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Sie wollen Ihr Personal

Handwerk im Visier der Headhunter

Ein Fall aus Süddeutschland zeigt, mit welchen Mitteln Personaldienstleister Ihre Mitarbeiter abwerben wollen – und wie Sie sich dagegen schützen können.

Dieser Anruf bleibt Philipp Kipp im Gedächtnis: Anfang Mai klingelte beim Geschäftsführer der Kipp Elektrotechnik im baden-württembergischen Empfingen das Telefon. Am Apparat eine freundliche Frauenstimme von der Handwerkskammer Reutlingen. Kipp rekonstruiert das kuriose Telefonat:

Frau: „Ihr Service-Techniker hat sich bei uns für einen Lehrgang angemeldet. Könnte ich den kurz sprechen?“
Kipp: „Welchen meinen Sie? Bei uns arbeiten viele Service-Techniker.“

Keine Antwort, die Frau druckste herum. „Das kam mir sehr kurios vor. Unsere Mitarbeiter können sich nicht einfach ohne Absprache für Kurse anmelden“, resümiert Kipp. Doch seine Neugier war geweckt. Kipp sprach sich mit einem seiner Service-Techniker ab. Der Mitarbeiter erlaubte die Weitergabe seiner privaten Telefonnummer. Beim nächsten Anruf der Frau gab Kipp die Nummer weiter. Zurückrufen konnte er sie übrigens nicht; die Dame rief stets mit unterdrückter Nummer an.

Als die angebliche Vertreterin der Handwerkskammer Reutlingen kurz darauf den Service-Techniker für den vermeintlichen Lehrgang anrief, kam sie direkt zur Sache. Lehrgang?! Von wegen! Sie wollte ihn für eine andere Firma abwerben. Philipp Kipp schaltete die Handwerkskammer Reutlingen ein.

Kein Einzelfall. Die Masche hat System! Welches? Das lesen Sie auf Seite 2

Die Strategie der Headhunter

„Bei uns haben sich im Mai etwa zehn Betriebe gemeldet, bei denen solche dubiosen Anrufe eingegangen sind“, sagt Richard Schweizer, Justiziar der Handwerkskammer Reutlingen. Die Handwerkskammer schickte eine Warnung über die Headhunter an ihre Mitglieder heraus. Seitdem ist der Spuk vorbei.

Häufig haben die Headhunter pro Betrieb mehrfach angerufen, berichtet Schweizer. Beim ersten Anruf um den Namen herauszufinden, etwa so: „Guten Tag, ich rufe im Namen der Handwerkskammer Reutlingen an. Einer ihrer Mitarbeiter hat sich für einen Lehrgang angemeldet. Aber ich kann den Namen so schlecht lesen.“

Bei Anruf #2 am Ziel
Haben die Headhunter den Namen erhalten, konnten sie ihn beim zweiten Anruf einige Tage später nutzen. Um sich gezielt zum begehrten Mitarbeiter durchstellen zu lassen.

Betroffen scheinen vor allem zwei Gewerke: Die Fachkräftewilderei rund um Reutlingen zielte ausschließlich auf Betriebe des Elektrohandwerks und den Sanitär-, Heizungs- und Klimabereich. In diesen Gewerken sieht auch die Bundesagentur für Arbeit große Engpässe. Mit von der Partie sind außerdem die Maschinen- und Fahrzeugtechnik, Mechatronik sowie Automatisierungstechnik.

Kann man sich dagegen schützen? Ja! So geht's: Seite 3.

Bleiben Sie am Ball

Die allzu dreisten Headhunter lassen sich aber gut enttarnen, wenn man hartnäckig am Ball bleibt, sagt Jurist Richard Schweizer. Dabei gilt: Viel nachhaken! Anrufer, die falsche Gründe vorgeben, knicken schnell ein, wenn man sie mit gezielten Fragen unter Druck setzt.

Zum Beispiel „Wo und wann soll der Lehrgang denn stattfinden?“, „Wieso kann ich Ihre Telefonnummer nicht sehen?“ Verlangen Sie eine Telefonnummer für einen Rückruf oder lassen Sie den Anrufer die Anfrage per E-Mail stellen; dann haben Sie etwas in der Hand und sehen, ob der Absender tatsächlich von der Handwerkskammer kommt.

Was Sie in keinem Fall ohne vorherige Absprache tun dürfen: „Geben Sie ­niemals private Nummern oder Adressen Ihrer Mitarbeiter heraus“, mahnt Richard Schweizer. Das verstößt gegen den Datenschutz. Und die Handwerkskammer würde ohnehin niemals nach solchen Daten fragen.

(deg)

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