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Foto: handwerk.com

Kühlerbau unter Tage

In der Hitze des Berges

Unter Tage im Kalibergwerk Zielitz. Ein Kühlerbaubetrieb aus Hannover sorgt dafür, dass den Motoren der Abraummaschinen nicht zu heiß wird. Wir waren vor Ort und haben eine ungewöhnlich gewöhnliche Kfz-Werkstatt gefunden.

Unterwegs im Kalibergwerk Zielitz:

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Es ist dunkel. Ohne die Lichter des Geländewagens würde man die Hand vor Augen nicht sehen. Und es ist warm. 42 Grad zeigt das Thermometer des viersitzigen Jeeps. Kühlerspezialist Olaf Meyer und Olaf Neuer, Leiter der mobilen Technik im Kalibergwerk Zielitz, sind zu einer der Abbaustellen gefahren. Meyer möchte sehen, was die Kühler in den Abbaufahrzeugen hier im Berg leisten müssen. Das Bergwerk ist riesig. Es erstreckt sich auf einer Fläche von 21 mal 10,5 Kilometern und liegt circa 20 Kilometer nördlich von Magdeburg. Die Ausdehnung des Bergwerks entspricht in etwa der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt.

Die Männer in dem offenen Jeep schwitzen. Schon seit mehreren Kilometern haben sie keinen Menschen mehr gesehen. Auch gibt es hier an der Abbaustelle kein Licht außer dem des Jeeps. Nur das leise Brummen des Dieselmotors ist zu hören. In der trockenen Luft wirbelt viel Staub umher. Plötzlich ist von irgendwoher das tiefe Grollen eines großen Motors zu hören. Es wird lauter. Licht bricht durch den Staub. Innerhalb von Sekunden erleuchten mächtige Scheinwerfer den Stollen. Aus der Abbaustelle, keine drei Meter rechts vor dem Jeep, taucht ein riesiger Radlader auf. Unglaublich breit und flach. Gelber Lack. Schrammen und Kratzer zeugen von harter Arbeit unter Tage.

Mit dem Heck voran kämpft sich das über 70 Tonnen schwere Fahrzeug in die Hauptstrecke. Dort wendet der Fahrer, der hier an der Abbaustelle alleine mit seiner Maschine unterwegs ist, den Großlader. Erstaunlich behände wuchtet er die mit gut 18 Tonnen Kalisalz gefüllte Schaufel zum Brecher. Der zermalmt das Rohsalz als wäre es feinstes Baiser. Über kilometerlange Förderbänder wird das Salz aus gut 920 Meter Abbautiefe erst in einen Zwischenbunker und dann über einen Förderschacht ans Tageslicht transportiert.

„Eindrucksvoll“, ruft Olaf Meyer über den Lärm der Maschinen hinweg. Olaf Neuer nickt. Meyer kommt aus Hannover und wird dort im kommenden Jahr die Geschicke der Firma Ragge Kühlerbau übernehmen. Die K+S KALI GmbH ist ein wichtiger Stammkunde des Handwerkbetriebes. Für deren Werke Zielitz und Sigmundshall, unweit des Steinhuder Meeres, wartet die Mannschaft die verschiedenen Kühler der Abbaumaschinen und entwickelt sie weiter. Meyer und sein Noch-Chef Manfred Borges haben eine verbesserte Dämpfung konstruiert. Der eigentliche Kühler ruht nun auf einem speziellen Moosgummi in einem verstärkten Kühlerrahmen aus schwarzlackiertem Metall.

Wie oft die Handwerker hier unten zu Gast sind und wie die Zusammenarbeit in der Praxis läuft, lesen Sie auf der nächsten Seite.

"Vor Ort sind wir selten"

„Hier vor Ort sind wir selten“, sagt Manfred Borges in der Haupt-Werkstatt des Werks Zielitz. Sie liegt in 740 Meter Tiefe und entspricht im Wesentlichen dem, was eine größere Kfz-Werkstatt über Tage darstellt. Hebebühnen, Untersuchungsgruben, Bremsenprüfstand. Alles ganz normal. Bis auf die Tatsache, dass die Werkstatt tief unter der Erde liegt. Sie ist nur wenige Laufminuten vom Personen- und Materialschacht entfernt. Daher ist die Luft hier kühler als an der Abbaustelle. Das Thermometer zeigt 23 Grad.

