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Zoll: Mindestlöhne im Visier

Teure Ausweiskontrollen auf dem Bau

Kontrollen am Bau bringen immer wieder böse Überraschungen mit sich. Elektro-Handwerker Marc Sander zum Beispiel muss jetzt ein paar Hundert Euro zahlen - für eine Formalie. So schützen Sie sich gegen Überraschungen!

Für Marc Sander war es nicht die erste Mindestlohn-Kontrolle, die der Zoll stichprobenartig durchführt. "Die Kontrollen sind ja nicht neu und auch sinnvoll im Kampf gegen schwarze Schafe", betont der Geschäftsführer der Elektro-Bartels GmbH in Goslar.

Haben Sie Ihre Mitarbeiter über die Ausweispflicht informiert?
Dennoch erwischten ihn die Kontrolleure von der sogenannten Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) auf dem falschen Fuß: Nicht bei den Löhnen und Arbeitszeiten wurden die Beamten fündig, sondern bei der Kontrolle der Personalausweise.

Die müssen nämlich Arbeitnehmer in einigen Branchen ständig bei sich führen. Zudem müssen die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter schriftlich auf diese Pflicht hinweisen und sich das schriftlich bestätigen lassen.

"Diese schriftlichen Nachweise wollten die Beamten das erste Mal von uns sehen", berichtet Sander. Bei allen Neueinstellungen hatte sich der Unternehmer auch eine entsprechende Unterschrift geben lassen. "Aber bei einigen Mitarbeitern, die schon sehr lange bei uns sind, hatten wird nicht daran gedacht."

Die Folge: 20 Euro Bußgeld pro betroffenen Mitarbeiter muss die Firma nun zahlen. Ein paar Hundert Euro kommen bei Sander da zusammen. Damit es nicht auch anderen Kollegen so geht, rät Sander nun dazu, sich schnellstens die entsprechenden Unterschriften von den Mitarbeitern zu besorgen.

Wozu die Ausweiskontrollen?
Zur schnellen Entlarvung schwarzer Schafe sei die Kontrolle auch der Personalausweise allerdings schon sinnvoll, berichtet Cornelia Höltkemeier, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen: "Die FKS soll überprüfen, ob Mindestentgelte gezahlt werden. Dazu gehört es auch zu überprüfen, wen man gerade vor sich hat." Also, ob der Mitarbeiter, der gerade vor den Prüfern steht, auch der ist, der in den Papieren geführt und bezahlt wird.

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Welche Branchen sind betroffen?

Die Kontrollen drohen also allen Handwerksbetrieben, in denen Mindestlöhne gezahlt werden: Im Handwerk sind das zurzeit das Baugewerbe, das Elektrohandwerk, das Dachdeckerhandwerk, die Gebäudereiniger und die Maler und Lackierer.

Eine regelrechte Pflicht zur Mitführung von Ausweisen gibt aber für noch mehr Gewerke, berichtet Höltkemeier. Betroffen sind:

  • Baugewerbe
  • Dachdecker
  • Gerüstbauer
  • Fassadenreiniger,
  • Fußboden- und Parkettleger,
  • Glaser,
  • Installationsgewerbe (insbesondere Klempnereien, Klimaanlagenbau, Gas-, Wasser-, Heizungs-, Lüftungs- und Elektroinstallationen, Blitzschutz- und Erdungsanlagenbau),
  • Maler und Lackierer
  • Tischler
  • Reiner Stahl-, Eisen-, Metall- und Leichtmetallbau.

Welche Personen sind betroffen?

Die Pflicht gelte für alle Mitarbeiter, berichtet Höltkemeier: für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte, Poliere, Inhaber, Azubis, Minijobber, Teilzeitkräfte und Praktikanten.



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So informieren Sie Ihre Mitarbeiter korrekt!

Juristin Höltkemeier rät Betrieben dieser Branchen dringend, alle Mitarbeiter und Auszubildenden zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses schriftlich auf die "Mitführungs- und Vorlagepflicht von Ausweispapieren" hinzuweisen.

Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen sollten die Betriebe das dringend nachholen, indem sie einen gesonderten Hinweisbogen aushändigen und sich das bestätigen lassen. "Der Arbeitgeber muss diesen schriftlichen Hinweis während des gesamten Beschäftigungsverhältnisses in den Lohnunterlagen aufheben."

Auch bei mündlich geschlossenen Arbeitsverträgen müsse der Hinweis auf die Mitführungspflicht schriftlich erfolgen.

Was droht bei Verstößen?
Gemäß Schwarzarbeitsgesetz kann ein Verstoß gegen diese Pflicht mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro belegt werden.

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Und was kontrolliert die FKS noch - außer den Personalausweisen?

Die FKS soll prüfen, ob sich Unternehmen an das Arbeitnehmerentsendegesetz halten. Konkret: Bekommen die Mitarbeiter tatsächlich den Mindestlohn?

Wie die FKS das kontrolliert, erläutert Rechtsanwalt Giso Töpfer, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbe-Verbands Sachsen-Anhalt:

  • Aufzeichnungspflicht: Betriebe müssen gemäß Paragraf 19, Absatz 2a des Entsendegesetzes Anfang, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeiten aufzeichnen. Das gelte für alle gewerblichen Mitarbeiter, auch für Leiharbeiter.

  • Aufbewahrungspflicht: Die entsprechenden Nachweise müssen Betriebe zwei Jahre aufbewahren und auf Verlangen der Fahnder auf der Baustelle bereithalten.

  • Gestaltungspflichten: "Vorschriften, wie ein Betrieb den Nachweis erbringt, gibt es im Entsendegesetz nicht", betont Töpfer. Für die FKS komme es jedoch darauf an, dass sie die Angaben lückenlos nachvollziehen kann. Daher sollte der Nachweis unbedingt neben den Angaben zu Anfang, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeiten und Dauer der Pausen auch das jeweilige Datum und den Namen des Mitarbeiters enthalten. Ob diese vollständigen Angaben auf einem Stundenzettel, in einer Excel-Tabelle oder in anderer Form geführt werden, spiele dabei keine Rolle.

Wer ist verantwortlich für den Nachweis?

"Verantwortlich für den Nachweis gegenüber der FKS ist immer der Arbeitgeber, auch wenn er die Aufgabe delegiert", betont Töpfer.



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Wie sollten sich Unternehmer bei Kontrollen verhalten?

Betriebe hätten eine Mitwirkungspflicht, betont Töpfer. "Sonst droht ein Bußgeld." Habe ein Unternehmer Sorge, dass die Nachweise nicht ganz ordnungsgemäß sind, solle er einen Rechtsbeistand oder seine Innung informieren.

"Spätestens wenn die FKS Unterlagen mitnimmt, einen Anhörungsbogen schickt oder Unterlagen nachfordert, sollte man sich Hilfe holen", empfiehlt Töpfer.

Welche Folgen haben Verstöße?
Führt ein Betrieb den Nachweis nicht korrekt, so könne die FKS ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro verhängen, berichtet der Experte. Zudem droht ein Eintrag ins Gewerbezentralregister. "Das kann den Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen zur Folge haben."

Richtig teuer kann es allerdings werden, wenn die FKS mehr findet als nur ein paar unvollständige Nachweise, warnt Töpfer: "Hat ein Betrieb nachweislich nicht die Mindestlöhne gezahlt, dann kann der Zoll die wirtschaftlichen Vorteile für das Unternehmen berechnen und abschöpfen. Dann kann ein Bußgeld von bis zu insgesamt 500.000 Euro drohen."

(jw)

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