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Lenk- und Ruhezeiten

"Mit Kanonen auf Spatzen geschossen"

50 Kilometer um die Firma – weiter dürfen Handwerker mit Transportern nicht fahren, ohne die Lenkzeiten aufzuzeichnen. Polizei und Gewerbeaufsicht schießen sich immer mehr auf "Verkehrssünder" ein.

50 Kilometer um die Firma weiter dürfen Handwerker mit Transportern nicht fahren, ohne die Lenkzeiten aufzuzeichnen. Polizei und Gewerbeaufsicht schießen sich immer mehr auf "Verkehrssünder" ein.

"Das hat nichts mehr mit Verkehrssicherheit zu tun, das ist Terror", schimpft Bauunternehmer Harald Huster. Zweimal hat die Polizei Handwerker seiner Firma dieses Jahr gestoppt. Beide Male ermittelte danach die Gewerbeaufsicht wegen Verstoßes gegen die Fahrpersonalverordnung. Ergebnis in Fall eins: 345 Euro Strafe für den Fahrzeughalter, 185 Euro für den Fahrer. Fall zwei ist noch in der Schwebe. Aber außer Frage zu stehen scheint: Es wird teuer.

Huster hat drei 2,8-Tonner. Zwei setzt er mit schweren Anhängern ein, und das zulässige Gesamtgewicht der Gespanne übersteigt 3,5 Tonnen. Der Gesetzgeber schreibt für solche Vehikel einen Tachografen vor. Doch davon hatte der Brauschweiger Unternehmer "vorher nie gehört". Und als ihm die erste Anzeige ins Haus flatterte, hakte er bei Behörden nach. Ergebnis der Recherche? "Die sind sich über die Auslegung der Vorschriften noch nicht mal selber einig", ärgert sich Huster.

Was der 50-jährige Handwerksunternehmer zu hören bekommen hat, hat fast kafkaeske Züge. "Zuerst haben wir beim Straßenverkehrsamt nachgefragt, dort hat man uns an die Polizei verwiesen. Die Polizei hat gesagt, wir sollen uns an die Gewerbeaufsicht wenden, das Amt hat uns mit dem Hinweis abgewimmelt, dass es die Regelung schon seit den 60er Jahren gibt", erzählt der Chef von 18 Mitarbeitern.

Verwunderlich auch: Einer der Streifenpolizisten drückte Husters Maurern ein Tageskontrollblatt in die Hand mit der Aufforderung, darin künftig die Lenk- und Ruhezeiten einzutragen. Dieses Formular gilt allerdings nur bei Fahrzeugen mit 2,8 bis 3, 5 Tonnen. Nicht bei schweren Gespannen. Solange die keinen Tachografen haben, dürfen sie Handwerker laut Vorschrift nur in einem Umkreis von 50 Kilometern um den Betrieb einsetzen. "50 Kilometer, das ist doch nichts, da komme ich gerade mal bis nach Gifhorn", moniert Huster. "Unsere Baustellen sind oft 100 Kilometer und weiter entfernt."

Wie es aussieht, wird Huster wie schon viele vor ihm nicht umhin kommen, Fahrtenschreiber nachzurüsten. Da seine Lastesel schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, reichen analoge Tachos, digitale Geräte sind nur bei Neufahrzeugen Pflicht. Trotzdem: Um die 50-Kilometer-Barriere mit Gespannen regelkonform zu überwinden, gilt es, rund 1000 Euro pro Auto nachträglich hinzublättern.

Diese Barriere muss weg, sagt Huster. Und mit seiner Forderung steht er nicht allein da. In Niedersachsen macht jetzt die Vereinigung der Handwerkskammern (VHN) Druck bei den zuständigen Ministerien. "Die Regelung ist veraltet. Handwerker sind keine Spediteure, da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen", kritisiert die VHN.

Die Standesvertreter plädieren dafür, den Radius von 50 Kilometer auf 100 bis 150 Kilometer auszudehnen. Manchem Chef ist das noch zu wenig. "Handwerker haben heute Kunden in 200 bis 300 Kilometern Entfernung", betont Elektrotechnikermeister Roland Jensen aus Bissendorf.

(mfi)

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