Parkettlegermeister Werner Schulz geht es beim Kampf gegen Pfusch um Haftungsrisiken – und um die Handwerkerehre
Foto: privat

Baurecht

Der lange Kampf gegen den Pfusch

Ein Kunde vergibt einen heiklen Auftrag und ignoriert Bedenken des Handwerkers. Doch der bleibt stur. Es geht ihm nicht nur um die Haftung.

  • Schuld am Pfusch sind immer die Handwerker? Werner Schulz ist solche Medienberichte leid. Oft seien es die Auftraggeber selbst und deren Planer, die Handwerker in die Haftungsfalle treiben, sagt der Handwerksmeister.
  • In einem aktuellen Fall hat sich Schulz fast sechs Monate mit einem Kunden über Bedenkenhinweise gestritten, bis der Auftraggeber einlenkte.
  • Für Schulz lohnen sich die Diskussionen: Es gehe um die Handwerkerehre – und in den meisten Fällen ließen sich Kunden von der Fachkompetenz der Handwerker überzeugen, wenn man nicht zu schnell aufgibt.
  • Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Fast ein halbes Jahr lang hat Werner Schulz einen Auftraggeber und dessen Planer mit Warnungen und Bedenkenanmeldungen für ein großes Bauprojekt bombardiert. Immer wieder hieß es vom Kunden: „Sie können aussteigen oder Sie machen das so, wie wir es wollen.“ Doch kurz vor Weihnachten hat der Auftraggeber nun teilweise nachgegeben: „Wir haben den Auftrag jetzt so aufgeteilt, dass wir unseren Part fachgerecht durchführen können“, berichtet der Parkettlegermeister aus dem niedersächsischen Vechelde.

    Schriftlich ist manchmal nicht genug

    Für den Handwerksmeister hat dieser Teilerfolg allerdings einen bitteren Beigeschmack. Er selbst sei nun zwar auf der sicheren Seite. Doch die Gründe für seine Bedenken bleiben bestehen, falls der Kunde einen anderen Betrieb mit den übrigen Arbeiten beauftragt. „Es geht um einen alten, feuchten und rissigen Estrichboden in einem anderen Gebäudeteil, der vielleicht sogar asbesthaltig ist“, erklärt Schulz. „Wir sollten den einfach versiegeln und haben das abgelehnt, weil spätere Bauschäden und Gesundheitsgefahren absehbar sind.“

    Falls nun jemand anderes die Arbeiten wie gewünscht ausführe, sei der für spätere Schäden und Gesundheitsfolgen haftbar, weiß Schulz aus seiner langjährigen Erfahrung als Sachverständiger. Daran ändert sich nach seiner Einschätzung auch dann nichts, wenn der Kunde wie in diesem Fall eine „nicht regelkonforme Ausführung“ ausdrücklich schriftlich verlangt.

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    Vorsicht bei Gefahr für Leib und Leben

    Dass Schulz sich darauf nicht eingelassen hat, sei  die richtige Entscheidung, bestätigt Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen (LBN). Wann immer ein Auftraggeber bewusst Abweichungen von einer DIN-Norm oder einer „anerkannten  Regel der Technik“ verlangt, dürften sich Handwerker nicht durch vermeintliche schriftliche „Haftungsbefreiungen“ des Kunden in Sicherheit wiegen. Besser sei es, in diesen Fällen die gewünschte Auftragsdurchführung abzulehnen, den Kunden zu überzeugen und bei nachhaltiger Uneinsichtigkeit des Kunden den Auftrag abzulehnen, empfiehlt die Juristin.

    Hintergrund: Eine schriftliche Vereinbarung von Haftungsausschlüssen bringt nichts, wenn es sich bei dem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik um Ordnungswidrigkeiten handelt. In diesen Fällen drohen Bußgelder auch dann, wenn eine schriftliche Vereinbarung mit dem Kunden vorliegt.  

    Noch gravierender sei es, wenn ein Handwerker auf Kundenwunsch Vorschriften ignorieren soll, die Leib und Leben der Nutzer oder Dritter betreffen. „Dann bleibt der Handwerker strafrechtlich in der Verantwortung, egal was ihm der Auftraggeber unterschreibt“, betont Höltkemeier.

    „Es geht auch um die Handwerkerehre“

    Und warum ist Werner Schulz nicht einfach auf den Vorschlag des Kunden eingegangen und ganz aus dem Auftrag ausgestiegen– statt sich fast ein halbes Jahr mit dem Planer zu streiten? An Auftragsmangel kann es derzeit ja wohl kaum liegen.

    „Mir geht es dabei auch um die Handwerkerehre“, sagt der Handwerksmeister. Er ärgere sich immer wieder, wenn Medien über Baumängel und angeblichen Handwerkerpfusch berichten. „Dabei sind es oft genug die Auftraggeber oder ihre Planer, die solche Vorgaben machen – und am Ende bleibt es dann an Handwerkern hängen, die vielleicht fachlich gut sind, aber die Rechtslage nicht überblicken.“ Das schade dem Ruf des ganzen Wirtschaftszweiges. Dagegen helfe nur eines, glaubt Schulz: Bedenkenhinweise schreiben und Kunden zur Einsicht bringen. „In den meisten Fällen klappt das auch, wenn man als Handwerker hartnäckig bleibt und mit Fachkompetenz überzeugt“, sagt der Meister.

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