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Blanker Hass macht blind!

So kommen Sie aus der Wutfalle

Wer Kante zeigt, setzt sich durch. Wer ausrastet, verliert die Kontrolle. Und das ist schlecht fürs Geschäft. So kommen Sie klar, ohne rotzusehen. Tipps vom Anti-Aggressionstrainer.

In Sachen Wut das richtige Maß finden, ist für Chefs im Handwerk essenziell. Wer keine Aggression zeigt, gilt als Lusche, nicht durchsetzungsstark. Aber auch Hitzköpfe, die auf drei los schreien, verlieren auf Dauer den Respekt von Mitarbeitern und Geschäftspartnern.

Ingo Bloess lehrt den gekonnten Umgang mit dem wichtigen Grundgefühl Wut. Er gehört zu den Anti-Aggressionstrainern der ersten Stunde in Deutschland. Der Trainer aus Celle arbeitet mit Jugendlichen, mit verurteilten Straftätern und mit Menschen, die zu leicht zurückstecken.

4 Situationen, die Ihre Aggressivität auf die Probe stellen, und passende Antworten darauf von Anti-Aggressionstrainer Ingo Bloess lesen Sie ab Seite 2.

Situation 1: So reagieren Sie auf gezielte Provokationen

Ihr Auszubildender testet Ihre Grenzen und Sie brausen auf? Wutreaktionen sind eine Frage des Maßes. Ärger zu verspüren und zu zeigen, ist menschlich. Blinde Wut und blanker Hass sind in jedem Fall schlecht. Neigen Sie dazu, in Rage zu geraten? Dann machen Sie sich bewusst, dass Sie damit steuerbar werden. Sie wollen Herr der Lage bleiben? Dann sollten Sie lernen, aus einer Situation auszusteigen, bevor Sie ausrasten.

Der Grund: Wer richtig wütend ist, hat in diesem Zustand keine Verbindung mehr zu seiner eigenen Vernunft. Ob für Sekunden oder deutlich länger, ist von Person zu Person verschieden.

Sagen Sie demjenigen, der Sie provoziert, wann Sie das Gespräch fortsetzen und verlassen Sie die Situation, bevor Zorn Sie regiert.

Das spart jedoch keine unmittelbare Reaktion. Wenn eine Aussage Sie verletzt, verärgert oder in höchstem Maße erstaunt, teilen Sie Ihrem Gegenüber das kurz mit, empfiehlt Bloess.

Kurz zu sagen, was Sie denken, macht Sie authentisch. Denn Wut ist eine von sieben Grundemotionen, die sich deutlich in unserer Mimik zeigen und unser Verhalten lenken.

Ihr Gegenüber völlig ins Leere laufen zu lassen, würde also entweder unstimmig oder gefühllos wirken. "Von einem Chef wird erwartet, dass er auch mal Ecken und Kanten zeigt", betont Bloess.

Nächste Seite: In bestimmten Situationen rasten Sie aus? So bestimmen Sie die Spielregeln.

Situation 2: Ihre Zündschnur ist kurz? Training für bessere Bodenhaftung!

Sie wissen, dass Sie in bestimmten Situationen hochgehen? Machen Sie sich zunächst bewusst, dass Sie damit (trotz kurzer Erfolge) Ihr Geschäft schädigen. Hinweise aus Ihrem Umfeld helfen Ihnen dabei.

Auswege finden Sie nur durch gute Vorbereitung. Analysieren Sie also, was Sie auf die Palme bringt, und legen Sie sich Strategien zurecht.

Beispiel Preisverhandlungen – spielen Sie mit!
Ein Kunde ist auf Rabatt aus. Bloess empfiehlt: Spielen Sie sein Spiel mit, und zwar nach Ihren Spielregeln. "Wissen Sie, damit habe ich gerechnet, und deswegen gebe ich Ihnen einen Rabatt von 0,5 Prozent."

