Ein Vorteil von Wachstum: Ab einer gewissen Größe muss man die Lösung kleinerer Probleme zwangsläufig delegieren. 
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Strategie

Mehr Arbeit oder Freiheit? Was bringt Wachstum?

Das Team vergrößern? Damit steigen doch bloß Bürokratie und Führungsaufwand! Oder nicht? Für diesen Meister bedeutet Wachstum vor allem: mehr Freiheit.

Auf einen Blick

  • Ein Problem von Kleinbetrieben: „Jeder geht mit einem Problem direkt zum Chef“, sagt Handwerksunternehmer Robert Dreyer.  So ist der Chef immer gefragt, selbst im Urlaub. 
  • Wächst der Betrieb dagegen, müsse man zwangsläufig Verantwortung abgeben – und hat plötzlich mehr Möglichkeiten das Unternehmen zu steuern, statt sich im Klein-Klein zu verlieren. 
  • Das ist nur einer von 5 großen Vorteilen, die Dreyer im Wachstum sieht. 
  • Als Handwerksmeister Robert Dreyer noch im väterlichen Betrieb gelernt hat, hatte das Unternehmen eine Personalstärke von knapp zehn Mitarbeitenden. In den letzten Jahren pegelte sie sich auf 15 ein. Der große Umbruch kam in diesem Jahr: Da hat Dreyer die Stärke seines Teams innerhalb weniger Monaten mehr als verdoppelt. Das war nicht nur wichtig, um einen hinzugekauften Standort der Tischlerei Dreyer personell bedienen zu können. Der Tischlermeister sieht auch grundsätzliche Vorteile im Wachstum.

    „Ich glaube gerade in den maschinenintensiven Gewerken gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man bleibt klein mit maximal drei Mitarbeitenden und macht sein Ding mit kleiner Ausstattung und kleinen Fixkosten. Oder man muss auf wenigstens 15 bis 20 Leute wachsen, allein damit man die Kosten für Maschinen- und Fuhrpark in den Griff bekommt.“ Darüber hinaus biete mehr Personal manchen Komfort für das Unternehmen. Diese fünf Vorteile sieht Robert Dreyer im Wachstum.

    Foto: Denny Gille Kennt 5 gute Gründe für Wachstum: Tischlermeister Robert Dreyer. 

    1. Breite Verantwortung schafft Freiheiten

    Ein großer Vorteil einer größeren Teamstärke liegt für den Unternehmer darin, dass man die Verantwortung zwangsläufig auf mehr Schultern verteilen muss. „Bei vier Leuten geht jeder mit einem Problem direkt zum Chef“, sagt Dreyer. Das funktioniert zwar, gleichzeitig aber steht und fällt die Funktionalität des Betriebs mit der Erreichbarkeit des Chefs. Bei 30 Leuten hingegen könne nicht mehr jeder mit einem Problem zum Chef gehen.

    Man müsse Verantwortung abgeben und Hierarchieebenen etablieren. So entstünden Strukturen, in denen die Betriebsabläufe nicht mehr von einer einzigen Person abhängen. „Das bietet mir den Freiraum das Unternehmen zu entwickeln. Außerdem kann ich mal unbesorgt in den Urlaub fahren, während der Betrieb normal weiterläuft“, sagt Dreyer, „das sind Riesenvorteile des Wachstums!“

    Was in vielen Kleinbetrieben beispielsweise oft Chefsache ist, läuft bei der Tischlerei Dreyer beim Büroleiter zusammen: „Unser Büroleiter Marcus Behrens trägt viel dazu bei, dass wir an beiden Standorten reibungslos arbeiten können. Er verantwortet beispielsweise Angebote, Auftragsabwicklung, Kundenmanagement, Einkauf und Verkauf“, sagt Dreyer.

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    2. Flexibilität bei Ausfällen

    Hat man für manche Aufgaben nur einen Spezialisten im Betrieb, macht das Probleme, wenn der ausfällt. „Neulich fiel uns ein Lackierer für zwei Wochen aus. Das hätte uns noch vor einem Jahr vor echte Probleme gestellt“, sagt Dreyer. Gerade mit Blick auf Großprojekte für Gewerbekunden könne das schmerzhafte Folgen haben.

    Doch durch die größere Teamstärke konnte der Handwerksmeister reagieren. Er zog seinen anderen Lackierer von Privatkundenprojekten ab, damit ein Großauftrag trotz des Ausfalls pünktlich bedient werden konnte. „Je mehr Leute ich habe, desto besser kann ich im Notfall agieren“, schlussfolgert der Unternehmer.

