Zahlt ein Kunde nicht pünktlich seine Rechnung, dann können mit Anrufen und Mahnungen leicht Monate vergehen, bis Handwerker endlich an ihr Geld kommen. Diese Erfahrungen macht Karin Wessels-Kuipers immer wieder. Eigentlich müsste sich die Rechtsanwältin über solche Zahlungsprobleme freuen, verdient sie als als Chefin der Compass-Inkasso GmbH im niedersächsischen Aurich doch damit ihr Geld. Doch das Gegenteil ist der Fall: „Plätschert der eigene Mahnlauf des Handwerks über Monate so dahin, ist die Zahlungsbereitschaft des Schuldners gleich Null.“ Dann müsse sie erst einmal dessen Zahlungsmotivation wieder steigern.
Wessels-Kuipers zählt auch eine Reihe Handwerker zu ihren Mandanten. Und die hätten es zumindest ein Stück weit selbst in der Hand, wie schnell ein Kunde am Ende seine Rechnung bezahlt. Schnelle und korrekte Rechnung, schnelle Mahnung und vollständige Daten würden viele Schritte in ansonsten zeitraubenden Mahn- und Vollstreckungsverfahren beschleunigen.
1. Handeln Sie schnell – sonst kassieren andere zuerst!
Aus zwei Gründen sei es wichtig, bei nicht bezahlte Rechnungen Kunden aufs Tempo zu drücken, betont Wessels-Kuipers:
2. Rechnung nicht bezahlt: Eine Mahnung ist genug!
Oft würden Betriebe ihren Kunden bei unbezahlten Rechnungen unnötig viel Zeit einräumen, berichtet Wessels-Kuipers: „Viele glauben immer noch, dass sie erst eine Erinnerung und drei Mahnungen schreiben müssen, bevor sie den Vorgang an ein Inkassounternehmen oder einen Anwalt abgeben dürfen.“
Dafür dürfte es – neben einer gewissen Kulanz – vor allem zwei Gründe geben:
Deswegen rät Wessels-Kuipers zu einem einheitlichen Vorgehen, bei dem Sie mit wenig Kontroll- und Beweisaufwand auf der sicheren Seite sind:
3. Zahlungsfrist in Rechnung und Mahnung
Selbst eine Zahlungsfrist in Rechnung oder Mahnung ist seit 2015 rein rechtlich nicht mehr zwingend erforderlich. „Dann gilt automatisch die gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen nach § 286 Abs. 3 BGB“, betont Wessels-Kuipers.
Sie rät dennoch dazu, gegenüber Privatkunden Zahlungsfristen in Rechnung und Mahnung zu setzen „Richter sehen das erfahrungsgemäß gerne, wenn es um Auseinandersetzungen mit Verbrauchern geht.“
4. Kündigen Sie mögliche weitere Kosten an!
Ob Sie bei einer nicht bezahlten Rechnung einen Anwalt einschalten oder ein Inkasso-Unternehmen: Den Zusatzaufwand muss im gesetzlichen Rahmen der Schuldner tragen. Gewerbekunden müssen Sie auf diese Kosten nicht hinweisen, bei Verbrauchern rät Wessels-Kuipers hingegen dazu.
Sie empfiehlt für die erste und einzige Mahnung daher folgende Formulierung:
Bitte zahlen Sie den o.g. Betrag bis spätestens DATUM. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie sich nach Fristablauf in Verzug befinden und dann durch die Abgabe an unseren Rechtsbeistand weitere Kosten auf Sie zukommen.
Diese Formulierung würden ihre Mandanten oft nutzen, berichtet die Juristin. Das genüge oft, damit Schuldner dann doch zahlen. Und wenn nicht? „Folgt nach dem Verzugseintritt zeitnah das Inkassoschreiben, ist jedem Schuldner klar, dass Sie zielstrebig und ernsthaft Ihren Zahlungsanspruch durchsetzen werden.“
5. Mahnung per E-Mail
Wessels-Kuipers rät zudem dazu, die Mahnung für eine unbezahlte Rechnung per E-Mail zu verschicken. Das beschleunige den ganzen Vorgang zusätzlich. Inzwischen würden immer mehr Gerichte den Zustellungsnachweis per E-Mail einräumen.
Die Vorlage des Ausdrucks aus dem Postausgangssystems für den Abruf der E-Mail vom Server des E-Mail-Kontos des Empfängers gelte als Anscheinsbeweis für den Zugang der E-Mail. So gelte die E-Mail als zugestellt und die Kenntnis des Inhalts könne als Beweis gewertet werden.
