Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Existenzgründung

Marketing ohne Meisterbrief

Können Handwerker ohne Meisterbrief mit Meisterbetrieben konkurrieren? Lukrative Kunden lassen sich auch ohne Meisterbrief gewinnen, meint Sönke Petersen-Jahn. Der Unternehmensberater gibt Tipps für ein konsequentes Ohne-Meister-Marketingkonzept.

Was bringt der Meisterbrief heute?

Der Meisterbrief sollte den Verbraucher vor unsachgemäßen Handwerksleistungen schützen. Meisterbetriebe erfuhren deshalb vor allem bei älteren Verbrauchern eine hohe Wertschätzung. Gründe hierfür sind:

Vertrauensbasis: Schon der Begriff Meister ist äußerst positiv belegt.

Know-how: Der Meisterbrief gewährleistet einen hohen fachlichen Ausbildungsstand.

Sicherheit: Die Einbindung der Meisterbetriebe in Innungen und Kammern erhöht das Vertrauen, weil diese Streitfälle klären können.

Heute schwinden diese Effekte, vor allem bei den jüngeren Verbrauchern. Die Ursachen:

Verbraucherbewusstsein: Kunden fordern aggressiver ihre Rechte. Ihnen sind Ergebnisse wichtiger als die Qualifikation des Anbieters.

Zunahme von fachlichen Mängeln: Zumindest in der Wahrnehmung der Kunden liefern auch vermeintliche Fachbetriebe fehlerhafte Leistungen ab - oft auf Grund wettbewerbsbedingt suboptimaler Preise.

Schwache Bindung: Jüngere Verbraucher wachsen oft in einer Umgebung auf, in der ein Meisterbrief praktisch keine Rolle spielt. Der direkte Kontakt zu Handwerkern fehlt.

Als Folge bröckelt die Bedeutung des Meisterbriefs. Das bietet Chancen für Unternehmen, ohne das Zertifikat.

Kein Meisterbrief: Konsequenzen für das Marketing

Wer ohne Meisterbrief an den Markt geht, kann durchaus erfolgreich agieren. Zwar verändern sich die Rahmenbedingungen für sein Marketing, aber es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, das Marketing aktiv an die heutigen Märkte anzupassen - und erfolgreich zu sein. Die wichtigsten Voraussetzungen hierfür sind:

Imitieren Sie nicht die Konzepte der Konkurrenz

Meist wird dort der Meister in den Mittelpunkt gestellt. Bei vielen Kunden ist allerdings fraglich, ob die Botschaft "Meisterbetrieb" überhaupt noch Relevanz für die Entscheidung hat. Manch ein Kunde wird sich womöglich fragen, ob er beim Meister nicht eine teure Ausbildung bezahlt, von der er gar keinen Nutzen hat.

Passende Zielgruppendefinition

Konzentrieren Sie sich nicht auf Kunden, die den Meisterbrief als Vertrauensbeweis benötigen. Suchen Sie Kunden, denen das Ergebnis wichtiger ist als die Ursache. Diese Kunden werden häufig eher jünger sein - oder schlechte Erfahrungen mit Meisterbetrieben gemacht haben.

Qualitätsziel Unternehmensleistung

Definieren Sie Ihre gesamte Unternehmensleistung als Qualitätsziel, nicht nur die einzelnen Produkte. Zeigen Sie dem Kunden, dass erfolgreiche Produkte nur ein Nebenergebnis eines überzeugenden Unternehmenskonzeptes sind. Saubere Baustellen, freundliche Mitarbeiter, stressfreie Verhandlungen und Reklamationsbearbeitung sind Argumente, die für Kunden viel schwerer wiegen als ein dekoratives Zertifikat im Büro.

Angepasstes Leistungsprogramm

Bieten Sie vor allem Leistungen an, die nicht in die Kernkompetenz der Meister fallen. Hilfreich kann hier zum Beispiel extreme Spezialisierung sein. Trockenbauunternehmen sind ein gutes Beispiel: Sie konzentrieren sich auf den schnellen, preiswerten Innenausbau, sind dadurch preiswert und attraktiv. Nebenbei nehmen Sie den Meistern oft ein eher ungeliebtes Geschäftsfeld ab.