Folgt Potest auf das kleine Angebot, reagieren Sie mit Rhetorik und appellieren Sie an die gemeinsamen Interessen. "Seien Sie mir nicht böse, ich bin mit einem Prozent einverstanden. Wir haben sehr zusammengearbeitet und so möchte ich mit Ihnen auch verbleiben." So appellieren Sie an ein gemeinsames Interesse. Wenn der Kunde zufrieden war, wäre es auch aus seiner Sicht dumm, eine künftige Zusammenarbeit durch Streit zu verbauen.

So kommen beide Seiten ohne Gesichtsverlust aus der Nummer raus. Vor allem behalten Sie die Kontrolle. Kalkulieren Sie stets so großzügig, dass Sie es gar nicht nötig haben, über eine solche Plänkelei in Rage zu kommen. Mit einem Wutanfall würden Sie dagegen Schwäche oder Machtlosigkeit signalisieren.

Beispiel Machtdemonstration – bleiben Sie bei sich!
Ihr Gesprächspartner präsentiert Ihnen Fakten, die klar belegen: Sie sind am kürzeren Hebel. Ein Lieferant tischt kräftige Preiserhöhungen auf, ein Kunde zahlt nicht, eine Behörde lässt sich Zeit, Sie sind betrogen worden. Es gibt zahlreiche Gründe für Wut. Trotzdem sind Sie besser beraten, in Ruhe Belegpläne für die Hölle zu schreiben, als Ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Zu schnell passieren Fehler, die Sie in eine noch schlechtere Position bringen. Die Ruhe zu bewahren, verschafft Ihnen Zeit, sich zielführende Strategien zu überlegen. Auch hier hilft ausschließlich Training.

Nächste Seite: Eiskalte Gesprächspartner, vor denen Sie sich hüten sollten, und wie Sie sie erkennen

Situation 3: Ihr Gegenüber eiskalt und Sie auf 180 – Umgang, den Sie meiden sollten

Ein Mensch von hundert ist Soziopath, zitiert Bloess wissenschaftliche Studien. Solche Gesprächspartner fühlen nicht mit. Und sind andererseits durchaus in der Lage, andere bewusst in Rage zu bringen. Eiskalte Gesprächspartner nutzen es gnadenlos aus, wenn Sie zu Wutausbrüchen neigen. Das macht den Umgang mit Ihren riskant. "Dumme Soziopathen landen im Hochsicherheitstrakt hinter Gittern, intelligente in gewissen Führungspositionen", ist Bloess´ Erfahrung. Wer nicht geschult ist, "schwarze Rhetorik" zu parieren, sollte den Umgang mit solchen Menschen meiden.

Warnsignale
1. Unstimmiges Verhalten: Jemand sitzt sprungbereit vorne auf der Stuhlkante, erzählt Ihnen aber, er habe unbegrenzt Zeit für Sie. Hier hilft nur, unguten Gefühlen Beachtung zu schenken und Ihre Beobachtung zu schulen.

2. Zu dick aufgetragen: Auch wenn jemand über Gebühr Komplimente verteilt und Ihnen schmeichelt, kann Ihnen das eine Warnung sein. Dahinter mag die Strategie stecken, Sie zunächst gewogen zu machen, um dann einen Vorteil zu erzielen.

3. Gezielte Provokationen: Äußerungen wie "Nun reagieren Sie mal nicht so hysterisch", sind darauf angelegt, Sie zur Weißglut zu bringen. Erkennen Sie sie als das, was Sie sind: Provokationen und Statusspiele.

Nächste Seite: Wie Sie klug parieren, wenn Ihr Kunde rot sieht

Situation 4: Ihr Kunde sieht rot – so entschärfen Sie die Situation

Wenn ein Kunde oder Lieferant wutentbrannt in Ihr Büro stürmt, liegt es nahe, einfach zurückzubrüllen oder loszudiskutieren. Ingo Bloess rät, auf gar keinen Fall auf diese Wut Ihres Gegenübers einzusteigen. Denn es ist sinnlos.

Was hilft, ist einem solchen Ausbruch tatsächlich Raum zu geben, Ihrem Gegenüber also Aufmerksamkeit und Zeit zu schenken. So geben Sie ihm die Möglichkeit, seinem nachzukommen sich mitzuteilen. Fühlt er sich verstanden, verraucht auch seine Wut. Bei Cholerikern dauert dieses Zurückschalten länger.