    3. Entwicklungsperspektiven für gute Kollegen

    „Wir haben einige Mitarbeiter, die fast alles können – entsprechend hängt viel von denen ab“, sagt Robert Dreyer. Doch egal wie wertvoll ein Mitarbeiter ist: Mit zunehmendem Alter nimmt auch bei den besten Handwerkern die körperliche Belastbarkeit ab. Und ein Ausfall so eines Mitarbeiters ist umso schmerzlicher.

    „Wir haben den Kollegen jetzt mehr motivierte junge Leute zugewiesen, die sie zu ebenso guten Fachkräften ausbilden können. Gleichzeitig verteilen wir die körperlich anspruchsvollen Arbeiten auf mehr Schultern.“ Solche Entwicklungsperspektiven könne man erst mit einem Team ab einer gewissen Größe bieten.

    4. Freiraum für Optimierungen

    Wer nur im Tagesgeschäft hängt, hat keine Zeit seine Prozesse zu hinterfragen und zu verbessern. „Ich sehe als wichtige unternehmerische Aufgabe Engpässe zu identifizieren und aufzulösen“, sagt Dreyer. Ein Beispiel: Der Betrieb will schneller werden bei der Angebotserstellung. „Manche Fensterangebote schicken wir in 24 Stunden raus, andere brauchen vier Wochen – warum ist die Spanne so groß?“

    Robert Dreyer ist wichtig, solchen Unregelmäßigkeiten mit den Mitarbeitenden auf den Grund zu gehen. Denn nur, wenn man die Ursachen versteht könne man Lösungen entwickeln.

    Im Fall langwieriger Angebote seien die Ursachen vielfältig. Mal liegen sie in der Komplexität eines Auftrags, mal im Fehlen von Standards, weil ein Auftrag stark von den Kernleistungen abweicht oder auch darin, dass ein Auftrag Sonderteile von Kleinlieferanten und damit langwierigen Abstimmungsbedarf beinhaltet. Eine mögliche Lösung: „Wir könnten aufwändige unrentablere Leistungen identifizieren und die Produktlinie verschlanken“, sagt Dreyer.

    5. Mehr Effizienz durch Spezialisierungen

    Wer einmal pro Woche einen Social-Media-Post macht oder dreimal im Jahr an einer öffentlichen Ausschreibung teilnimmt, wird in diesen Aufgaben nur schwer Professionalität und Effizienz gewinnen. Bei der Tischlerei Dreyer wurden sie daher auf einzelne Mitarbeiter konzentriert. Das schafft Routine in der Kernaufgabe und entlastet, weil man sich nicht gleichzeitig um fünf verschiedene Themenbereiche kümmern muss.

    Ein Mitarbeiter beispielsweise kümmert sich im Unternehmen um die Online-Präsenz und generiert mit seinen Kampagnen neue Aufträge und Mitarbeiter für das Team. Die konkreten Angebote zu den Anfragen hingegen schreibt ein anderes Büroteam. Zudem hat der Betrieb auch einen Mitarbeiter, der sich ausschließlich um die Ausschreibungen kümmert. „Hier wollen wir schnell und routiniert sein um die interessantesten Ausschreibungen auch für uns zu gewinnen“, sagt Dreyer.

    Kein Wachstum ohne die passenden Strukturen

    Damit Wachstum tatsächlich mehr Freiheiten und nicht nur mehr Arbeit schafft, müssen die organisatorischen Grundlagen im Unternehmen vorhanden sein oder geschaffen werden. Tischlermeister Robert Dreyer hat diese Grundlagen in den letzten Jahren ausgebaut. Er und sein Team haben die Prozesse des Betriebs analysiert und strukturiert, um sie dann zu digitalisieren. “Gerade am Anfang haben uns Workshops auf Empfehlung der Handwerkskammer Magdeburg sehr geholfen, um überhaupt zu wissen, wo wir anfangen können“, sagt Dreyer.

    Damit das Team Verantwortung übernehmen kann, müsse man nicht nur bereit sein Aufgaben abzugeben, sondern auch die Voraussetzungen schaffen, dass das Team diese Aufgaben übernehmen kann. „Nur wenn alle Informationen, die ein Teammitglied zur Erledigung einer Aufgabe benötigt, vollständig sind und jederzeit von ihm abgerufen werden können, kann es die Aufgabe eigenverantwortlich und strukturiert bearbeiten“, betont Dreyer.

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