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Recht

Pflegefall nach Treppensturz: Handwerker muss zahlen

Eine Rentnerin stürzt auf der Baustelle und ist seither ein Pflegefall. Ein Handwerker soll jetzt für die gesamten Behandlungs- und Pflegekosten von mehr als 800.000 Euro aufkommen.

Auf einen Blick:

  • In einem bewohnten Mehrfamilienhaus führt ein Handwerker Arbeiten an einer Treppe aus und installiert ein provisorisches Treppengeländer.
  • Kurze Zeit später fällt eine 72-Jährige im Treppenhaus und stürzt in die Tiefe. Seitdem ist sie rund um die Uhr pflegebedürftig.
  • Der Streit um die Behandlungs- und Pflegekosten landet vor Gericht. Das entscheidet, dass der Handwerker für die bisher angefallen Kosten von rund 800.000 Euro samt Zinsen aufkommen muss. Hinzu kommen noch die Folgekosten.

Ein Handwerker übernimmt einen Auftrag von einem Hauseigentümer. Er soll angefangene Arbeiten in einem Mehrfamilienhaus zu Ende führen. Am ersten Tag auf der Baustelle bringt der Mann ein provisorisches Geländer an, das die Treppe zum Keller hin abgrenzen soll. Dann stemmt er die Stufen der Treppe ab und verlässt die Baustelle. Zwei Tage später stürzt eine Bewohnerin des Hauses auf der Treppe und fällt 1,70 Meter in die Tiefe. Dabei zieht sich die 72-Jährige eine schwere Verletzung der Wirbelsäule zu. Seither ist sie bettlägerig und muss rund um die Uhr pflegerisch betreut werden.

Kranken- und Pflegeversicherung fordern Kostenerstattung

Aus diesem Grund reichen die Krankenkasse der Frau sowie die Pflegeversicherung Klage gegen den Handwerker ein. Ihrer Einschätzung nach hat der seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Deshalb fordern sie eine Kostenerstattung von mehr als 800.000 Euro, die allein bis Ende August 2016 für die medizinische Behandlung und Pflege der Frau angefallen waren. Zudem verlangen die Sozialversicherungsträger, dass der Handwerker für den Ersatz zukünftiger Leistungen aufkommen muss.

Handwerker muss für alle Behandlungs- und Pflegekosten aufkommen

Wegen des Unfalls haben die Versicherungsträger Anspruch auf die Erstattung der Pflegekosten und der Heilbehandlungskosten, entschied das Landgericht (LG) Potsdam.

Begründung der Richter: Auf der Baustelle haben am Tag des Unfalls keine verkehrssicheren Umstände geherrscht. Denn die Vorgaben der brandenburgischen Bauordnung habe der Treppenlauf nicht erfüllt. Schließlich habe das Treppengeländer nicht die notwendige Mindesthöhe gehabt, konnte seitlichem Druck nicht standhalten und sei nicht undurchdringlich gewesen, sodass die 72-Jährige unter der unteren Querstrebe des Geländers durchrutschen konnte.

Wegen der Schwere des Unfalls verurteilte das LG Potsdam den Handwerker zudem dazu, Zinsen an die Sozialversicherungsträger zu zahlen. Zudem muss er für alle weiteren Kosten aufkommen, die ab September 2016 anfallen.

Haftpflicht hat bisher einen Teil der Kosten übernommen

Die Haftpflichtversicherung des Handwerkers hat bisher Heilbehandlungskosten in Höhe von 25.000 Euro übernommen. Ob sie auch für den restlichen Schaden aufkommt, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Rechtskräftig ist die Gerichtsentscheidung bislang noch nicht.

LG Potsdam, Urteil vom 11. Juni 2018, Az.: 4 O 407/16

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