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Nur schöner Schein?

Nur schöner Schein?

Attraktives Outfit und inneres Wohlbefinden liegen voll im Trend. Auch die Kosmetikbranche will sich selbstbewusster präsentieren. Doch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie stoppte kurzfristig das Verfahren zum Erlass der Ausbildungsordnung für Kosmetiker.

Ruhe herrscht in dem kleinen Raum. Nur ab und zu sind seichte, leise Geigenklänge in dem Kosmetikstudio zu vernehmen #8211; Entspannungsmusik pur. Mit regelmäßig kreisenden Bewegungen massiert Simone Schulz Gesicht und Dekolletee ihrer Kundin. Immer wieder streicht die Kosmetikerin mit ihren Händen über die leicht eingefettete Haut, bevor sie eine sandfarbene Gesichtsmaske auf Stirn, Wangen, Nase und Kinn aufträgt. "Ruhe und Konzentration sind hierbei sehr wichtig", weiß Schulz.

Eine Stunde dauert eine solche Gesichtskosmetik, die mit einem Peeling und dem Reinigen der Haut beginnt. Nach Wunsch werden die Augenbrauen gezupft und gefärbt. "Die Zeit ist immer viel zu schnell vorbei", sagt die Kundin und verabredet sich mit Simone Schulz für einen nächsten Termin in vier Wochen.

Auch Hausbesuche gehören zum Geschäft

Seit 1996 ist die Kosmetikerin selbstständig. Zu ihren Aufgaben gehören neben der Gesichtsbehandlung auch Fußpflege, Maniküre und Nageldesign. Mittwochs ist die Magdeburgerin "auf Tour" und macht Hausbesuche. "Besonders ältere Leute gehören an solchen Tagen zu meiner Stammkundschaft", erzählt Schulz. "Sie freuen sich schon im Vorfeld sehr auf den Termin mit mir." Ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme ihrer Kunden muss die 37-Jährige dabei immer haben und manchmal auch mit Rat und Tat zur Seite stehen. "Schön ist es aber, wenn ich auch durch meine Körperpflege das Selbstwertgefühl der Menschen wieder etwas stärken kann und sie mit neuer Kraft den weiteren Tag bestreiten."

Kosmetikerin ist nicht der erste Beruf von Simone Schulz. Sie arbeitete zuvor als Korrektorin bei der Zeitung "Magdeburger Volksstimme". Kurz nach der Wiedervereinigung wurde sie arbeitslos. "Angeregt von meiner eigenen Kosmetikerin, zu der ich schon über Jahre ging, nutzte ich die Chance, mich auf diesem Gebiet weiterzubilden." Schwer sei ihr diese zweite berufliche Qualifikation nicht gefallen, war doch die private Begeisterung für diesen Beruf schon gegeben.

Schönheitspflege wird heute groß geschrieben. Zur neuen Trendfrisur gehört ein modisches Make-up, zum attraktiven Outfit das innere Wohlbefinden. Rund 27.000 eingetragene Kosmetikbetriebe gibt es in Deutschland. Das Interesse vieler junger Menschen für diesen Beruf wächst.

Ausbildungsordnung kurzfristig gestoppt

Um den Trend dieser Branche zu unterstützen, sollte für das Fach Kosmetik ab dem 1. August 2001 eine eigenständige Ausbildungsordnung erlassen werden. Mehrere tausend Betriebe haben die Bereitschaft signalisiert, Lehrlinge zu diesem Termin einzustellen, erklärt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin. Vor allem aus den neuen Bundesländern, in

denen dieser Beruf einst zum Vollhandwerk gehörte, seien erfreuliche "Ausbildungskapazitäten" gemeldet gewesen. Allein im Kammerbezirk Potsdam haben von 315 Kosmetikern rund 70 ihre Bereitschaft zur Ausbildung eines oder mehrerer Lehrlinge erklärt, vermeldet der ZDH. Doch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) stoppte nun kurzfristig das Verfahren zum Erlass der Ausbildungsordnung für Kosmetiker. Grund: Länder und Handwerkskammern lehnten die vorerst fünfjährige Geltungsdauer ab. Sie mahnten eine längere Planungssicherheit für die berufliche Bildung an. Das BMWi hingegen wollte die Verordnung als Zugeständnis an die bisher ausbildenden Kosmetikschulen zeitlich begrenzen. Denn diese privaten Institute erhalten bis jetzt für ihre Ausbildung eine staatliche Förderung. Durch eine unbefristete Ausbildungsordnung wären diese Gelder in Gefahr.

