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Recht

Trinkgeld und Gefälligkeiten – annehmen oder nicht?

Zufriedene Kunden servieren gerne mal Kaffee und belegte Brötchen. Und sie drücken den Handwerkern Trinkgeld in die Hand. Was kann man bedenkenlos annehmen und wann wird es eventuell kritisch?

Auf einen Blick:

  • Bei Chefs fällt die Annahme von Trinkgeld steuerlich ins Gewicht, bei Angestellten nicht.
  • Kaffee, Kuchen und belegte Brötchen sind Gefälligkeiten, die genauso behandelt werden.
  • Es gibt keine Höchstgrenze für echte Trinkgelder an Mitarbeiter, doch bei großen Summen kann das Finanzamt misstrauisch werden (wenn es davon erfährt).
  • Durch die Annahme großer Gefälligkeiten kann ein Verpflichtungsgefühl auf Seiten des Betriebes entstehen. Das sollten Sie vermeiden!
  • Bei Trinkgeld und Geschenken ist Fingerspitzengefühl gefragt. Deshalb müssen klare Regeln der Geschäftsleitung her.

Eine Tasse Kaffee hier, ein Stückchen Kuchen da, am Schluss ein Scheinchen in die Hand – viele Kunden möchten den bei ihnen beschäftigten Handwerkern Gutes tun. Werden dabei bestimmte Grenzen überschritten, lauern Fußangeln. Die sollten Sie als Chef kennen!

Chefs müssen Trinkgeld versteuern, Mitarbeiter nicht

Rechtsanwalt Dr. Martin Wulf ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Er weist auf ein Problem hin, das meist unter den Tisch fällt: „Als Betriebsinhaber müssen Sie Trinkgeld versteuern. Es gilt rechtlich als Einnahme.“ Für die angestellten Mitarbeiter bestehe dagegen Steuerfreiheit für die erhaltenen Scheinchen.

Verwandt mit dem Trinkgeld seien Aufmerksamkeiten durch den Kunden, die nicht aus Geld bestehen. „Kaffee, Kuchen, belegte Brötchen und Geschenke werden ähnlich behandelt – für solche Aufmerksamkeiten wird das Finanzamt aber auch beim Chef keine Versteuerung verlangen.“

Wie viel Trinkgeld ist erlaubt?

„Die Höhe des steuerfreien Trinkgeldes ist ungeregelt und nach oben hin offen“, sagt Wulf. Dennoch sei es riskant, bei größeren Angeboten zuzugreifen. „Erhält das Finanzamt Kenntnis von höheren Summen und sehr teuren Geschenken, kommt schnell Misstrauen auf.“

Es werde dann überprüft, ob die Geldgaben vielleicht ein versteckter Anteil des Auftragslohns sein könnten, erläutert der Jurist. „In Einzelfällen gibt es findige Firmenchefs, die durch die Ausweisung von Arbeitslohn als Trinkgeld Steuern sparen wollen.“ Auch deshalb empfiehlt er, es bei der Entgegennahme „üblicher kleiner Aufmerksamkeiten“ zu belassen.

Vermeiden Sie Verpflichtungsgefühle

Knigge-Expertin Katharina Höchemer sagt: „Der eigentliche Sinn von Aufmerksamkeiten besteht darin, dass sich der Kunde charmant für gute Handwerksleistungen bedankt.“ Dazu gehöre auch das Bewirten von Handwerkern mit Getränken und kleinen Snacks. „Dauern Aufträge etwa bei Privatkunden länger, gehören die Handwerker manchmal schon fast zur Familie.“ Und diese Vertrauensbasis werde im Normalfall durch Speisen und Getränke gefördert.

Seien die Geschenke zu groß, entstünden jedoch leicht Irritationen. „Wenn Ihnen ein Kunde plötzlich Opernkarten im Wert von Tausend Euro schenken möchte, ist Vorsicht angesagt.“ Denn durch eine solche Gabe entstehe automatisch ein Verpflichtungsgefühl. „Vielleicht erhofft sich der Kunde, dass dann weniger Stunden auf den Zettel geschrieben werden.“

Eine ähnliche Erfahrung hat der Malermeister Jörg Tischler aus dem nordrhein-westfälischen Steinhagen vor einiger Zeit gemacht. „Mein Team war zu einem Festpreis bei einem Kunden. Der Auftrag zog sich über mehrere Tage hin.“ Die Ehefrau habe eine besonders fürsorgliche Ader gehabt. „Sie lud unsere Mitarbeiter in die Küche ein, kochte Kaffee und servierte belegte Brötchen.“ Es schien alles in Ordnung zu sein bis zum Auftragsabschluss. „Der Mann kam zu mir und wollte den für Bewirtung und Zeit in der Küche entstandenen Betrag von der Rechnung abziehen.“

Vermeiden Sie Geschenke-Missgunst im Team

Was tun, wenn ein Kunde mit einem Teammitglied besonders zufrieden ist und ihm etwas mehr Trinkgeld als den anderen in die Hand drückt? Höchemer warnt vor Neid und Missgunst. „Versuchen Sie, Ihre Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren.“ Sie verweist auf die Gastronomie: „In vielen Betrieben wandert das gesamte Trinkgeld in eine große Spardose. Am Jahresende gehen alle davon zusammen essen.“ Oder das Geld werde aufgeteilt.

Stoßen Sie den Kunden nicht vor den Kopf

Höchemer warnt davor, unangemessene Nettigkeiten von Seiten des Kunden harsch zurückzuweisen. „Die direkte Ablehnung eines Geschenks ist immer eine Kränkung für den Geber.“ Für eine Reaktion gebe es keinen Standard, jedoch: „Sie können dem Präsent eine andere Zielrichtung geben.“ Als Beispiel nennt sie eine Flasche teuren Weins für den Chef. „Nehmen Sie ihn an und bedanken Sie sich herzlich im Namen des gesamten Teams dafür.“ Das gleiche gelte für zu hohe Geldbeträge. Schwieriger wäre diese Vorgehensweise bei Sachen, die sich nicht aufteilen ließen.

Als Grundmuster empfiehlt sie folgende Argumentation: „Bedanken Sie sich für die Aufmerksamkeit und sagen Sie, dass Sie sich über die Wertschätzung freuen.“ Dann sollten Sie zu einer Ablehnungs-Begründung überleiten: „In unserem Betrieb gehen wir offen miteinander um. Komme ich mit einem so großen Geschenk für mich alleine an, gibt es Ärger.“ Statt einer direkten Absage empfiehlt sie eine Formulierung wie „Schenken Sie es jemand, der sich genau so freut wie wir – und der es ohne Bedenken annehmen kann.“

Legen Sie feste Regeln für Trinkgeld und Geschenke fest

Höchemer rät, genaue Vorgaben für den Umgang mit unangemessenen Trinkgeldern und Geschenken zu machen. „Dann können sich Ihre Leute darauf beziehen.“

Jörg Tischler hat genau das sofort nach dem Kunden-Ärger getan: „Es gibt eine klare Ansage an meine Mitarbeiter, dass sie Getränke und Snacks annehmen dürfen, aber nur, wenn sie in der Pause gereicht werden.“ Tabu seien sitzen und essen während der Arbeitszeit. Er ist zufrieden: „Alle halten sich daran und es läuft.“

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