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Personal

Wieviel Mitsprache brauchen Ihre Mitarbeiter?

Einsame Entscheidungen des Chefs können den ganzen Betrieb lahmlegen. Ständige Teamentscheidungen aber auch. Doch es gibt einen Ausweg aus dieser Zwickmühle.

Auf einen Blick:

  • Wenn Sie alles allein entscheiden, wird Ihre Belegschaft denkfaul und ist unmotiviert. Mehr Mitsprache fördert hingegen das Wir-Gefühl im Betrieb, steigert die Motivation und kann zu besseren Lösungen führen.
  • Manchmal hat Mitsprache auch den gegenteiligen Effekt: wenn heikle Themen für Unruhe sorgen oder die Mitarbeiter plötzlich vor lauter Informationen nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht.
  • Abhilfe schafft eine abgestufte Einbindung der Mitarbeiter: Manches lässt sich sofort im Team entscheiden, manches sollte ein kleiner Führungskreis vorbereiten und manchmal muss erstmal ein Meinungsbild des Teams genügen.
  • Doch Vorsicht: Manche Entscheidungen kann am Ende doch nur der Chef treffen!

Wenn der Meister alles kann und besser weiß, ruht die gesamte Verantwortung auf seinen Schultern. Zwei Führungs-Experten schildern die Folgen des Entscheidungs-Monopols auf Chefseite. Beide sind sich einig: Eigenständige Mitarbeiter sind motivierter und sorgen für Entlastung.

Allwissende Meister sorgen für denkfaule Mitarbeiter

Der Chef alleine entscheidet alles? Führungstrainer Dierk Rommel aus Hamburg schildert die Folgen eines solchen autoritären Führungsstils: „Die Gesellen stehen dauernd beim Chef auf der Matte und fragen ihn um Rat. Das kostet enorm viel Zeit.“ Abgesehen davon, sei es für Meister oft unmöglich, alles zu wissen. „Die Technologie schreitet mit Riesenschritten voran. In größeren Unternehmen stellen Vorgesetzte dafür Spezialisten ein, die mehr wissen als sie.“ Daran könnten sich Handwerker ein Beispiel nehmen.

Auch Unternehmensberater Dirk Reiche von der Mitgestalter GmbH aus Staufen sieht Probleme in einem „Flaschenhals“. Den beschreibt er so: „Der Chef brütet und die Mitarbeiter warten, was ihnen vorgesetzt wird.“ Er rät den Inhabern von Handwerksbetrieben, die Mitarbeiter zu Beteiligten zu machen. „Wenn Sie bisher autoritär geführt haben, ist das erstmal ungewohnt für Ihre Teammitglieder. Auf beiden Seiten ist bei einer Umstellung des Führungsstils Geduld erforderlich.“

Mitbeteiligung hat positive Folgen für den gesamten Betrieb

Viele Chefs horten Informationen. Misstrauisch sind sie darauf bedacht, die eigenen Mitarbeiter nur sehr wohldosiert daran teilhaben zu lassen. Im einsamen Elfenbeinturm treffen sie auf dieser Basis Entscheidungen. Die Folgen sind laut Reiche einseitige Beschlüsse. Er ist der Meinung, dass durch kompetente und erfahrende Mitarbeiter „viele neue Ideen und Lösungsansätze auf den Tisch kommen.“ Er fügt hinzu: „Mehr Gehirne bringen mehr Leistung.“

Eine offene Entscheidungskultur führt meistens dazu, dass „die Leute Lust haben, mitzumachen.“ Zur Verdeutlichung nennt der Unternehmensberater Umsatzeinbußen. „Wenn die Gesellen wissen, wie es um die Firma bestellt ist, steigt ihre Bereitschaft, sich einzusetzen.“

Mitsprache ist gut – doch wo sind die Grenzen?

