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Recht

Keine Ruhe bei der Mängelhaftung: Was Sie jetzt wissen müssen!

Die Reform der Mängelhaftung sollte Handwerker aus der Haftungsfalle befreien. Doch Lieferanten können die neuen Regeln durch AGBs aushebeln. Und das Handelsgesetz macht es Betrieben schwer, ihr Recht durchzusetzen.

Auf einen Blick:

  • Zum 1. Januar 2018 tritt die Reform der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Kraft. Dann müssen Lieferanten auch für Ein- und Ausbaukosten geradestehen, wenn sie Handwerkern mangelhaftes Material verkaufen.
  • Das Problem: Die neuen Regeln sind nicht AGB-fest. Lieferanten können deshalb die Haftung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausschließen.
  • Vor Gericht werden solche Haftungsausschlüsse kaum Bestand haben, ist sich ein Baurechtler sicher. Denn AGB dürfen nicht von gesetzlichen Regelungen abweichen.
  • Doch vor Gericht müssen Handwerker eine große Hürde meistern: Paragraf 377 HGB. Der schreibt umfassende Prüf- und Rügepflichten bei der Warenannahme vor. Wer dem nicht nachkommt, verliert seine Ansprüche gegenüber dem Lieferanten.

Der Paragraf 377 des Handelsgesetzbuchs (HGB) wird für Handwerksbetriebe im kommenden Jahr noch wichtiger werden, davon ist Manfred Raber überzeugt. Als Grund dafür nennt der Fachanwalt für Baurecht die Reform der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Denn die tritt zum Jahreswechsel in Kraft und sorgt zusammen mit dem neuen Bauvertragsrecht für zahlreiche Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Das ändert sich 2018 mit der Reform des Gewährleistungsrechts

Neu gefasst wird beispielsweise der Paragraf 439 BGB. Demnach können Handwerker von ihren Lieferanten künftig die Kosten für den Ein- und Ausbau verlangen, wenn sie mangelhaftes Material verbauen. „Das ist ein ganz wichtiger Schritt nach vorn“, sagt Raber. Der Jurist findet aber auch, dass die Reform des Gewährleistungsrechts Schwächen hat. Und damit spielt er vor allem auf die fehlende AGB-Festigkeit an.

Was bedeutet die fehlende AGB-Festigkeit für das Handwerk?

Doch was ist das überhaupt? Laut Raber bedeutet AGB-fest, dass eine gesetzliche Regelung unabdingbar ist. Sie kann also nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) aufgeweicht werden. Doch genau das ist bei der Reform der Mängelhaftung nicht der Fall. Folglich können Lieferanten vom 1. Januar 2018 an in ihren AGBs die Haftung für die Ein- und Ausbaukosten ausschließen. Der Baurechtler fürchtet deshalb: „Die Lieferanten werden wegen der fehlenden AGB-Festigkeit weiterhin versuchen, ihre Haftung gegenüber Handwerkern einzuschränken.“

Warum sich Lieferanten auch bei ihren AGB an Gesetze halten müssen

Doch werden sie mit dieser Masche durchkommen? „Es kommt darauf an, wie Handwerker auf Ausschlüsse in AGBs reagieren“, sagt Raber. Wenn sie dagegen vorgehen, sieht er gute Chancen, dass sie bei Gericht Recht bekommen. Das begründet der Jurist mit Paragraf 307 BGB. Demnach dürfen AGBs nicht vom wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen abweichen. Und mit der Reform der Mängelhaftung sind Lieferanten vom 1. Januar 2018 an dazu verpflichtet, Handwerksbetrieben die Ein- und Ausbaukosten zu erstatten. Vorausgesetzt, sie haben zuvor mangelhafte Baustoffe verkauft.

Nach Einschätzung von Raber werden durch diese Neuerung die Hürden für AGBs insgesamt höher. Ob sich Lieferanten freiwillig an die neuen Regeln halten, bleibt abzuwarten. Wenn nicht, müssen Handwerksbetriebe klagen, um ihre gesetzlich festgelegten Ansprüche durchzusetzen. „Das kostet Zeit, Geld und Nerven“, sagt Raber. Deshalb geht er fest davon aus, dass viele Handwerksbetriebe diesen Weg scheuen werden.

Mängelhaftung: Paragraf 377 HGB als weitere Hürde für Betriebe

Doch selbst, wenn Lieferanten die Haftung nicht in ihren AGBs ausschließen, gibt es für Kaufleute noch eine weitere Hürde: den Paragraf 377 HGB. Danach sind Handwerksbetriebe, die ein Handelsgewerbe betreiben, dazu verpflichtet, die Ware nach Anlieferung unverzüglich auf Mangelhaftigkeit zu prüfen. Stellen sie dabei einen Mangel fest, müssen sie diesen unverzüglich rügen.

Diese Regelung ist nicht neu. Doch Baurechtler Raber geht davon aus, dass sie infolge der Reform einen anderen Stellenwert bekommen wird. Er sagt: „Lieferanten werden künftig vermehrt versuchen, über den Paragraf 377 aus der Haftung herauszukommen.“ Für Handwerksbetriebe bedeutet das im Umkehrschluss, dass sie ihre Prüf- und Rügepflichten noch ernster nehmen müssen als bisher, wenn sie ihre neuen Rechte nicht aufs Spiel setzen wollen. Doch das ist nicht so einfach: „Gerichte setzen hier strenge Maßstäbe an“, warnt Raber.

Bauwirtschaft fordert im Wahlkampf die Reform des Paragrafen 377 HGB

Davon geht auch die Bauwirtschaft aus. So kritisiert die Bundesvereinigung Bauwirtschaft in ihren politischen Forderungen zur Bundestagswahl, dass die ausufernde Untersuchungs- und Rügepflicht nach Paragraf 377 HGB eingedämmt werden müsse. Darin sieht sie eine unangemessene Privilegierung der Lieferanten. Schließlich sei die Rechtsprechung in den letzten Jahren zu Lasten der Unternehmer ausgefallen, die Baustoffe einkaufen. Jedoch seien nicht die Hersteller schutzwürdig sondern vielmehr deren Käufer, heißt es in dem Papier, dass gemeinsam von 14 Verbänden der Bauwirtschaft herausgegeben wurde.

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