Am 1. August 2003 soll nun nach Angaben des BMWi die beabsichtigte Ausbildungsordnung in Kraft treten #8211; wie, steht allerdings noch in den Sternen. Die Kosmetikschulen sollen aber Zeit erhalten, sich an die "für sie neue Situation im Wettbewerb mit der dualen Ausbildung" zu gewöhnen.

Simone Schulz unterstützt den Vorstoß im Kosmetikfach. "Es ist wichtig, dass unser Beruf eine eigene Ausbildungsordnung erhält." Für viele junge Menschen, die Interesse an diesem Handwerk haben, sei eine private Ausbildung kaum möglich.

Auch Visagistin und Kosmetikerin Anja Schalkowski aus Hannover ist dieser Meinung. "Eine dreijährige Lehrzeit in einem Salon mit Theorie und Praxis ist notwendig, um sein Handwerk detailliert beherrschen zu können." Nur so ist sei es möglich, mit bestem Wissen und Gewissen den wachsenden Kundenwünschen zu entsprechen.

Starke Nerven bei Hochzeiten

Vor elf Jahren machte sich Schalkowski selbstständig. Voraus ging für die 31-Jährige eine Ausbildung zur Drogistin in einer Parfümerie. Sie schulte sich auf einem Kosmetikinternat zur Fachkosmetikerin weiter. Im Anschluss an die Lehrzeit belegte sie am gleichen Internat einen Visagisten-Kurs. "Den Leuten mit kleinen Dingen #8211; wie dem Schminken #8211; helfen zu können", ist ihr sehr wichtig. Make up aller Art, Ball- und Brautservice, Schminkkurse für Laien oder auch Henna-Malereien gehören zum Angebotskatalog der Hannoveranerin. "Vor allem in der "Hochzeit" der Hochzeiten #8211; von Mai bis September #8211; gibt es für mich immer sehr viel zu tun", erzählt Schalkowski. "Da sind oft starke Nerven gefragt." Denn die aufgeregten Bräute und Brauteltern bringen "manchmal viel Wirbel" in die letzten Vorbereitungen. Doch solche Momente, in denen noch dazu unter Zeitdruck gearbeitet wird, kennt die Kosmetikerin zur Genüge. Auf der EXPO im vergangenen Jahr bewies sie mit einem Stylistenteam großes Durchhaltevermögen. "Zur Einweihung des ,Planet m #8217; sollten wir 40 Hostessen, die für die Gästebetreuung zuständig waren, in fünf Stunden schminken und frisieren." Doch aus den fünf Stunden wurden vier und aus den 40 Hostessen 63. "Wir haben es trotzdem geschafft", erinnert sich Schalkowski.

Auch das Mutzusprechen gehört zu ihrem Beruf. Denn die letzten Minuten vor den großen Auftritten verbringen die Leute häufig in der Maske. "Wieviel Verantwortung man bei diesem Beruf übernimmt, ist den meisten gar nicht bewusst."

Henna-Tatoos liegen im Trend

Neuerungen steht die engagierte Frau immer wieder sehr aufgeschlossen gegenüber: So bietet sie seit zwei Jahren Henna-Malereien an. Gelernt hat sie diese Fähigkeit in Dubai. "Als ich mich damals für dieses Handwerk interessierte, gab es in Deutschland noch keine Möglichkeiten, es zu erlernen." Also flog sie in das Scheichtum am Persischen Golf. Dort brachten ihr arabische Frauen in einem kleinen Frisörsalon die Henna-Malerei bei. Die dazu benötigten Materialien bezieht sie noch heute von ihnen. Auf dem jährlich stattfindenen Maschsee-Fest und vielen anderen Veranstaltungen in und um Hannover zeigt Schalkowski immer wieder ihr ausgefallenes Können: kunstvolle Ornamente auf Fingern, Händen, Oberarmen, Schultern oder auf Wunsch auch auf Dekolletees. "Das, was die Leute mögen, liegt im Trend, und die Kosmetik gehört schon immer dazu."

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