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Digitale Arbeitszeiterfassung

Handys für alle Mitarbeiter: „Das wäre teuer“

Noch nutzt Bauunternehmer Christian Otterbach Stundenzettel. Was hätte die geplante Pflicht zur digitalen Zeiterfassung für ihn und seine Kollegen bedeutet? Und wie geht es jetzt weiter?

  • Bislang verfügen nur wenige Mitarbeiter im Betrieb von Christian Otterbach über ein Baustellenhandy. Wenn die Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung kommen sollte, müsste der Unternehmer alle Mitarbeiter auf dem Bau mit einem Gerät ausstatten.
  • Für Otterbach wäre das mit hohen Kosten verbunden, aber finanziell machbar. Für kleinere Handwerksbetriebe sei die Anschaffung und Finanzierung aber deutlich schwieriger.
  • Zwei Bundesministerien haben jetzt die Aufgabe zu prüfen, wie durch elektronische Arbeitszeitaufzeichnungen die Durchsetzung des Mindestlohns verbessert werden kann, ohne dabei kleine und mittlere Unternehmen übermäßig zu belasten.
  • In diesem Zusammenhang soll laut Bundesarbeitsministerium auch die Entwicklung einer für Arbeitgeber kostenlosen digitalen „Zeiterfassungsanwendung“ geprüft werden.
  • Die Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung ist erst einmal abgewendet, doch vollständig sind die jüngsten Pläne des Bundesarbeitsministeriums nicht vom Tisch.  Bauunternehmer Christan Otterbach ist trotzdem erleichtert. „Wir hätten kurzfristig mindestens 20 neue Firmenhandys für unsere Mitarbeiter anschaffen müssen“, sagt der Inhaber des Bauunternehmens Flaspöler. Auf den Baustellen nutzt der Betrieb aus Bissendorf noch Stundenzettel. „Die Vorarbeiter dokumentieren die Arbeitszeiten und geben die Zettel im Büro ab, wo sie digitalisiert werden“, berichtet der gelernte Betonbauer.

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    Die Pläne des Bundesarbeitsministeriums

    Wenn es nach dem Bundesarbeitsministerium gegangen wäre, hätte Otterbach diese Praxis zum 1. Oktober einstellen müssen. Denn laut einem Gesetzentwurf wollte das Ministerium Betriebe dazu verpflichten, den Beginn und das Ende sowie die Dauer der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter aufzuzeichnen – „jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch und manipulationssicher“. Diese verschärften Regeln hätten für alle Branchen gelten sollen, die im § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. Aus dem Handwerk sind das Baugewerbe und die Gebäudereinigung betroffen. Zudem hätten Betriebe mit Minijobbern und Leiharbeitnehmern deren Arbeitszeiten digital erfassen müssen.

    Große Herausforderung für Betriebe

    „Auf der Baustelle lassen sich diese Vorgaben nur mit Hilfe von Smartphones umsetzen“, sagt Otterbach. Weil bei ihm aktuell nur wenige Mitarbeiter mit Firmenhandys ausgestattet sind, hätte er in neue Handyverträge und neue Technik investieren müssen – und das bei Problemen in den Lieferketten: „Das wäre teuer geworden, aber finanziell hätte ich das irgendwie gestemmt.“ Schließlich plane er für jedes Jahr Geld für Investitionen im Betrieb ein und kenne sich auch damit aus, Fördermittel zu beschaffen.

    Foto: Privat Bauunternehmer Christian Otterbach müsste neue Geräte anschaffen, damit er alle Mitarbeiter auf der Baustelle mit einem eigenen Smartphone ausstatten kann.

    Doch der stellvertretende Obermeister der Bauinnung Osnabrück weiß, dass die kurzfristige Einführung vielen Kollegen finanzielle und organisatorische Probleme bereitet hätte. „Kleine Baubetriebe haben kein großes Budget für Investitionen“, betont Otterbach. Zudem arbeiteten viele Unternehmer selbst auf ihren Baustellen mit  und hätten sich in der ohnehin knappen Zeit auch noch um die Anschaffung und Finanzierung neuer Baustellenhandys kümmern müssen.

    Arbeitszeiterfassung: Was die Ministerien prüfen müssen

    Im Handwerk haben die Pläne des Bundesarbeitsministeriums für großen Unmut gesorgt. Doch mittlerweile gab es ein Einlenken. „Uns ist es gelungen, die elektronische Arbeitszeitkontrolle auf allen Baustellen abzuwenden“, vermeldete der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes über den Nachrichtendienst Twitter Mitte Februar. Völlig vom Tisch sind die schärferen Regeln bei der Arbeitszeiterfassung aber nicht.

    Im Auftrag der Bundesregierung müssen das Bundesarbeits- und das Bundesgesundheitsministerium jetzt prüfen, wie durch „elektronische und manipulationssichere Arbeitszeitaufzeichnungen die Durchsetzung des Mindestlohns weiter verbessert werden kann“ – ohne übermäßige Belastungen für kleine und mittlere Betriebe, teilt das Bundesarbeitsministerium mit. Zudem solle auch die Entwicklung einer für Arbeitgeber kostenlosen digitalen „Zeiterfassungsanwendung“ geprüft werden.

    Christian Otterbach ist sich daher sicher, dass die Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung langfristig kommen wird. Doch auch wenn Betriebe künftig ein kostenloses Tool nutzen könnten, bleibe das Problem mit der Anschaffung von Geräten, die sich für den Einsatz auf der Baustelle eignen. Von der Politik fordert der Unternehmer deshalb ausreichend Zeit für die Umsetzung: „Ein halbes Jahr wird sicher nicht reichen.“

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