6. Besorgen Sie bei Auftragsannahme wichtige Daten!
Kaum kalkulierbare Verzögerungen ergäben sich in Mahn- und Vollstreckungsverfahren durch fehlerhafte oder fehlende Daten, berichtet die Wessels-Kuipers. Ob Einwohnermeldeamt, Insolvenzgericht oder Schuldnerportal: Alle verlangen Informationen zur eindeutigen Identifizierung des Schuldners. „Auch der Gerichtsvollzieher prüft die Angaben genau.“ Fehler da „nur ein Buchstabe“, werde er die nicht bezahlte Rechnung nicht vollstrecken.
Sie empfiehlt von Privatkunden diese Daten bei Auftragserteilung abzufragen:
Falls sich Kunden über die Fragen wundern: „Argumentieren Sie mit besserer Erreichbarkeit und der Vermeidung von Verwechslungen“, rät Wessels-Kuipers.
Auch bei Firmenkunden hat sie einen Tipp: „Gleichen Sie Firmenname und Rechnungsadresse mit dem Impressum der Website ab, die Angaben dort müssen stimmen!“
7. Verlassen Sie sich bei Aufträgen und Nachträgen nie auf Whatsapp
Zu Verzögerungen von Zahlungen kommt es häufig, wenn Kunden den Anspruch bestreiten. Weil es angeblich keinen Auftrag oder keine Abnahme gab – oder wegen angeblicher Mängel.
Dass sich Handwerker Aufträge, Nachträge und die Abnahme fertiger Leistungen schriftlich bestätigen lassen, sollte selbstverständlich sein, sagt die Juristin. Whatsapp sei dabei hingegen nicht hilfreich. „Kein Richter wird sich einen mehrtägigen Messenger-Verlauf durchlesen, das kann man vergessen.“ Darum sei es immer wichtig, alle rechnungsrelevanten Whatsapp-Absprachen schriftlich zu bestätigen, zum Beispiel per E-Mail.
Falls es mit der Unterschrift für die Abnahme nicht klappt, würden es auch Zeugen und notfalls Fotos tun. „Das ist vor allem dann wichtig, wenn nach einem Betrieb noch andere Gewerke tätig werden, die Schäden verursachen könnten.“
8. Nicht bezahlte Rechnung: Nachfassen oder ausbuchen?
Nicht immer lohne sich der Versuch, bei Kunden offene Rechnungen langwierig einzutreiben, sagt Wessels-Kuipers. „Dann sollte man lieber auf einen Teil verzichten oder den Betrag ausbuchen, statt noch mehr Geld in eine aussichtslose Vollstreckung zu stecken.“
Und wie findet man das heraus? Die Expertin hat dafür einen klaren Ablauf:
„Was dann sinnvoll ist, hängt immer von der Höhe der Forderung und den Umständen des Einzelfalls ab.“
9. Klären Sie die Gebühren vorab!
Ob Inkasso oder Rechtsanwalt: Deren Gebühren trägt der säumige Schuldner. Es sei denn, bei ihm ist nichts zu holen, dann bleiben diese Kosten am Handwerker hängen.
Die Höhe der Kosten und damit auch das Kostenrisiko für den Mandanten sind zwar gesetzlich geregelt, aber nicht so leicht zu durchschauen. Die Expertin rät Handwerkern, sich vor einem Inkasso-Auftrag die Gebühren genau erklären zu lassen.
Positiv bewertet Wessels-Kuipers die zum 1. Oktober 2021 anstehenden Änderungen des Inkassorechts. Dabei gehe es unter anderem um eine Senkung Inkassogebühren, vor allem bei kleinen Forderungsbeträgen. „Heute zahlen Schuldner oft kleinere Forderungen einfach nicht aus Protest gegen die im Vergleich zur eigentlichen Schuld recht hohen Gebühren.“ Das betreffe vor allem die Gebühren für Ratenzahlungsvereinbarungen und für Forderung von Kleinstbeträgen unter 50 Euro. „Die Reduzierung der Gebühren im unteren Forderungsbereich wird die Zahlungsbereitschaft der Schuldner erhöhen, zeit- und kostenaufwändige Vollstreckungen durch Gerichtsvollzieher ersparen und das Kostenrisiko für die Gläubiger reduzieren.“
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