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Politik und Gesellschaft

Handwerk fordert Beitragspflicht für (Solo-)Selbstständige

Handwerk und DGB treten für Vorsorge-, Versicherungs- und Beitragspflichten für Selbstständige und Solo-Selbstständige ein – Sozialkassen (Soka) inklusive.

Auf einen Blick:

  • Handwerk und DGB setzen sich für umfassendere Vorsorge- und Versicherungspflichten für alle Selbstständigen ein wie auch für deren engere Kontrolle.
  • Zudem fordern sie Regelungen, um Solo-Selbstständige im Handwerk in die Tarifverträge der Sozialkassen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden im Handwerk einzubeziehen.
  • Beide Verbände kritisieren „die Zunahme von Erscheinungsformen“ der Solo-Selbstständigkeit, die „gezielte Unterbietungsstrategien verfolgen und damit einem fairen Leistungswettbewerb schaden“.

Mehr Pflichten und Kontrollen für Selbstständige

In einer gemeinsamen Erklärung „zur Situation von Solo-Selbstständigen im Handwerk“ stellen der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine Reihe von „Handlungsansätzen“ vor. Dazu zählen unter anderem

  • Altersvorsorge: die Einführung einer Vorsorgepflicht für alle Selbstständigen, wobei Übergangsregelungen besondere Härten abfedern sollen.
  • Gesetzliche Unfallversicherung: die Ausweitung der Pflichtversicherung auf alle Selbstständigen, da diese regelmäßig wie abhängig Beschäftigte tätig würden und ähnlich hohen Risiken wie Arbeitnehmer ausgesetzt seien.
  • Arbeitsschutz: die Anwendung von Arbeitsschutzpflichten auf alle Selbstständigen und deren verpflichtende Teilnahme an entsprechenden Schulungen.
  • Kranken- und Pflegeversicherung: eine Nachweispflicht für alle Selbstständigen hinsichtlich ihres Krankenversicherungsstatus gegenüber Zoll und Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)
  • Sozialkassen-Tarifverträge: die Schaffung einer „rechtssicheren Basis“ zur Einbeziehung von Solo-Selbstständigen, die „häufig nicht weniger schutzbedürftig als Beschäftigte“ seien, in allgemeinverbindlichen tariflichen Regelungen der Soka-Tarifverträge „zur betrieblichen Altersvorsorge oder zur branchenweiten Förderung der Berufsausbildung“.
  • Scheinselbstständigkeit: eine Überprüfung, ob die Abgrenzungsregelungen von Scheinselbstständigkeit und Solo-Selbstständigkeit ausreichen.
  • Kontrollen: die Aufstockung des Personals bei Zoll und FKS und Lösungen zur unbürokratischen Meldung und Weitergabe von Informationen über Verdachtsfälle

In Sorge vor „Unterbietungsstrategien“ durch Solo-Selbstständige

Während viele Handwerker die Solo-Selbstständigkeit „bewusst als Form der Selbstständigkeit wählen“, sähen ZDH und DGB „mit Sorge die Zunahme von solchen Erscheinungsformen, die gezielte Unterbietungsstrategien verfolgen und damit einem fairen Leistungswettbewerb schaden“. Deren Verbreitung werde „durch die zunehmenden Möglichkeiten der digitalen Vermittlung handwerklicher Dienstleistungen auf Online-Plattformen begünstigt“.

Ein Dorn im Auge sind Handwerk und Gewerkschaftsbund konkret „wettbewerbsverzerrende Subunternehmerstrukturen“ und die „bedenkliche Nutzung“ des Reisegewerbes, aber auch der Zusammenschluss von Solo-Selbstständigen in Gesellschaften Bürgerlichen Rechts (GbR) – deren Missbrauch unterbunden werden solle. „Der gegenwärtig festzustellende Trend zur Solo-Selbstständigkeit wird dann problematisch, wenn er zu spürbaren Wettbewerbsverzerrungen führt, die reguläre Unternehmen mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Auszubildenden ins Abseits drängen“, betont Karl-Sebastian Schulte, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes Deutsches Handwerk (UDH).

Politik gefordert – und die Tarifparteien

„Missbräuchliche Formen der Solo-Selbstständigkeit können nicht im Interesse eines lebendigen und zukunftsfähigen Handwerks sein“, sagt DGB-Bundesvorstand Stefan Körzell. Deshalb sei der Gesetzgeber „jetzt zum Handeln aufgefordert“.

„Am Ende sind aber auch die Tarifpartner in den einzelnen Handwerksbranchen aufgefordert, vor allem durch eine stärkere Tarifbindung, für gute Arbeitsbedingungen und faire Wettbewerbsstrukturen zu sorgen“, heißt es dazu vom ZDH.

Neuer Anlauf für die Soka-Bau?

Mit dem „Handlungsansatz“ zu den Sozialkassen-Tarifverträgen zielt die gemeinsame Erklärung auf einen Streit um die 2015 eingeführten Soka-Pflichtbeiträge zur Berufsausbildung für Solo-Selbstständige. Dabei ging es um Beitragszahlungen von Solo-Selbstständigen zu einer von den Tarifpartnern ausgehandelten und vom Bundesarbeitsministerium allgemeinverbindlich erklärten Ausbildungsumlage, die auch von den Solo-Selbstständigen gezahlt werden sollte.

Den Streit hatte 2017 schließlich das Bundesarbeitsgericht eindeutig entschieden: Solo-Selbstständige seien keine Arbeitgeber, folglich seien Arbeitsgerichtsklagen der Soka gegen Solo-Selbstständige zur Eintreibung der Beiträge unzulässig. In der Folge hatte die Soka-Bau angekündigt, alle bisher geleisteten Mindestbeiträge zur Ausbildungsumlage zurückzuzahlen.

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