Foto: Gilles ARROYO

Personal

Ausbildungsziel: Fachpraktiker

Menschen mit Behinderung können eine theoriereduzierte Ausbildung zum Fachpraktiker machen. Für die ausbildenden Betriebe gibt es viel Unterstützung.

Auf einen Blick:

  • Kann ein junger Mensch mit Beeinträchtigung keine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf machen, ist eine Ausbildung zum Fachpraktiker in einigen Berufen möglich.
  • Der ausbildende Betrieb erhält finanzielle und organisatorische Unterstützung von der Arbeitsagentur und den Handwerkskammern.
  • Auch der Wechsel aus einer regulären Ausbildung zum Fachpraktiker ist möglich, wenn eine anerkannte Behinderung vorliegt.
  • Für die Tischlerei Klauenberg ist dies die Möglichkeit, ihren Azubi zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Schwierigkeiten in der Berufsschule, Probleme beim Kopfrechnen – Ulrike Körper wurde schnell klar, dass ihr Auszubildender die Lehre als Tischler wohl nicht erfolgreich bestehen würde. Die Chefin der Tischlerei Klauenberg in Hannover wollte ihn allerdings auch nicht scheitern sehen. Die Lösung: Da der junge Mann eine attestierte Lernschwäche hat, konnte er in eine theoriereduzierte Ausbildung zum Fachpraktiker für Holzverarbeitung wechseln.

„Ich hatte während eines Ausbilderfrühstücks bei der Handwerkskammer von dieser Möglichkeit gehört und mir dort Unterstützung gesucht“, berichtet Ulrike Körper. Denn die Umwandlung des Ausbildungsverhältnisses ist nicht ganz einfach: Die Ausbildung zum Fachpraktiker ist nur möglich, wenn eine Lehre in einem anerkannten Ausbildungsberuf aufgrund einer Behinderung nicht möglich ist. Der Nachweis dafür muss beim Berufspsychologischen Dienst der Agentur für Arbeit eingeholt werden. Außerdem muss einer der Ausbilder im Betrieb über eine Rehabilitationspädagogische Zusatzausbildung (Reza) verfügen. „Die hatten wir natürlich nicht“, sagt Ulrike Körper. Die Arbeitsagentur organisierte die Beteiligung der Ländlichen Erwachsenenbildung (LEB), die auch die Erstellung des notwendigen Förderplans übernimmt.

Auch Fachpraktiker fertigen ein Gesellenstück an

Inhaltlich orientiert sich die Ausbildung zum Fachpraktiker an den Ausbildungsinhalten der anerkannten Ausbildungsberufe. Allerdings nimmt die Theorie weniger Raum ein, in der Regel gibt es in den Berufsschulen deshalb eine gesonderte Klasse. Und wie alle anderen auch fertigen die Fachpraktiker ein Gesellenstück an und legen die Prüfung bei der Handwerkskammer ab.

„Als klar war, dass unser Azubi die Ausbildung nicht schaffen würde, haben wir alle mit ins Boot geholt, auch die Eltern“, erzählt Ulrike Körper. Regelmäßig gibt es Gespräche mit der Handwerkskammer darüber, wie es mit der Ausbildung vorangeht. Um eventuellen Nachhilfe-Unterricht für die Berufsschule kümmert sich die LEB. In der Tischlerei Klauenberg hat der junge Mann seinen Platz unter den 13 Mitarbeitern gefunden. „Er braucht vielleicht ein bisschen mehr Betreuung als andere Auszubildende“, sagt Ulrike Körper. Aber grundsätzlich laufe es gut.

Schulzeugnisse sind nicht immer transparent

„Leider findet die praktische Ausbildung der Fachpraktiker bisher meist noch in Berufsbildungswerken statt“, sagt Almut Peters, bei der Handwerkskammer Hannover zuständig für berufliche Bildung. Sie wirbt dafür, die Betriebe mehr einzubeziehen. „Alles, was Fachkraft werden kann, wollen wir ausbilden.“

Betriebe haben es nicht immer einfach, die Zeugnisse der Bewerber einzuordnen. Im Schulsystem werde zunehmend mit Nachteilsausgleichen gearbeitet, so dass für die Betriebe angesichts der Zeugnisse nicht klar sei, ob der Bewerber große Probleme etwa mit Lesen und Schreiben habe, so Peters. „Aber wenn dann klar wird, dass die Berufsausbildung an den schulischen Leistungen zu scheitern droht, sollte man die Azubis nicht fallenlassen, wenn der Wechsel in eine Fachpraktikerausbildung möglich ist.“ Und für die jungen Leute zahle es sich aus, wenn sie ihre Ausbildung in einem anerkannten Fachbetrieb und nicht in einer betreuten Einrichtung gemacht haben.

Die Beschäftigung Schwerbehinderter kann sich finanziell rechnen

Für die Unternehmen kann sich das auch wirtschaftlich rechnen: Die Agentur für Arbeit zahlt Ausbildungszuschüsse zwischen 50 und 70 Prozent. Und: Für Betriebe, die aufgrund ihrer Größe verpflichtet sind, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, zählen Auszubildende doppelt.

Für welche Berufe die Möglichkeit besteht, eine Fachpraktikerausbildung zu machen, ist von Handwerkskammer zu Handwerkskammer unterschiedlich. In Hannover sind es derzeit acht. „Es wurden erst letztes Jahr mit dem Fachpraktiker Gebäudereinigung und Bäcker zwei neue Berufe verabschiedet“, erläutert Almut Peters.

Für die Tischlerei Klauenberg wird die Fachpraktikerausbildung wohl eher die Ausnahme bleiben, aber: „Grundsätzlich sind wir für alle Möglichkeiten offen“, sagt Ulrike Körper. „Es muss allerdings im Einzelfall zu unserm Betrieb und zu den Mitarbeitern passen.“ Letztlich habe man nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. „Wenn es menschlich passt, ist vieles möglich.“

Auch interessant:

Foto: Wolf
Foto: Handwerkskammer Hannover
Foto: Gilles ARROYO Instructor showing trainee how to use sawing machine

Das könnte Ihnen auch gefallen: