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Recht

"Man ist wie eine Melkkuh"

Ausbildungsabgabe für Solounternehmer? Thomas Fieber ist dagegen. Kein Wunder, er ist so ein Solounternehmer. Interessanter ist seine Begründung: Es geht ihm nicht nur um die 900 Euro.

Thomas Fieber soll für die Berufsausbildung am Bau zahlen. Dabei bildet der Fliesenlegermeister aus Bodenfelde (Niedersachsen) schon seit Jahren nicht mehr aus. Dennoch wird für ihn dieses Jahr eine Ausbildungsabgabe fällig. Denn die Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau) wird ab 2015 jährlich 900 Euro von Solounternehmern kassieren, als Beitrag zum Berufsbildungsverfahren. So haben es Gewerkschaft und Arbeitgeberverbände beschlossen. Das Geld fließt in überbetriebliche Ausbildungszentren und in Ausgleichszahlungen für Ausbildungsbetriebe.

Investieren in die Wettbewerber?

Fieber ist Solounternehmer und er hält das für „Abzocke, man ist für die wie eine Melkkuh“. Dabei kann er die Grundidee hinter der Abgabe durchaus verstehen: Ausbildung ist teuer, das weiß er selbst. Schließlich hat er auch schon vier Gesellen ausgebildet. Da ist in den Ausbildungsbetrieben jede Unterstützung willkommen.

Nur sieht Fieber die Ausbildung in seiner Branche längst als grundsätzliches Problem: „Wer soll die neu ausgebildeten frischen Gesellen beschäftigen? Kaum einer. Was bleibt also? Der Weg in die Selbstständigkeit.“ Er soll also in seine künftige Konkurrenz investieren? In einem Gewerk, das eh schon ums Überleben kämpft?

Geht das Prinzip in der Praxis noch auf?

Das war nicht immer so. Eigentlich ist Ausbildung eine Investition in die Zukunft, in Fachkräfte. Entweder für den eigenen Bedarf oder für die Branche, denn Fluktuation gibt es überall. Das ist auch der Grund für das Berufsbildungsverfahren der Soka-Bau: Weil alle Arbeitgeber von den Fachkräften profitieren, beteiligen sich auch alle finanziell an der Ausbildung, sogar die, die selbst nicht ausbilden.

Das ist seit Jahren so. Nur dass immer weniger Betriebe Fliesenleger ausbilden, immer weniger Betriebe Fliesenleger einstellen – während die Zahl der Solounternehmer wächst. Und die sollen nun zahlen, weil auch sie von „ausgebildeten Fachkräften profitieren“, sagt die Soka-Bau.

Nicht auf der Suche nach Fachkräften

Thomas Fieber sieht jedenfalls nicht, dass er von den künftigen Fachkräften „profitieren“ wird. Der 45-Jährige ist überzeugter Solounternehmer. Kein schlecht bezahlter, scheinselbstständiger Einzelkämpfer, sondern einer der unternehmerisch denkenden Selbstständigen, die sich nicht selbst ausbeuten wollen. Zumindest nicht planmäßig.

Nicht jeder Solounternehmer macht es billig

„Ich habe schon ordentliche Preise, das ist nicht das Thema“, sagt Fieber. „Selbstständigkeit muss sich lohnen, und wenn der Laden brummt, dann lohnt es sich auch. Aber es ist ein Hoch und Runter, mal ist Totentanz und manchmal steht das Telefon nicht still.“

Seit ein, zwei Jahren laufe es wieder richtig gut für ihn: „99 Prozent Privatkunden“, berichtet er. Bei drei von vier Angeboten bekomme er den Auftrag, schaffe so mehr als 50 Kunden im Jahr. Das funktioniert, „weil man mich hier in Bodenfelde kennt und mir vertraut“. Auch seine Website helfe dabei, neue Kunden zu überzeugen.

Niedrigpreise sind keine Lösung

Doch Fieber kennt auch die anderen Zeiten. Anfang des Jahrtausends zum Beispiel, als er für ein paar Jahre zwei Gesellen hatte. Die Krise damals machte ihm zu schaffen. Die Aufträge reichten nicht und mit den Preisen wollte er nicht runter. „Wenn das Problem zu wenig Aufträge sind, kann man das auf Dauer nicht durch niedrigere Preise abfangen.“ Also trennte er sich von seinen Gesellen und ist solo unterwegs. Und bildet seit einigen Jahren auch nicht mehr aus.

Irgendwann doch wieder ausbilden?

Dabei ist der Handwerker nicht generell gegen Ausbildung oder die Abgabe. Wenn zumindest die Ausbildungsförderung der Soka-Bau deutlich erhöht würde, wäre das eine Hürde weniger für ihn. „Dann bin ich vielleicht auch wieder bereit, auszubilden.“

Interessante Frage: Wo bleibt das Geld?

Aber bis dahin seien die 900 Euro erst einmal weg und andere profitieren davon. Und dann stellt Thomas Fieber in seinem Blog noch eine interessante Frage: „Es gibt doch tausende Solounternehmer in Deutschland, die jetzt Beiträge zahlen sollen. Wo bleibt das ganze Geld?“

Wie sehen Sie das?

Sollten Solounternehmer für das Berufsbildungsverfahren der Soka-Bau zahlen? Was lässt sich damit bewirken?

Wir sind wirklich gespannt auf Ihre Kommentare!

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