Zielgerichtete, klare Kommunikation mit dem Kunden

Werbung und Akquise sollten klar die Qualität Ihrer Unternehmensleistung in den Mittelpunkt stellen. Machen Sie dem Kunden klar, wie er von Ihnen profitiert. Zeigen Sie bei jedem Kontakt, dass Sie ein kundenorientiertes Konzept haben.

Professionelle Kundenbetreuung

Das ist weit mehr als pünktlich auf der Baustelle zu sein. Definieren Sie klare Zuständigkeiten, möglichst nur einen Ansprechpartner. Dieser erarbeitet Problemlösungen gemeinsam und aktiv mit den Kunden und betreut den Kunden auch über die Übergabe hinaus. Oft reicht es, in zeitlichen Abständen nachzufragen, ob alle Leistungen weiterhin fehlerfrei sind. Im Nebeneffekt könnte dies bewirken, dass Sie Mängel vom Kunden erfahren, ehe sie richtig teuer werden. Und nicht selten wird Ihr Kunde noch eine Idee haben, was er Ihnen noch abkaufen könnte.

Entscheidend für Ihren Erfolg wird dann weniger die Frage sein, ob Sie Meister sind oder nicht. Viel mehr ist es die Konsequenz, mit der Sie und Ihre Mitarbeiter ein Marketingkonzept umsetzen, das auch ohne Zertifikate beim Kunden ankommt. Zufriedene Kunden sind wesentlich wichtiger als zufriedene Prüfer an der Meisterschule.

Sönke Petersen-Jahn

Der Autor ist freier Unternehmensberater, Trainer und Dozent mit dem Schwerpunkt Marketing für kleine Unternehmen und Existenzgründung. Seine Erfolgsformel heisst "umfassende Kundenorientierung". Kontakt: Horticon Sönke Petersen-Jahn Unternehmensberatung, Davenstedter Str. 60, 30453 Hannover, Tel.: (0511) 2 61 74 75, Fax: (0511) 2 61 74 76, Internet: www.horticon.de, E-Mail: horticon@htp-tel.de.

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Michael Richter ist Prokurist und Betriebsstellenleiter 

Unternehmensfinanzierung

Durch Nachkalkulation von roten zu schwarzen Zahlen

Geht die ursprüngliche Kalkulation auf? Das prüft Michael Richter mit konsequenter Nachkalkulation. So mancher Fehler bleibt nun aus, verrät der Prokurist.

    • Unternehmensfinanzierung
Stefan Peter mit seinem 3D-Laserscanner: „Mittlerweile messen wir fast alles mit dem System auf.“

Holzhelden

Mit Lust am Fortschritt digital durchgestartet

Vom „Meister-Eder-Betrieb“ zum Digitalspezialisten: Stefan Peter hat seine Schreinerei in 20 Jahren komplett transformiert. Aktuelles Highlight: ein hochpräziser Laserscanner.

    • Holzhelden, Strategie, Digitalisierung + IT
Schluss mit Handwerk: Michael Hoff hat seinen Straßenbaubetrieb in Husum geschlossen. Der Grund: Die Arbeit mache „keinen Spaß mehr, wenn jeder Handschlag derart überreguliert und kontrolliert wird“.

Politik und Gesellschaft

Betrieb geschlossen „bevor uns die Bürokratie kaputt macht“

Michael Hoff liebt seine Arbeit. Doch die Bürokratie sei für einen Handwerksbetrieb nicht mehr zu bewältigen. Trotz guter Auftragslage zieht Hoff die Konsequenzen.

    • Politik und Gesellschaft
Mitteilungen zu Verkehrsverstößen der Mitarbeiter mit dem Dienstwagen landen  immer beim Chef. Im Zeugenfragebogen wird der Verursacher angegeben, um dadurch den Halter zu entlasten. Dabei ist einiges zu beachten.

Personal

Verkehrsverstöße im Team: Was Chefs nicht tun sollten

Eine Bußgeldbehörde schickt Ihnen einen Zeugenfragebogen: Was tun? Wenn Sie keine Angaben machen, kann das erhebliche Konsequenzen für Ihr gesamtes Team haben.

    • Personal