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100 Meter Holzmast

Zimmern für die Energiewende

In Baden-Württemberg steht Deutschlands umweltfreundlichster Windmessmast. Warum gibt es davon erst einen?

Datensammler
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Benjamin Kienzler ist Zimmerermeister, Energieberater und in Sachen Energiewende Überzeugungstäter. Ohne diese Eigenschaften hätte es seine riesige Entwicklung wohl nie gegeben: Eine 100 Meter hohe Fachwerkkonstruktion, die im Dienst der Energiewende arbeitet.

Seit gut einem Jahr bewährt sich Kienzlers hölzerner Windmessmast bei Wind und Wetter hoch über den Baumwipfeln im Schwarzwald. An ihm sind jede Menge Messinstrumente angebracht, die permanent in mehreren Höhen messen, woher der Wind weht und mit welcher Geschwindigkeit er das macht. Diese Standardprozedur bei Windenergieprojekten hilft, zu ermitteln, wie wirtschaftlich ein Windpark später arbeitet.

Bisher war man dabei allerdings auf stählerne Messmasten angewiesen. Alternativen gab es nicht. Bis zu Kienzlers Entwicklung. „Wir wollten etwas machen, das zur Energieform passt“, sagt der Zimmerermeister. Wenn schon der Strom erneuerbar wird, sollte es am besten auch der Messmast sein.

Neun Monate tüfteln
Anstoß zum Holzmessmast gab ein Windparkprojekt, in dem sich der Zimmerermeister in einer Gruppe von Bürgern engagiert: Die plant unter dem Namen Siventis neun Windenergieanlagen in der Region. Und während die Gruppe nach geeignetem Equipment für die Windmessung suchte, kam die Frage auf, ob so ein Mast nicht auch aus Holz realisierbar wäre. Kienzler tat sich mit einem Schlosser und einem Statiker zusammen und neun Monate später war klar: Es ist möglich.

Aus neun Tonnen heimischer Weißtanne und einigen hundert Kilogramm Stahl entstand der erste hölzerne Windmessmast. Er besteht aus elf Segmenten mit je neun Metern Höhe und einer quadratischen Grundfläche von 1,4 mal 1,4 Metern. Abspannseile, die in verschiedenen Höhen schräg vom Mast zum Boden laufen, sorgen für die Standsicherheit der Konstruktion.

Welche Pläne der Zimmerermeister mit dem Mast hat, lesen Sie auf Seite zwei.

Langwierige Vermarktung

Hoch hinaus
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Im Oktober ist die Windmessung für den Siventis-Windpark abgeschlossen. Dann soll die Fachwerkkonstruktion abgebaut werden. „Wir suchen jetzt ein neues Projekt für den Messmast“, sagt Kienzler. Mit drei Interessenten sei man im Gespräch. Möglich sind Neuanfertigungen oder eine Miete des bestehenden Prototyps.

Dass die Windenergiebranche dem Holzturmanbieter noch nicht die Tür eingerannt hat, wundert Kienzler weniger. Bislang habe man vor allem regional versucht, den Messmast bekannt zu machen. „Viele Projekte, die hier geplant sind, befinden sich noch in einer frühen Planungsphase.“ Schließlich dauert die Projektentwicklung bei der Windenergie mehrere Jahre.

Außerdem musste sich der Prototyp zunächst profilieren und zeigen, dass er den Anforderungen gewachsen ist. „Mittlerweile haben wir aber auch Kontakt zu einigen großen Projektentwicklern“, sagt Kienzler.

Eine neue Bestellung könnte Kienzlers zwölfköpfiger Betrieb Zimmerei-Innenausbau Kienzler GmbH innerhalb von sechs Wochen Lieferzeit bedienen. Jeder neue Mast lässt sich mehrfach verwenden, steht also verschiedenen Projekten zur Verfügung. „Der Aufbau vor Ort nimmt vier bis fünf Tage in Anspruch“, sagt Kienzler.

Sicherer Aufstieg
Auch einen wesentlichen Nutzervorteil verspricht der Holzmast gegenüber herkömmlichen Windmessmasten: Sein integriertes Leitersystem verläuft innen. So ist es gefahrlos möglich und erlaubt, Techniker ohne Spezialausbildung zu Wartungszwecken auf den Mast zu schicken. Herkömmliche Messmasten hätten das laut Kienzler nicht. „Da braucht es dann einen Industriekletterer.“

Aber was, wenn 100 Meter Messmast nicht ausreichen, schließlich werden heutige Windenergieanlagen immer höher? Benjamin Kienzler gibt sich zuversichtlich:„Wenn eine Anfrage für einen höheren Mast kommt, würden wir es durchrechnen.“ Und wie sieht es mit dem Preis aus? „Wir sind wettbewerbsfähig“, sagt der Zimmerermeister.

(deg)

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