Reiche warnt vor der ungefilterten Herausgabe von Informationen an alle Mitarbeiter. Das könnte das gesamte Team beschäftigen und geradezu lähmen – vor allem in einem frühen Stadium vor einer Entscheidung. „Überlegen Sie, wer die fähigsten Leute in Ihrem Betrieb sind. Aus denen bilden Sie dann einen Führungskreis, der sich regelmäßig miteinander berät.“

Auch sonst raten die Experten zu einer differenzierten Beteiligung des Teams an Entscheidungen. Trotz aller Mitwirkung gebe es Themen, in denen der Chef das letzte Wort haben muss. Reiche: „Wenn es um Haftungsfragen und um Gefahren für Menschen oder den Betrieb geht, muss der Inhaber entscheiden. Denn er hält auch den Kopf dafür hin.“ Rommel sieht die Entscheidungshoheit des Chefs bei Führungsfragen und in „sensiblen Bereichen“, wie zum Beispiel dem Arbeitslohn.

Vor großen Entscheidungen: Meinungsbild statt Mitsprache

Möchten Sie herausfinden, wie Ihr gesamtes Team zu Sachverhalten mit langfristigen Folgen steht, holen Sie ein Meinungsbild ein. Es geht dabei um die Vorbereitung einer Entscheidung bzw. um die Ermittlung von Handlungsbedarf. Typische Themen sind die Arbeitsbedingungen, Anschaffungen oder auch Neueinstellungen. Rommel: „In kleinen Firmen geht das informell. Sie sollten den Befragten jedoch unbedingt klarmachen, dass es nur um ihre Einschätzung geht.“ Andernfalls seien sie enttäuscht.

Rommel weist auf eine weitere mögliche Gefahr hin: „Es kann sein, dass Sie mit Ihrer Frage eine hitzige Diskussion auslösen. Das geht am Ziel vorbei.“ Er rät dazu, in einem solchen Fall eine Grenze zu ziehen. „Verdeutlichen Sie Ihrem Team, dass jeder einfach nur seine Meinung sagen soll. Alles andere führt zu weit und kostet Zeit.“

Was Sie bei einer Teamentscheidung beachten müssen

Manche Entscheidungen eignen sich dafür, vom Team getroffen zu werden. Denn dann stehen die Belegschaftsmitglieder viel mehr dahinter, als wenn ihnen etwas vorgesetzt wird. Rommel zieht zur Verdeutlichung den Kauf eines neuen Transporters heran, der hauptsächlich von den Mitarbeitern genutzt wird. „Setzen Sie als Chef ein Budget fest und überlassen Sie Ihren Leuten die Auswahl.“

Rommel: „Die Übertragung der Entscheidung bedeutet gleichzeitig Anerkennung und Wertschätzung. Das wirkt sich positiv auf die Arbeitsmotivation aus.“ Reiche warnt Chefs davor, erst eine Teamentscheidung anzukündigen und dann doch selbst einzuschreiten. „Auch wenn Sie es tatsächlich besser wissen: Dadurch setzen Sie Ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Sicher ist jedenfalls eine lang anhaltende miese Stimmung im Betrieb.“

Wenn Sie ganze Entscheidungsbereiche übertragen

Rommel beschreibt ein Modell für größere Handwerksbetriebe, bei dem die Belegschaft mehr als eine Einzelentscheidung trifft. „Es geht darum, dem Team beispielsweise das gesamte Logistik-Management zu übertragen.“ Darin enthalten sei sowohl die Fahrzeugwahl als auch insgesamt die Frage, wie Materialien zum Arbeitsort und zurück geschafft werden sollen. Das Team habe dann den Status eines Mini-Unternehmens. Rommel: „Ein solches Entscheidungsmodell setzt sehr selbstständige Fachkräfte voraus.“

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Foto: Regine Christiansen Porträtfoto von Führungstrainer Dierk Rommel
Foto: Wolfgang Schwellies Porträt von Unternehmensberater Dirk Reiche

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