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Digitalisierung + IT

Wie kommen Handwerker ins Internet der Dinge?

Einfache Frage, aber Sie ahnen schon: Ganz so leicht wird es nicht. IoT-Experte Patrick Nitschke erklärt, wie Handwerker im Internet der Dinge Fuß fassen.

Auf einen Blick:

  • Das jährliche wirtschaftliche Potenzial im Internet der Dinge wird auf mehrere Billionen Euro geschätzt. Als Handwerksunternehmen können Sie an diesem Markt teilhaben. Wie das funktionieren kann, erklärt IoT-Experte Patrick Nitschke.
  • Der erste Schritt: Fangen Sie bei Ihren Kernkompetenzen an. Überlegen Sie, in welchem Bereich IoT sinnvoll Ihren Service oder Ihre Abläufe ergänzen kann und welchen Nutzen es stiftet.
  • Experimentieren Sie: Um IoT-Entwicklungen mit einem Partner zu realisieren, ist ein grundlegendes Verständnis der Technik und ihrer Anwendung nötig. Die Uni Koblenz hat einen kostenlosen Start-up-Guide erstellt, der Sie beim Bau des ersten Prototypen Schritt für Schritt anleitet.

Ein wirtschaftliches Potenzial von fast zehn Billionen Euro jährlich – das steckt im Internet der Dinge (Internet of Things, kurz IoT). Gerade entsteht ein gigantischer Markt. Mit oder ohne das Handwerk? Diese Frage müssen die Handwerksunternehmen für sich selbst beantworten. Die Chance ist da, sagt IoT-Experte Patrick Nitschke vom Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik der Universität Koblenz-Landau. Nitschke begleitet Handwerkskammern und Betriebe im Rahmen des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk beim Eintritt in das Internet der Dinge. Im Interview erklärt er, wie interessierte Unternehmen am besten vorgehen, um ihre Nische im Internet der Dinge zu besetzen.

Hinweis: Informationen die Handwerkern bei der Erschließung des Internets der Dinge helfen, veröffentlicht das IoT-Team der Uni Koblenz fortlaufend hier: https://fgeim.de/eot_lab/

Was macht IoT zu so einem großen Trend?

Patrick Nitschke: Die Sensoren werden immer kleiner und günstiger und lassen sich dadurch in immer kleinere und günstigere Geräte einbauen. Das IoT ermöglicht eine neue Kommunikation mit alltäglichen Gegenständen. Dabei fallen nie dagewesene Informationen an, die wir unterschiedlich nutzen können. Immer mehr Unternehmen erkennen jetzt dieses Potenzial und entwickeln neue Geschäftsmodelle, um es auszuschöpfen.

Am Anfang steht die Idee: So kommt das Handwerk ins Internet der Dinge

Was ist der Ausgangspunkt für eine IoT-Entwicklung im Handwerk?

Nitschke: Am Anfang steht die Frage: Wo stehe ich mit meinem Unternehmen? Welche innere Motivation und äußeren Kräfte bringen mich dazu, IoT einsetzen zu wollen? Vielleicht will ich interne Prozesse optimieren. Oder die Kundenbedürfnisse ändern: Online-Termine statt Telefonabsprachen. Ich sollte mir überlegen, mit wem ich interagiere und wie ich dessen Bedürfnisse in Zukunft besser bedienen kann.

Wie fange ich an?

Nitschke: Die wichtigste Basis ist das Fachwissen der Unternehmer in ihrem Handwerk. Wenn sie ihre Prozesse und Anforderungen kennen, können sie anfangen zu überlegen: Was kann ich messen, auswerten, automatisieren? Hier steckt das größte Potenzial für Innovationen, was uns die Unternehmer beim Hackathon Handwerk mit vielen unglaublich interessanten Ideen bewiesen haben. Steht die Idee, beginnt die Experimentierphase.

Wie viel Vorwissen ist für die Entwicklung von IoT-Ideen notwendig?

Nitschke: Die Unternehmer sollten sich selbst in die Lage versetzen, eigene einfache Prototypen zu bauen. Wer ein grundlegendes Interesse hat, sollte es mit Hilfe unseres kostenlosen Start-up-Guides hinbekommen, erste Ergebnisse mit der entsprechenden Hardware zu erzielen. So eignen sich Handwerker das elektronische Wissen an und lernen, welche Informationen man erheben, verknüpfen und errechnen muss, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Das ist sehr hilfreich, wenn man eine Idee später mit einem IoT-Partner realisieren möchte.

Schritt für Schritt: So entwickeln Sie eine marktfähige IoT-Lösung

In welchen Schritten plane ich eine marktfähige IoT-Lösung?

Nitschke: Wir empfehlen dazu die 5-Ebenen-Architektur (hier im PDF). Auf der Business-Ebene geht es etwa darum, wer als Kunde für das Produkt in Frage kommt und wie die Wettbewerbssituation aussieht. Auf der Awendungsebene sollte ich recherchieren, welche Technologien genutzt werden und welche Informationen die Anwendung benötigt. Auf der Sensorebene geht es darum, was überhaupt gemessen werden muss, an welchem Einsatzort die Sensorik genutzt wird und welche Anforderungen sich daraus ableiten. Am schwierigsten zu beantworten, sind die Fragen in der Middleware- und Netzwerkebene. Gibt es bestimmte Standards und ist es sinnvoll, die zu nutzen? Auf der Technologieebne geht es darum, wie groß die anfallenden Daten sind, welche Infrastruktur ich dafür brauche und wie viel mich das alles kosten darf.

Nicht unterschätzen: Hier lauern Gefahren beim Markteintritt

Was muss ich beachten, damit meine Entwicklung am Markt besteht?

Nitschke: Je weiter man sich von seinem zentralen Fachgebiet entfernt, desto schneller wächst die Konkurrenzsituation und man findet sich schnell in einem hart umkämpften Bereich wieder. Wer mit seinen IoT-Innovationen nah am eigenen Handwerk bleibt, dort wo er die größten Kompetenzen hat, wird es etwas einfacher haben. Wir empfehlen auch, es nicht alleine zu versuchen. Kooperationen innerhalb der eigenen Gewerke, zum Beispiel in den Innungen, können helfen, sich in einer Nische gegen die Konkurrenz aus der Industrie zu behaupten.

Was sollte man bei der IoT-Umsetzung nicht unterschätzen?

Nitschke: Ich würde jedem empfehlen, sich etwas genauer mit den Hersteller-Ökosystemen für IoT auseinanderzusetzen. Viele Hersteller bieten eigene Infrastruktur an, die man als Netzwerkplattform für seine IoT-Entwicklung nutzen kann. Das ist bequem, kann aber sehr gefährlich werden. Man begibt sich in eine starke Herstellerabhängigkeit – und wenn der Anbieter mittelfristig seine Nutzungsbedingungen ändert und die Daumenschrauben anzieht, kommt man da schwer wieder raus.

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