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Corona

Zahlungsunfähig in der Corona-Krise? So sichern Sie sich ab!

Zwischen Liquiditätsengpass und Zahlungsunfähigkeit: Trotz gelockerter Insolvenzpflichten in der Corona-Krise bleiben Risiken. So vermeiden Sie persönliche Haftung und strafrechtliche Folgen.

Auf einen Blick:

  • Ein neues Gesetz erlaubt es Unternehmern, bei einer durch die Corona-Krise ausgelösten Zahlungsunfähigkeit vorerst keinen Insolvenzantrag zu stellen und die Zahlungsunfähigkeit bis zum 30. September 2020 zu beseitigen.
  • Der Gesetzgeber hat das einfach geregelt: Wer am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, bei dem wird vermutet, dass die Zahlungsunfähigkeit durch die Krise ausgelöst wurde.
  • Den Nachweis können Betriebe anhand des Jahresabschlusses 2019 erbringen und dokumentieren. Falls der noch nicht vorliegt, ist das auch auf der Basis der letzten Betriebswirtschaftlichen Auswertung aus 2019 möglich.
  • Beachten müssen Betroffene zudem, dass sie von anderen Pflichten dadurch nicht befreit sind: So müssen sie zum Beispiel bei Zahlungsproblemen für Transparenz gegenüber Lieferanten sorgen. Doch auch das lässt sich regeln, ohne gleich die Angst vor der Pleite zu schüren.

Alles ist anders in der Corona-Krise – auch wenn eine Insolvenz droht. Zwar hat der Gesetzgeber mit dem neuen COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) Betroffenen einen erheblichen zeitlichen Spielraum für den Insolvenzantrag geschaffen. Doch haftungs- und strafrechtliche Regeln setzt das neue Gesetz nicht außer Kraft. Worauf Betriebsinhaber achten müssen, haben wir die Rechtsanwältin Barbara Bischoff gefragt. Die Fachanwältin für Strafrecht von der Kanzlei Minoggio Wirtschafts- und Steuerstrafrecht beschäftigt sich regelmäßig mit den Folgen von Insolvenzverschleppungen und weiß genau, worauf Betroffene achten müssen, um sich davor zu schützen.

Welche Regeln gelten für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht?

Das COVInsAG erlaubt es betroffenen Betrieben, einen Insolvenzantrag bis zum 30. September 2020 auszusetzen. In dieser Frist haben Betroffene die Möglichkeit, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Das ist allerdings an zwei Voraussetzungen geknüpft:

  • Die Insolvenz muss eine Folge der Covid19-Pandemie sein.
  • Es muss die Aussicht bestehen, die Zahlungsunfähigkeit bis zum 30. September 2020 zu beseitigen.

Dabei hat der Gesetzgeber eine einfache Regelung getroffen, wann ein Betrieb automatisch beide Bedingungen erfüllt: „War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“

Doch was gilt, wenn die Zahlungsunfähigkeit erst 2020 eintritt und der Betriebsinhaber sicher weiß, dass dies nicht an der Corona-Krise liegt? Könnte er die Frist bis zum 30. September nicht nutzen, um sein Problem zu beseitigen? „Nein, dann greift die Vermutung nicht, der Betrieb muss den Insolvenzantrag stellen“, sagt Barbara Bischoff. „Wenn ich weiß, dass meine Situation mit Corona nichts zu tun hat, dann hilft mir keine Vermutung der Welt.“ Dieser Punkt sei unter Juristen zwar strittig, doch nach ihrer Erfahrung seien die persönlichen Risiken für betroffene Geschäftsführer viel zu groß.

Wie weise ich nach, dass die Insolvenz eine Folge der Corona-Krise ist?

Der sicherste Weg die Zahlungsfähigkeit für den Stichtag 31. Dezember 2019 nachzuweisen, sei der Jahresabschluss 2019, sagt Bischoff. Wer den Jahresabschluss 2019 noch nicht vorliegen hat, müsse sich anders behelfen. „Dann muss ich die letzte Betriebswirtschaftliche Auswertung aus 2019 heranziehen, die mir zur Verfügung steht, und gedanklich fortschreiben, wie sich die Situation entwickelt hat.“

Sollte sich ein Unternehmer nicht sicher sein, ob er Ende 2019 noch auf der sicheren Seite war, dann rät Bischoff dazu, einen Fachanwalt für Insolvenzrecht hinzuzuziehen. Auch der Steuerberater könne bei der Einschätzung helfen. „Da muss aber auf jeden Fall eine Absprache getroffen werden, ob der Steuerberater das kann, will und macht. Mal eben schnell eine Einschätzung abzugeben, das wäre mir zu wenig.“

Ist der Stichtag 30. September das letzte Wort?

