Foto: Denny Gille

Preise

Preisdrücker: „Manche Architekten machen mich fassungslos“

Würden Sie teures Material monatelang kostenlos vermieten? Das hat ein Architekt von dieser Handwerksmeisterin verlangt. Er biss auf Granit.

Auf einen Blick:

  • Wenn der Gerüstbaubetrieb Spanier & Wiedemann einen Auftrag annimmt, kommt schnell Material im Wert von 15.000 Euro zum Einsatz.
  • Ein Architekt wollte sich dafür in den Wintermonaten die Miete sparen. Denn Wartung und Unterhalt wären zu dieser Zeit nicht nötig.
  • Gerüstbaumeisterin Jeanette Spanier ärgern solche Preisdrückerversuche.
  • Doch das wären noch gar nicht ihre schlimmsten Erfahrungen mit den Leistungsverzeichnissen von Architekten. „Bei wunschgemäßer Ausführung mancher Anforderung würden wir uns direkt strafbar machen“, sagt die Handwerkerin.

Material kostet Geld. Das gilt für jeden Auftrag, in dem es eingesetzt wird – egal, ob es dabei täglich benötigt wird oder einige Monate unbenutzt am Auftragsort gebunden ist.

Dass mancher Architekt das offenbar anders sieht, ärgert Gerüstbaumeisterin Jeanette Spanier. Ihr wurde im Familienunternehmen Spanier & Wiedemann zuletzt ein Leistungsverzeichnis für einen Auftrag vorgesetzt, das eine pauschale Vergütung des Baugerüsts für drei Wintermonate 2020 vorsah. Weil in dieser Zeit „voraussichtlich“ keine Außenarbeiten an dem Einfamilienhaus möglich sein würden, müsse weder Wartung noch Unterhalt einkalkuliert werden, stand auf dem Papier.

Sparen auf Kosten der Sicherheit?

„Das ist eine absolute Dreistigkeit, von Handwerkern zu verlangen, dass sie im Winter Material verschenken“, ärgert sich Spanier. Nicht zuletzt würde der Auftrag Material im Wert von 15.000 Euro binden, das anderswo nicht eingesetzt werden kann. Gleichzeitig habe der Betrieb die Pflicht, die Installation insbesondere nach witterungsbedingten Ereignissen zu prüfen. Das weiß Spanier nicht nur aus ihrer handwerklichen Tätigkeit. Als Gründerin des Unternehmens Scaffeye hat sie sich zudem auf die digitale Verwaltung und Sicherheitsprüfung von Gerüsten spezialisiert.

Für das Gerüstbauunternehmen Spanier & Wiedemann würde eine Zusage zu solch einem Auftrag bedeuten, dass er bei gleichbleibend hohen Kosten über den Dreimonatszeitraum rund 3.000 Euro geringere Einnahmen hätte. Für Meisterin Jeanette Spanier gibt es daher nur eine richtige Reaktion auf solche Versuche, die Preise von Leistungen zu drücken: Sie werden abgelehnt. „Wir lassen uns nicht erpressen und wir lassen uns nicht unsere Kalkulation diktieren.“

Ein Problem aber bleibe: Am Ende fände sich häufig doch ein Handwerksbetrieb, der auf die Dumpingforderungen eingeht. Verständnis hat die Handwerkerin dafür nicht: „In Summe ist das existenzgefährdend.“

Immer wieder Ärger mit dem Leistungsverzeichnis

Preisdrückerversuche sind bei Problemen mit Leistungsverzeichnissen laut der Unternehmerin aber nur die Spitze des Eisbergs. Sie habe oft genug erlebt, dass völlig zweckfremde Anforderungen aus anderen Aufträgen in das Leistungsverzeichnis kopiert würden. „Da würde man sich bei wunschgemäßer Ausführung als Handwerksunternehmer schon mal strafbar machen“, sagt Spanier.

„Nicht alles, was Architekten in ein Leistungsverzeichnis schreiben, entspricht auch den Vorschriften“, sagt die Meisterin. Sie liest die Leistungsverzeichnisse daher sehr genau und empfiehlt das auch jedem Kollegen. Wer einige Details nicht verstehe, könne Unterstützung bei der Innung suchen. „Manche Architekten verlassen sich auf die stressige Situation beim Handwerker, die letztlich dazu führt, dass ein mangelhaftes Leistungsverzeichnis unterschrieben wird“, meint Jeanette Spanier.

Die nötigen Zusatzleistungen zahle der Handwerksunternehmer dann entweder aus eigener Tasche oder er legt sie bei der Rechnungsstellung auf den Bauherrn um. Mit erwartbaren Konsequenzen: „Auf das böse Erwachen folgen dann hitzige Preisdiskussionen mit dem Bauherrn“, sagt Spanier.

Ihr Preisdrücker-Erlebnis – der Versuch, ein Gerüst drei Monate mietfrei zu bekommen – hat die Meisterin privat auch auf Facebook geteilt. 39 Likes und 28 Kommentare zeigen ihr, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht alleine ist. „Diese Probleme haben andere Gewerke sicher genauso“, sagt Jeanette Spanier. „Ich finde, über diese Entwicklung muss offen gesprochen werden.“

Haben Sie ähnliche Erfahrungen mit Preisdrückern gemacht? Schreiben Sie uns an redaktion@handwerk.com oder kommentieren Sie unter dem Artikel.

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