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Boom mit Billig-Brötchen

Boom mit Billig-Brötchen

Der Kampf zwischen dem Bäckerhandwerk und Herstellern von Backdiscountwaren spitzt sich zu. Experten prophezeien Backwaren-Discountern langfristig einen Marktanteil von zehn Prozent.

Rund 250 Discounter haben nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks in Großstädten bereits Stellung bezogen. Mit Kampfpreisen locken sie zusehends Kundschaft. Die Backwaren, mit denen sie auf den Markt drängen, sind zum Teil bis um die Hälfte billiger. Brötchen für zwölf Cent oder Mischbrote für etwas mehr als einen Euro schlagen Bäckereien, die ihre Waren auf traditionelle Weise herstellen, schwer auf den Magen.

Die Bäckereien stehen im Preiskampf auf verlorenem Posten, sagt Volker Brusius, betriebswirtschaftlicher Berater des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks. Zu groß sei der Kostenvorteil der Discounter. Die Billig-Konkurrenz warte mit einem vergleichbar kleinen Sortiment auf und setze weniger Personal ein. Zudem verursachten Herstellung und Aufbereitung der Tiefkühl-Teiglinge vergleichsweise wenig Kosten.

Der Expansionshunger der Discounter ist noch lange nicht gestillt. Experten rechnen damit, dass Discounter einen Marktanteil von zehn Prozent erobern. In vielen Städten tobt ein harscher Verdrängungswettbewerb, immer mehr Handwerksbetriebe drohen diesem Preis-Darwinismus zum Opfer zu fallen.

Discounter-Kannibalismus

Laut Brusius brennt da vor allem ein Strohfeuer ab: Ein Großteil der kleinen Discounter verschwindet wieder. Diese Läden seien auf hohe Kundenzahlen zwingend angewiesen. Wenn sie sich weiter ausbreiten, fressen sie sich bald gegenseitig auf, sagt Brusius. Die Prognose, dass kleine Discounter auf einen Marktanteil von zehn Prozent kommen, hält er für völlig überzogen.

Handwerksbetrieben rät er, sich keinesfalls auf die Preisattacke einzulassen. Andernfalls ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Pleitegeier am Betrieb nagen. Fachbetriebe sollten den Billiganbietern vielmehr mit Qualität, Produktvielfalt und kompetenter Beratung entgegentreten und sich als Premiumbäckereien positionieren.

Im Gegensatz zur industriell gefertigten Massenware beruhten Backwaren des Handwerks oftmals auf individuellen Rezepten, in denen sich regionale und saisonale Einflüsse widerspiegeln. Außerdem: Das Handwerk kann mit seinen Produkten flexibel auf spezielle Kundenanfordungen reagieren. Was das Kaufverhalten der Laufkundschaft angeht, zeigt sich Brusius optimistisch, dass mit der Geiz-ist-geil-Mentaliät bald wieder Schluss ist.

Mehr Kopfzerbrechen als die kleinen Discounter bereiten dem Zentralverband allerdings Supermarktketten mit ihren Backstationen. Die Stationen werden noch stark zunehmen, sagt Brusius. Und diese Konkurrenz werde sich wesentlich stärker auf den Markt auswirken als die kleinen Discounter.

Harte Zukunft

Es gibt in Zukunft nur noch zwei Pole: Premiumbäckereien und Billiganbieter. Die Betriebe dazwischen sterben aus, sagt Unternehmer Gerhard Bosselmann aus Hannover. Das dauert keine zehn Jahre mehr. Bosselmann setzt auf beide Pole und schreibt damit schwarze Zahlen (siehe Artikel "Bäcker in Hannover blasen zum Halali). Dass man sich im Bäckerhandwerk wegen der ins Brötchengeschäft drängenden Supermarktketten graue Haare lassen wächst, kommentiert Bosselmann so: Drei Generationen Handwerker haben denen das Backen beigebracht. Jetzt wundert man sich, dass sie es können.

Bäcker in Hannover blasen zum Halali

Im Bäckerhandwerk in Hannover gärt es. Der ist eine Bedrohung für uns, klagt Karin Schlagowski von der Bäckerei und Konditorei Ekkenga über den lokalen Discounter-Betreiber Gerhard Bosselmann. Wer weiß, aus welchen Rohstoffen seine Brötchen gemacht sind, fragt sie und verweist auf seine niedrigen Preise. Überdies beschäftige Bosselmann kaum Fachpersonal, und Mitarbeiter bezahle er unter Tarif. Auch bilde er nicht aus.

Bäckermeister Frank Ekkenga schimpfte über Bosselmann in der Bildzeitung: Wo er backen lässt, gelten keine Hygiene-Vorschriften. Eine Schande für das Bäckerhandwerk. Andere zogen ähnlich vom Leder. Bäckermeister Friedrich Göing drohte dem Unternehmer auf einem Foto gar mit einem Baguette.

Wir passen uns der Zeit an und orientieren uns an den Bedürfnissen der Kunden, kontert Bosselmann. Es müsse doch erlaubt sein, Strategien zu entwickeln, die das Unternehmen weiterbringen. Seine Kritikern seien bloß neidisch. Statt ihre Betriebe voranzubringen, hätten sie nur selbstgefällige Nabelschau betrieben. Den Vorwurf, dass seine Discountwaren von schlechter Qualität seien, weist er entschieden zurück. Die Preise erklärt er mit geringeren Kosten für Personal und Einsparungen beim Ladenbau und der Ausstattung. All das gebe man an die Kunden weiter.

Auf Erfolgskurs

Bosselmann begann in Hannover vor fünf Jahren mit fünf Betrieben. Inzwischen sind es 15 dazu gehören sowohl Bäckereien als auch Discounter. 150 Mitarbeiter stehen bei ihm in Lohn und Brot, darunter zwei Bäckermeister und sechs Gesellen. Mit seinen Discountern macht der 37-Jährige, der einen Doktorhut in Wirtschaftswissenschaften hat, nach eigener Aussage zehn Prozent des Umsatzes. 90 Prozent erwirtschafte er mit seinen Premiumbäckereien, in denen mit Natursauerteig und Butter gebacken werde. Trotz Wirtschaftsflaute sei der Gesamtumsatz flächenbereinigt um 9,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

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(mfi)

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