Foto: locrifa - Fotolia.com

Recht

So funktioniert eine Baubehinderungsanzeige

Verzögerungen im Bauablauf können für Betriebe teuer werden – auch wenn sie daran keine Schuld tragen. Mit einer Baubehinderungsanzeige können Sie sich rechtzeitig absichern.

Auf einen Blick:

  • Auf der Baustelle kommt es oft zu Verzögerungen im Bauablauf. Allerdings zeigen Handwerker Baubehinderungen selten an.
  • Baubehinderungsanzeigen mit einer konkreten Bauablauf-bezogenen Darstellung sind aber die Voraussetzung dafür, dass Handwerksbetriebe eine Verlängerung für Ausführungsfristen bekommen und um daraus resultierende Ansprüche geltend machen zu können.
  • Wie eine Baubehinderungsanzeige auszusehen hat, ist in der VOB/B genau geregelt. Im BGB gibt es keine eigenen Regelungen für Baubehinderungsanzeigen.

Baubehinderungsanzeige – das ist so ein Thema, das Klaus Müller (45) immer mal wieder durch den Kopf geht. Mehr aber auch nicht. Natürlich kennt der Schreinermeister das Problem: Verzögerungen am Bau. Mal werde ein Vorgewerk nicht wie geplant fertig, mal gäbe es Verzögerung in der Bauplanung. Bis jetzt habe er immer Glück gehabt, sagt der Geschäftsführer eines Betriebs im baden-württembergischen Lautenbach, der auf die Fertigung von Fenstern und Türen spezialisiert ist.

Aber für den Ernstfall wüsste Müller schon ganz gerne, auf was es ankommt: „Was ist genau zu tun, wie mache ich das?“ Und schickt schließlich eine E-Mail an die Redaktion von handwerk.com – ob wir nicht mal darüber berichten wollen.

Klaus Müller will es wissen, und wir jetzt auch. Also haben wir nachgefragt. Hier sind die Antworten auf seine Frage:

Warum ist eine Baubehinderungsanzeige wichtig?

Die Baubehinderungsanzeige ist wie eine Betriebshaftpflichtversicherung: Risikovorsorge. Keine Versicherung zu haben, ist ein Fehler, selbst dann, wenn bis jetzt alles gut gegangen ist. Denn wenn es einen Schaden gibt, wird der groß sein – und der Aufwand der Risikovorsorge ist im Vergleich dazu gering. Genau wie bei der Baubehinderungsanzeige.

Auf die Baubehinderungsanzeige zu verzichten, sei ein Fehler, bestätigt Bernd Hinrichs, Fachanwalt für Baurecht aus Aurich. Er sieht darin ein großes Problem. Verzögerungen am Bau kosten viel Geld – und dann wird nach einem Schuldigen gesucht. Es drohen Vertragsstrafen und Schadenersatzforderungen. Und die können bei einem Bauvorhaben schnell erhebliche Größenordnungen erreichen.

Gegen solche Ansprüche können sich Betriebe durch eine Baubehinderungsanzeige schützen.

Was gehört in eine Baubehinderungsanzeige?

Wie Betriebe dabei vorgehen müssen, ist nach Rechtsanwalt Hinrichs in § 6 Abs. 1 VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) geregelt:

  • Demnach müsse eine Baubehinderung grundsätzlich schriftlich angezeigt werden,
  • direkt an den Bauherren adressiert sein und
  • unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) erfolgen.

Für Werkverträge nach BGB gebe es keine eigenen Regelungen. In der Praxis seien aber die gleichen Regeln anzuwenden wie bei VOB/B-Verträgen.

„Es reicht nicht aus, wenn Handwerker dem Bauherrn schriftlich mitteilen, dass ein Schal- und Bewehrungsplan fehlt und sie deshalb nicht arbeiten könnten“, sagt Hinrichs. Vielmehr müssten sie in einer Baubehinderungsanzeige mindestens drei wichtige Punkte darlegen:

  • Sie müssen dem Bauherrn mitteilen, welcher genaue Sachverhalt sie bei der Ausführung welcher geplanten Tätigkeit hindert.
  • Außerdem müssen sie angeben, was der Bauherr unternehmen kann, um den hindernden Umstand abzustellen. So kann der Betrieb den Bauherrn etwa dazu auffordern, den konkret benannten fehlenden Schal- und Bewehrungsplan zur Verfügung zu stellen.
  • Schließlich müssen sie erläutern, wie es sich auf den geplanten Bauablauf auswirkt, sollte der Mangel nicht abgestellt werden.

Hinrichs zufolge muss eine Baubehinderungsanzeige keine Angaben zu möglichen Kosten enthalten. Dennoch rät der Jurist, mögliche Mehrkosten wenigstens grob anzugeben. Denn dann könne der Bauherr besser abwägen, ob die Behebung dieses Problems für ihn aus Kostengründen wirklich Priorität habe, oder ob es womöglich das kleinere Übel sei.

Wer kann bei einer Baubehinderung helfen?

Die Baubehinderung muss korrekt angezeigt werden. Dies ist Grundvoraussetzung, um zu erreichen, dass die Ausführungsfristen verlängert werden und daraus resultierende Ansprüche des Handwerkers geltend gemacht werden können. Voraussetzung dafür ist weiter eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung des Bauvorhabens. Denn nur so kann sie später vor Gericht bestehen.

Wer sich nicht sicher ist, welche Informationen er für die Baubehinderungsanzeige braucht, der muss sich nicht alleine durch den Papierkram quälen: „Im Zweifelsfall sollten sich Betriebe rechtzeitig einen Profi auf die Baustelle holen, der sich mit der Dokumentation auskennt“, sagt Hinrichs. Es gebe etwa Ingenieurbüros, die sich auf Baubehinderungssachverhalte spezialisiert hätten.