So lange Ihr Gegenüber herumpoltert, sagen Sie nichts oder nur sehr wenig. Dann wird Ihr Gegenüber zu dem Punkt "Nun sagen Sie doch auch mal was" kommen. Für Deeskalation sorgt die Technik des "aktiven Zuhörens". Sie schenken Aufmerksamkeit und fassen dann zusammen, was Ihr Gegenüber gesagt hat, bevor Sie Lösungsvorschläge oder einen neuen Termin unterbreiten. Ihr Eröffnungssatz könnte sein: "Ich merke, dass da ein Problem vorliegt ..."

Die zweite Möglichkeit ist, Ihrem Gegenüber klar eine Grenze aufzuzeigen, indem Sie mit Rücksicht auf andere Termine das Gespräch abbrechen. Nennen Sie dabei unbedingt einen konkreten, neuen und zeitnahen Termin, an dem Sie sich Zeit für das Anliegen Ihres Gegenübers nehmen. So haben sie beide Zeit, sich vorzubereiten. Wenn Ihr Gegenüber Ihnen abnimmt, dass Sie sich dann tatsächlich auseinandersetzen, wird er in besserer Verfassung antreten. Halten Sie solche Termine unbedingt ein. Andernfalls verspielen Sie wertvolles Vertrauen und machen sich unglaubwürdig.

Nächste Seite: 5 Strategien mit denen Sie selbstbestimmt und sicher bleiben

Ihre Werkzeuge für Wutproben

Sicher aussteigen: Sie wissen, dass Ihre Wut sich bald Ihren Weg bahnt? Bleiben Sie selbstbestimmt. "Das ist total interessant. Ich muss noch meine Frau vom Bahnhof abholen, ich melde mich wieder bei Ihnen". Einen solchen Satz für Ihre persönliche Exit-Strategie müssen Sie im Vorfeld durchgespielt und zurechtgelegt haben. Dann lenken Sie erfolgreich um. Sie signalisieren, dass Sie in bestimmte Fallen gar nicht erst tappen.

Auf Tiefschläge überlegen reagieren: Reagieren Sie auf Foulspiel Ihres Gegenübers indem Sie es benennen. Nachdem Sie aktiv zugehört haben sagen Sie: "Ich bin nicht gewillt, auf dieses Niveau abzusteigen, ich schlage vor, wir setzen das Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt fort." So zeigen Sie: "Ich bestimme, wann ich wieder mit Dir rede."

Bewusst runterschalten: Versetzen Sie sich durch Übung in die Lage, bewusst in die Bauchatmung zu gehen. Wer tief und ruhig atmet, geht nicht hoch wie eine Rakete. Auch bewusst einen Schluck Wasser zu trinken, kann Sie zu Ihrer inneren Ruhe zurückführen.

Der Überraschungseffekt: Reagieren Sie positiv und verrückt, indem Sie Aussagen Ihres Gegenübers aufgreifen, und verstärkt in eine neue Richtung werfen. Jemand wirft Ihnen Pfusch vor? Ihre Reaktion könnte sein: "Sie haben völlig recht. Erst letzte Woche habe ich bei der Handwerkskammer ein Gespräch über die schlimmen Auswüchse von Pfusch geführt." Das wird Ihren Gesprächspartner überraschen. Wichtige Grundregel: Vermeiden Sie abwertende Äußerungen, die ihr Gegenüber treffen würden.

Die Thai-Chi-Technik: Mit dieser Technik für Fortgeschrittene verstehen Sie grundsätzlich jede Äußerung Ihres Gegenüber als Lob. So wird aus dem Angriff: "Wie laufen Ihre Mitarbeiter eigentlich rum?" die Parade "Das finde ich toll, dass Sie ein solches Interesse für unsere Mitarbeiter zeigen". Mit dieser hundertprozentig friedfertigen Strategie laufen alle Attacken ins Leere. Und wenn Sie diese Einstellung auch auf sich wirken lassen, ist klar: sie sind auch vor den frechsten Manipulationen gefeit.

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(kö)

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