„Normalerweise bauen wir die Kühler mit unseren Mitarbeitern aus und schicken sie zur Wartung nach Hannover“, schildert Olaf Neuer. Durch die Zusammenarbeit sind die Kühler zuverlässiger und standhafter geworden. „Das spüren wir in der Praxis durch die längeren Einsatzzeiten“, freut sich Neuer. „Und wir an den zurückgehenden Aufträgen“, frotzelt Borges. Beide fangen an zu lachen. Die Stimmung ist locker. Man kennt und schätzt sich.

Wenn aus dem Kaliwerk Ladeluft-, Öl- und Wasserkühler nach Hannover kommen, haben die Handwerker im Schnitt drei Wochen Zeit. Meist geht es um die Reparatur von Deformationen oder um die Reinigung. Kommt der allgegenwärtige, feine Salzstaub im Berg mit Fahrzeugflüssigkeiten in Berührung, entsteht ein betonartiger Panzer. „Den können wir meist nur mühsam entfernen“, sagt Borges. Wenn nichts mehr zu machen ist, steht der komplette Austausch der feinmaschigen Kühllammellen an. Um die Reparaturzeiten der Maschinen zu verkürzen, lagern unter Tage genug Kühler auf Vorrat.

Insgesamt 570 Fahrzeuge gehören zum Fuhrpark im Bergwerk, den Olaf Neuer mit seinen 160 Mitarbeitern im 18-Schicht-Betrieb betreut. Ob die Arbeit unter Tage ihm und seinen Männern etwas ausmacht? „Nein. Daran gewöhnt man sich schnell. Wer mit der Grube ein Problem hat, macht am Förderkorb oder spätestens unten auf dem Absatz kehrt“, weiß er aus Erfahrung. Manfred Borges und Olaf Meyer haben nicht kehrtgemacht. Und sie sind zufrieden mit dem, was sie gesehen haben. Ob die Stimmung deshalb gut ist oder weil sie nun mit Olaf Neuer wieder auf dem Weg nach oben sind? Das bleibt ihr Geschäftsgeheimnis.

Mehr über die gigantischen Dimensionen des Kalibergwerks Zielitz, lesen Sie auf der letzten Seite.

K+S KALI GmbH

Feinfühliger Gigant:

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Das Kaliwerk Zielitz gehört zur K+S Gruppe. Der Konzern ist einer der größten Produzenten von kali- und magnesiumhaltigen Düngemitteln weltweit. Ein Großteil des gewonnenen Rohstoffs landet als Dünger auf dem Feld. Zudem beliefert der Konzern die Chemische Industrie, die Pharmabranche und Lebensmittelhersteller. Das Werk Zielitz gilt als eines der modernsten in Europa. Täglich werden hier 40 000 Tonnen Rohsalz gefördert. So viel, wie auf 25 Güterzügen Platz hätte.

Damit Mensch und Maschinen unter Tage arbeiten können, pumpen mächtige Ventilatoren 48 000 m3 Luft pro Minute in die Tiefe. Das ist in etwa so viel, wie 51 Schwimmbecken mit 25-Meter-Bahnen fassen können.

Erstmalig entdeckt wurden die Kalisalzvorräte zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nach weiteren Erkundungen in den 1960er-Jahren wird seit 1973 am Standort Zielitz Kali gefördert.
Heute wird drei Mal am Tag jeweils zum Schichtende gesprengt. Der Abschlag beträgt je sieben Meter. Dafür verwenden die Bergleute 20 Tonnen Sprengstoff am Tag.

Im Werk Zielitz arbeiten 1180 Mitarbeiter, davon 58 Auszubildende, unter Tage. Weitere 660 Mitarbeiter, davon 70 Azubis, gehören über Tage zur Belegschaft. Pro Stunde können 1600 Tonnen Rohsalz in den übertägigen Fabrikanlagen verarbeitet werden.

(ha)

Mehr Informationen zum Kaliwerk Zielitz finden Sie hier.
Mehr über die Arbeit der Firma Ragge Autokühler gibt es auf dieser Website zu lesen.

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