Wann und wie muss eine Baubehinderungsanzeige erfolgen?

Wann ist eine Baubehinderungsanzeige genau zu stellen? Nach Einschätzung von Philipp Mesenburg vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) ist das Gesetz hier eindeutig – zumindest was Verträge nach der VOB/B betreffe, so der Justiziar. Darin heißt es in § 4, Absatz 3, dass „Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (…) dem Auftraggeber unverzüglich“ mitzuteilen haben.

Was das in der Praxis bedeutet, erläutert Mesenburg an einem Beispiel: „Vermutet ein Parkettleger, dass der Estrich noch nicht trocken ist und dass er das Parkett deshalb nicht wie vorgesehen verlegen kann, hat er seine unverzüglich Bedenken anzumelden, damit der Auftraggeber eine Prüfung des Fehlers beantragen kann. Bei VOB-B-Verträgen müssen Handwerker ihre Bedenken schriftlich – zum Bespiel per E-Mail oder Fax – mitteilen.“

Was passiert nach der Baubehinderungsanzeige?

Nach der Baubehinderungsanzeige sieht Mesenburg zunächst den Bauherren in der Pflicht: „Der muss entscheiden wie es in dem konkreten Fall weitergeht.“ Er müsse also bestimmen, ob der Parkettleger noch warten soll oder ob er trotz der angemeldeten Bedenken loslegen soll. Entscheidet sich der Bauherr für Letzteres, kann er dem Justiziar zufolge seine Gewährleistungsrechte verlieren, sollte sich der nicht trockene Estrich negativ auf das Parkett auswirken.

Entspannt zurücklehnen könnten sich nach Einschätzung von Rechtsanwalt Hinrichs die wenigstens Handwerker bei einer Baubehinderungsanzeige: „In den meisten Fällen läuft es nicht darauf hinaus, dass auf der Baustelle gar nicht gearbeitet werden kann.“ Folglich müssten Handwerker in Bauabschnitten, in denen sie nicht behindert seien, ihre Arbeiten durchführen.

Darüber hinaus weist Hinrichs darauf hin, dass Handwerker formal eine weitere Pflicht haben: „Sobald der hindernde Umstand behoben ist, müssen sie den Bauherrn darüber informieren, dass sie ihre Arbeit wieder aufnehmen“, sagt der Jurist.

Was ist mit Bauverträgen nach dem BGB?

Bauunternehmen schließen aber nicht nur Verträge nach der VOB. „Gerade im Privatkundengeschäft herrschen Verträge vor, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geschlossen sind“, sagt Mesenburg.

Ein Problem: Denn dem Justiziar zufolge, sind die Regelungen zu Bauverträgen im BGB nicht so ausführlich wie in der VOB – das betrifft somit auch die Regelungen zu Baubehinderungsanzeigen. Rechtsanwalt Hinrichs zufolge hat sich deshalb bei Baubehinderungsanzeigen, die BGB-Verträge betreffen, eine Vorgehensweise nach VOB/B durchgesetzt.

Bringt eine Baubehinderungsanzeige nicht mehr Stress als Vorteile?

Doch egal, ob es nun ein Vertrag nach BGB oder VOB ist, in der Praxis schreiben Handwerker selten eine Baubehinderungsanzeige. Warum ist das so?

Das größte Problem ist nach Einschätzung von Hinrichs ein psychologisches: „Handwerker wollen keinen Stress auf der Baustelle.“ Das gelte besonders zu Baubeginn. Wer jedoch eine Baubehinderungsanzeige stellt, für den ist Stress am Bau meist vorprogrammiert. Grund dafür ist eine besondere Konstellation: Eine Baubehinderungsanzeige muss immer an den Bauherrn gerichtet werden – und der wird auf der Baustelle in der Regel vom einem Architekten vertreten.

„Handwerker, die eine Baubehinderungsanzeige schreiben, haben daher oft das Gefühl, den Architekten beim Bauherrn anzuschwärzen“, sagt der Jurist. Zudem übten Architekten nicht selten Druck auf Handwerker aus, eine Baubehinderungsanzeige zu unterlassen.

„Beides darf kein Grund dafür sein, eine Baubehinderungsanzeige nicht zu stellen“, betont der Baurechtler. Denn die Belastung für Betriebe werde langfristig meist noch größer, wenn sie sich bei Verzögerungen im Bauablauf nicht schriftlich an den Bauherrn wenden.

Gibt es Alternativen zu einer Baubehinderungsanzeige?

Wer mit einer Baubehinderungsanzeige nicht gleich den Frieden auf der Baustelle gefährden möchte, für den sieht Hinrichs nur eine Option: „Manchmal kann es helfen, wenn sich Handwerker zunächst schriftlich an den Architekten wenden.“ So könnte etwa per E-Mail eine Frist gesetzt werden, bis wann ein bestimmtes Problem zu lösen sei.

„Rechtliche Ansprüche ergeben sich daraus für Betriebe zwar nicht“, betont der Jurist. Doch manchmal könnten Probleme auf diese Weise aus der Welt geschafft werden. „Ist das nicht der Fall, dann führt an der Baubehinderungsanzeige kein Weg vorbei“, sagt Hinrichs. Denn die sei Voraussetzung für die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen nach § 642 BGB.

Tipp: Sie wollen keine wichtigen Infos zum Thema Baurecht verpassen? Dann abonnieren Sie hier den handwerk.com-Newsletter. Jetzt anmelden!

Auch interessant: [embed]http://handwerk.com/maengelruege-so-reagieren-auftragnehmer-richtig[/embed]

Das könnte Ihnen auch gefallen: