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Recht

400 Tage krank – und dennoch unkündbar?

Mehr als 400 Krankentage innerhalb von fünf Jahren! Doch die krankheitsbedingte Kündigung hat ein Gericht abgeschmettert. Der Grund: keine negative Prognose. Wie ist das möglich?

Auf einen Blick:

  • Eine krankheitsbedingte Kündigung ist möglich, wenn eine negative krankheitsbedingte Prognose vorliegt – wenn also Ärzte erwarten, dass es nicht besser wird.
  • Doch gilt das auch, wenn sich jahrelang verschiedene Krankheiten und private Schicksalsschläge aneinanderreihen?
  • Im Fall einer Arbeitnehmerin, die nach mehr als 400 Fehltagen eine krankheitsbedingte Kündigung erhielt, prüfte das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern jede längere Erkrankung.
  • Das Ergebnis: Die Kündigung war nicht gerechtfertigt, weil unterm Strich bei allen Krankheitsbildern keine negative Krankheitsprognose zu rechtfertigen war.

Krankheit ist grundsätzlich kein Kündigungsgrund. Mit einer Kündigung haben Arbeitgeber sogar dann schlechte Karten, wenn bei ihren Mitarbeitern jahrelang eine Krankheit auf die andere folgt. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern im Fall einer Arbeitnehmerin.

Der Fall: Krankheitsbedingte Kündigung nach 400 Tagen Krankheit

Die Frau litt im Jahr 2011 zunächst unter einem verklemmten Nerv im Ellenbogen. 2014 stürzte sie auf der Treppe und zog sich dabei ein Rückenleiden zu. Schließlich bekam sie 2015 psychische Probleme wegen ihrer Scheidung. Aufgrund dieser Krankheiten fiel die Mitarbeiterin mehrfach längerfristig aus.

Hinzu kamen immer mal wieder ein paar krankheitsbedingte Fehltage. Mal schrieb sie der Arzt wegen einer Bronchitis krank, mal wegen einer Magenschleimhautentzündung und mal wegen eines Darminfekts.

Innerhalb von fünf Jahren kam die Frau so auf mehr als 400 Fehltage. Das reichte ihrem Arbeitgeber im Oktober 2015: Er kündigte der Frau krankheitsbedingt. Doch die zog vor Gericht.

Das Urteil: Nur negative Prognose rechtfertigt Kündigung

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern gab der Arbeitnehmerin recht. Nach Einschätzung der Richter war die Kündigung trotz der erheblichen Fehlzeiten unwirksam. Der Grund: Sie sahen keine negative Prognose und damit kein Indiz für weitere Ausfallzeiten der Arbeitnehmerin.

Um bei häufigen Erkrankungen eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen zu können, sei grundsätzlich eine negative Krankheitsprognose erforderlich, so die Richter. Die sahen sie im Fall der Arbeitnehmerin nicht gegeben:

  • Die Probleme mit dem einklemmten Nerv bewerteten die Richter als ausgeheilt. Denn seit Februar 2012 sei kein einziger Krankheitstag mehr auf das Konto dieser Krankheit gegangen.
  • Auch bei der Rückenerkrankung sah das Gericht keinen Anhaltspunkt für eine negative Prognose. Schließlich heilten Skeletterkrankungen infolge eines Unfalls im Regelfall aus.
  • Als temporär schätzten die Richter zudem die psychischen Probleme der Arbeitnehmerin ein, die durch ihre Scheidung ausgelöst wurden. Denn eine solche Lebenskrise werde nach allgemeiner Lebenserfahrung überwunden.

Alle weiteren Erkrankungen der Mitarbeiterin werteten die Richter als zu gering an, um eine negative Prognose feststellen zu können, die für eine Kündigung ausreichend sei. Somit befanden sie das Urteil des Arbeitsgerichts als zutreffend an.

LAG, Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2017: 2 Sa 158/16

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