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Corona

Nun doch weiter Lohnfortzahlung für Ungeimpfte?

Covid-19: Wer ungeimpften Mitarbeitern in Quarantäne die Lohnfortzahlung verweigert, geht ins Risiko. Denn ein Gericht könnte Arbeitgeber zur Zahlung zwingen.

  • Arbeitgeber könnten auch weiterhin auf den Kosten der Lohnfortzahlung für ungeimpfte Mitarbeiter in Quarantäne sitzenbleiben. Der Grund ist eine umstrittene Regelung zur Lohnfortzahlung, die Betrieben schon in den vergangenen Monaten unerwartete Kosten beschert hatte.
  • Dass Behörden Ungeimpften in einer Covid-19-Quarantäne nach einem Beschluss der Gesundheitsminister vom 1. November an keine Entschädigung mehr zahlen, bedeutet jedenfalls nicht automatisch, dass Betriebe die Zahlung einfach einstellen dürfen.
  • Das Handwerk fordert Korrekturen an den gesetzlichen Regelungen, weil Betriebe sonst schlechter gestellt würden als Behörden.
  •  „Keine Entschädigung auf Kosten der Allgemeinheit“ – so hat es die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) fünf Tage vor der Bundestagswahl beschlossen: Es gebe ausreichend Impfstoffe und Impfangebote gegen Covid-19. Daher sollen die zuständigen Behörden vom 1. November an ungeimpften Arbeitnehmern keine Entschädigung mehr zahlen, wenn sie als Kontaktperson eines Infizierten oder als Rückkehrer aus einem Risikogebiet in Quarantäne müssen.

    Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ändert sich dadurch jedoch vorerst nichts. Arbeitgeber waren in der Quarantäne bisher schon in der Pflicht zur Lohnfortzahlung – und werden es nach Stand der Dinge auch erst einmal bleiben. Denn die Rechtslage ist nicht so einfach, wie der Beschluss der Gesundheitsminister klingt. Das zeigt ein Statement des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH): „Aktuell ist zu befürchten, dass Arbeitgeber im Quarantänefall eines ungeimpften Mitarbeiters weiterhin zur Vorleistung der Lohnzahlung verpflichtet sind“, teilt der Verband mit. Folglich liefen Betriebe Gefahr, „auf ihren Kosten sitzen zu bleiben“.

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    Arbeitgeber weiter in der Pflicht zur Lohnfortzahlung

    Das liegt an zwei Gesetzen: Gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) haben Arbeitnehmer in der Quarantäne Anspruch auf eine behördliche Entschädigung – vorausgesetzt, sie hatten einen Verdienstausfall und keine Impfmöglichkeit. Zudem müssen Arbeitgeber gemäß IfSG Löhne in der Quarantäne weiter zahlen und können sich das Geld erstatten lassen.

    Praktisch jedoch blieben Arbeitgeber häufig auf den Kosten sitzen. Das liegt an § 616 BGB: Der verpflichtet Betriebe zur Lohnfortzahlung, wenn ein Mitarbeiter „ohne sein Verschulden“ für eine kurze Zeit ausfällt. Die Auslegung des § 616 ist umstritten, doch Gerichte und Behörden entschieden zu Lasten der Betriebe: Beschäftigte seien nicht schuld an der angeordneten Quarantäne, die zudem nur kurz sei. Folglich hätten sie Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Betrieb. Das bedeutete gemäß Infektionsschutzgesetz: kein Verdienstausfall, kein Entschädigungsanspruch, kein Ausgleich für Arbeitgeber.

    Doch nun gibt es flächendeckende Impfangebote und die Gesundheitsminister haben die Entschädigung für Ungeimpfte offiziell kassiert. Bleibt für die Lohnfortzahlung also nur der § 616 BGB – und eine Frage: Ist die Quarantäne selbst verschuldet, wenn sich ein Beschäftigter nicht impfen lässt? Da es keine gesetzliche Impfpflicht gibt, fällt eine klare Antwort Juristen schwer. Das werde „wohl erst durch die Rechtsprechung final geklärt werden“, sagt auch der ZDH. Die Lohnfortzahlung in so einem Fall einzustellen, mag der Verband den Betrieben jedenfalls nicht empfehlen.

    Keine Entschädigung für Ausbildungsvergütung

    Ähnlich ist die Lage für Ausbildungsbetriebe. Entschädigungszahlungen sieht das Infektionsschutzgesetz für Azubis in Quarantäne nicht vor; dort geht es nur um Arbeitnehmer. Stattdessen hatten Auszubildende bisher schon Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung nach § 19 des Berufsbildungsgesetzes. Daran wird sich nach Einschätzung des ZDH auch nichts ändern: „Auch wenn die behördliche Quarantäneanordnung komplett außerhalb des betrieblichen Umfelds des Ausbildungsbetriebs liegt“, sei der Betrieb „dennoch verpflichtet, die Ausbildungsvergütung sechs Wochen lang fortzuzahlen“.

    Handwerk fordert rechtliche Gleichstellung

    Der ZDH sieht die aktuelle Rechtslage kritisch. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die rechtliche Position der Arbeitgeber nicht gleichgesetzt wurde mit der Position der Behörden, die nun keine Entschädigungen mehr zahlen müssen. Hier sei eine „klarstellende Rechtsänderung“ erforderlich. Ziel müsse es sein, dass „künftig die Vorauszahlungspflicht ebenso wie die alleinige Verpflichtung zur Kostentragung für ungeimpfte Arbeitnehmer im Quarantänefall entfallen“.

    Ebenso setzt sich der ZDH weiterhin für eine Änderung der Rechtslage bei Auszubildenden ein, „um die Betriebe von diesen Kosten zu entlasten und die Ausbildungsbereitschaft zu fördern – und diese nicht durch weitere Mehrbelastungen auszubremsen“.

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