Theoretisch kann das Bundesjustizministerium die Frist zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht verlängern, bis spätestens zum 31. März 2021. Diese Option hat ihm der Gesetzgeber eingeräumt. Noch ist dazu jedoch keine Entscheidung gefallen. „Das muss man abwarten, aber darauf spekulieren würde ich nicht. Betroffene sollten den 30. September 2020 als Stichtag ernst nehmen“, rät Bischoff.

Wen muss ich wann und wie informieren?

Ist ein Betrieb Corona-bedingt insolvent, so muss er aufgrund des neuen Gesetzes zunächst niemanden informieren – bis zum 30. September 2020. Allerdings seien Betriebsinhaber weiterhin zur Transparenz gegenüber Geschäftspartnern verpflichtet, sagt Bischoff. „Auch wenn ich Corona-bedingt Zahlungsprobleme bekomme, muss ich meine Lieferanten informieren, sonst begebe ich mich in ein Betrugsrisiko.“ Die Rechtsanwältin rät dazu, Lieferanten telefonisch zu informieren und solche Anrufe in Form einer Gesprächsnotiz zu dokumentieren.

Die Zahlungsunfähigkeit müssten Betriebsinhaber den Geschäftspartnern jedoch nicht so ausdrücklich auf die Nase binden, sagt Bischoff: „Zum Beispiel kann man dem Lieferanten telefonisch darüber informieren, dass es durch die Corona-Krise gerade finanziell eng wird, und ihn um ein längeres Zahlungsziel bitten.“

Das sei durchaus in Ordnung, solange der Betrieb Grund zu der Annahme hat, dass er die Krise überstehen wird und den Lieferanten bezahlen kann. „Dazu nutzt der Unternehmer ja alle Möglichkeiten wie Liquiditätszuschüsse des Staates, Kurzarbeitergeld und interne Maßnahmen. Darum muss er auch nicht von Zahlungsunfähigkeit sprechen.“

Vorsicht bei anderen Strafdelikten

Das neue Gesetz erlaubt Betriebsinhabern zudem Handlungen, die sonst das Haftungsrisiko des Betriebsinhabers erhöhen würden. „Normale Zahlungen im ordentlichen Geschäftsgang lösen keine Haftung und damit keine Schadensersatzpflicht aus“, sagt Barbara Bischoff.

Anders sehe es bei einer Reihe strafbarer Handlungen aus. Dazu zählten:

  • die Verletzung von Buchführungspflichten nach § 283 b StGB,
  • Bankrott-Delikte wie das Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen nach § 283 StGB,
  • das Vorenthalten und die Veruntreuung von Sozialabgaben nach § 266 a StGB,
  • die Täuschung über die Zahlungsunfähigkeit (Betrug) nach § 263 StGB.

„Das Gesetz setzt nicht die Strafbarkeitsvorschriften außer Kraft“, warnt Bischoff. „Da muss man aufpassen, denn eine Aufarbeitung solcher Delikte wird stattfinden, vielleicht später, aber sie wird kommen.“

Ist das Aussetzen des Insolvenzantrags immer sinnvoll?

Auch wenn das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz Unternehmen bei Corona-bedingten Insolvenzen große Spielräume verschafft, sei es nicht immer sinnvoll, sie zu nutzen, sagt Bischoff. „Ich halte es nicht immer für richtig, auf Biegen und Brechen den Insolvenzantrag zu vermeiden.“

Ihr Rat: „Unter Umständen ist es besser, den Insolvenzantrag zu stellen, um sich selbst den strafrechtlichen Druck zu nehmen. Die Zeit nach der Antragstellung kann man nutzen, um Lösungen zu finden ohne persönliche Risiken einzugehen. Dann kann man den Insolvenzantrag auch wieder zurücknehmen.“

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Foto: privat Barbara Bischoff
Foto: Andrey Kuzmin - stock.adobe.com Hand wird aus dem Wasser gestreckt

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