestausbildungsvergütung

Azubi-Mindestlohn: Vielen Betrieben drohen höhere Kosten

Die Große Koalition will einen Mindestlohn für Azubis einführen, doch dessen Höhe ist bislang unbekannt. Dennoch hat ein Forschungsinstitut ausgerechnet, was auf Betriebe zukommen könnte.

Auf einen Blick:

  • Laut einer Studie des Berufsbildungsinstituts (BIBB) würde die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung Handwerksbetriebe besonders hart treffen.
  • Bei einer Untergrenze von 650 Euro für das erste Lehrjahr müssten 52 Prozent der Betriebe tiefer in die Tasche greifen.
  • Auch auf die Nettokosten hätte die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung deutliche Folgen.
  • Der ZDH hält eine starre Untergrenze für die Ausbildungsvergütung nicht für notwendig. Er plädiert dafür, am bewährten System festzuhalten.

Bis zum 1. Januar 2020 will die Bundesregierung eine Mindestausbildungsvergütung für Azubis einführen. So sieht es der Koalitionsvertrag von Union und SPD vor. Das Berufsbildungsinstitut (BIBB) hat jetzt untersucht, welche Betriebe Azubis künftig mehr zahlen müssten und wie hoch die Kostensteigerungen für die Unternehmen ausfallen könnten. Das Ergebnis: Die Einführung eines Mindestlohns für Azubis würde insbesondere Betriebe im Handwerk sowie kleinere Betriebe besonders hart treffen.

Wie viele Betriebe könnte die Mindestausbildungsvergütung treffen?

Das BIBB hat bei der Berechnung verschiedene Szenarien für das erste Lehrjahr durchgespielt:

  • Bei einer Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 500 Euro monatlich müssten 19 Prozent der Handwerksbetriebe ihren Azubis mehr zahlen als aktuell. In der Gesamtwirtschaft wäre das nur bei 11 Prozent der Ausbildungsbetriebe der Fall.
  • Und bei einer Untergrenze in Höhe von 650 Euro wären sogar 52 Prozent der Betriebe im Handwerk betroffen, aber nur 35 Prozent der Ausbildungsbetriebe insgesamt.

Wie stark könnten die Nettoausbildungskosten im Handwerk steigen?

Durch die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung erhöhen sich auch die Kosten, die Betriebe für die Ausbildung aufwenden müssen. Nach Berechnungen des BIBB wäre das Handwerk auch hier überproportional betroffen. Derzeit liegen die Nettokosten der Ausbildung für Handwerksbetriebe im Schnitt bei 7246 Euro pro Jahr und Auszubildendem.

  • Bei einer Mindestausbildungsvergütung von 500 Euro würden die Nettokosten um 3 Prozent auf 7467 Euro steigen.
  • Bei einer Untergrenze von 650 Euro würden die Nettokosten sogar um 11 Prozent zulegen. Sie lägen dann bei 8070 Euro pro Jahr und Auszubildendem.

Doch wie sieht es in anderen Branchen aus? In der Industrie und im Handel würden die Nettokosten beispielsweise nur um 1 bis 5 Prozent steigen – je nach Höhe der Mindestausbildungsvergütung.

Was wäre mit Betrieben, die bislang weniger als 500 Euro zahlen?

In einigen Handwerksberufen liegt die monatliche Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr derzeit unter 500 Euro. Für Betriebe, die in solchen Gewerken ausbilden, wäre der Kostenanstieg durch die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung noch erheblicher, wie die BIBB-Studie zeigt.

  • Bei einer Anhebung der Untergrenze auf 500 Euro müssten Betriebe pro Jahr und Azubi 6022 Euro zahlen, das entspricht einem Plus von 24 Prozent.
  • Bei einer Mindestausbildungsvergütung von 650 Euro monatlich würden die Kosten für die Handwerksbetriebe um 1579 Euro auf 6558 Euro im Jahr steigen.

Was sind mögliche Konsequenzen des Azubi-Mindestlohns?

Welche konkreten Auswirkungen die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung für den Ausbildungsmarkt haben könnte, lässt sich auf Grundlage der BIBB-Studie nicht sagen. Die Autoren gehen allerdings davon aus, dass

  • das Angebot an Ausbildungsplätzen seitens der Betriebe sinken dürfte und
  • die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen seitens der jungen Leute bei steigender Vergütung zunimmt.

Vor diesem Hintergrund raten die Wissenschaftler dazu, vor der Entscheidung über die Einführung und die Höhe der Mindestausbildungsvergütung die möglichen Wirkungsmechanismen genauer zu erforschen.

So steht der ZDH zur Mindestausbildungsvergütung

Die Position des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) zur Diskussion um den Mindestlohn für Azubis ist unverändert klar: Eine starre Untergrenze für Ausbildungsvergütungen ist nicht notwendig, so Generalsekretär Holger Schwannecke. „Über Jahrzehnte hat sich bewährt, dass die Tarifpartner Ausbildungsvergütungen festgelegt haben, die dann die Besonderheiten der jeweiligen Branche, Region und Leistungsfähigkeit der Betriebe berücksichtigt haben“, sagt er. Eine Mindestausbildungsvergütung würde dieser Vielfalt und den regionalen wie branchenüblichen Besonderheiten in keiner Weise gerecht.

Schwannecke fürchtet zudem, dass sich der eine oder andere Betrieb, bei Einführung einer Untergrenze, aus der Ausbildung zurückziehen wird. Und das sei angesichts des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels sicherlich nicht wünschenswert, so der ZDH-Generalsekretär.

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