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Mehrwertsteuerhöhung 2021

Bauzeitverzögerung: Wer zahlt 2021 die höhere Mehrwertsteuer?

Verzögerungen sind auf dem Bau immer ärgerlich. Doch was gilt rechtlich, wenn die auch noch mit der Mehrwertsteuererhöhung zusammenfallen?

Auf einen Blick:

  • Bauprojekte, bei denen noch bis Ende 2020 die Abnahme erfolgt, können noch mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent abgerechnet werden.
  • Kann die Abnahme wegen Bauzeitverzögerungen erst nach der Mehrwertsteuererhöhung erfolgen, obwohl die Fertigstellung für 2020 geplant war, werden 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig.
  • Der Kunde muss den höheren Mehrwertsteuersatz zahlen. Allerdings stellt sich in solchen Fällen die Frage, ob der Kunde einen Schadensersatzanspruch hat.
  • Wenn sich Probleme auf der Baustelle abzeichnen, können Handwerker jetzt noch etwas tun, um sich für den Streitfall abzusichern. Ein Baurechtler gibt Tipps.

Vom reduzierten Mehrwertsteuersatz können Privatkunden noch bis Ende dieses Jahres profitieren – das gilt auch für Bauprojekte, bei denen die Abnahme noch 2020 erfolgt. Von 2021 an werden dann wieder 19 Prozent fällig – also 3 Prozentpunkte mehr als bislang. Doch was gilt rechtlich bei der Mehrwertsteuer, wenn es zu Bauzeitverzögerungen kommt und das Werk – anders als geplant – doch nicht mehr 2020 fertiggestellt werden kann?

Abnahme erst 2021: Welcher Mehrwertsteuersatz gilt bei der Schlussrechnung?

„Erfolgt die Abnahme eines Bauprojekts erst 2021, müssen Handwerker zwingend 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnen“, sagt Alexander Jakobs, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei der Kanzlei Jakobs Juchem und Partner Rechtsanwälte. Das gelte auch, wenn die Fertigstellung eigentlich für 2020 geplant gewesen ist.

Wer muss für die höhere Mehrwertsteuer aufkommen?

Verzögert sich die Fertigstellung eines Bauprojekts samt Abnahme bis ins neue Jahr, müssen Kunden laut Baurechtler Jakobs auf jeden Fall die höhere Mehrwertsteuer zahlen. Abgehakt sein dürfte das Thema Mehrwertsteuer für Handwerker damit allerdings nicht.

„In solchen Fällen gelten die normalen Grundsätze, die auch sonst beim Verzug auf dem Bau gelten“, sagt Jakobs. Daher könne es gegebenenfalls sein, dass die Kunden wegen der Bauzeitverzögerung einen Schadensersatzanspruch haben. Im Streit um die Mehrwertsteuer muss dem Rechtsanwalt zufolge daher geklärt werden, wer die Verzögerung zu verantworten hat.

Und was sind die Folgen für denjenigen, der die Schuld an der Bauzeitverzögerung trägt? „Der muss für die finanziellen Folgen der Verzögerung aufgekommen“, sagt Jakobs. Also zum Beispiel für die Differenz beim Steuersatz, die sich durch die Mehrwertsteuererhöhung zum Jahreswechsel ergibt. Allerdings weist der Jurist darauf hin, dass eine Verzögerung auf der Baustelle noch mit weiteren Kosten verbunden sein kann.

Baubehinderung: Was können Betriebe machen?

Handwerkern, die bei ihren Arbeiten auf der Baustelle behindert werden, rät Baurechtler Jakobs, umgehend zu handeln: „Stellen Sie eine Baubehinderungsanzeige, damit Sie gegebenenfalls nachweisen können, dass Sie für die Verzögerungen nicht verantwortlich sind.“ Doch was ist dabei wichtig?

  • Die Form: Ob bei einer Baubehinderungsanzeige eine E-Mail ausreicht oder ob ein Schreiben mit Unterschrift erforderlich ist, hängt laut Jakobs vom Vertrag ab. „Manchmal ist dort festgelegt, in welcher Form eine Baubehinderungsanzeige eingehen muss.“
  • Der Zeitpunkt: „Eine Baubehinderungsanzeige muss unverzüglich erfolgen“, sagt der Baurechtler. Das bedeutet: Die Behinderungsanzeige muss „so rasch wie möglich“ verfasst werden.
  • Der Inhalt: Behinderungsanzeigen soll Bauherren in die Lage versetzen, bestehende Mängel auf der Baustelle zu beheben. Dem Rechtsanwalt zufolge sollten Handwerker in ihrem Schreiben deshalb Antworten auf folgende Fragen liefern: Welche Störung liegt vor? Welche Arbeiten können deshalb nicht wie vorgesehen erbracht werden? Wird die Erbringung der Arbeiten nur erschwert oder komplett behindert? Welche Folgen für den Baufortschritt ergeben sich?
  • Ende der Baubehinderung: Ist ein Mangel abgestellt, sollten Handwerker die Arbeit auf der Baustelle allerdings nicht einfach wieder aufnehmen. „Teilen Sie dem Bauherren unbedingt schriftlich mit, wann sie dort weiterarbeiten“, empfiehlt Jakobs. „Dann können Sie im Streitfall nicht nur den Beginn der Baubehinderung sondern den gesamten Zeitraum der Baubehinderung nachweisen.“

Mehr zum Thema lesen Sie im Beitrag „So funktioniert eine Baubehinderungsanzeige“.

Handwerker für Bauzeitverzögerung verantwortlich: Was tun?

Manchmal haben Handwerker selbst die Verzögerungen auf der Baustelle zu verantworten. Aber was können sie tun, wenn sich vor der Mehrwertsteuererhöhung abzeichnet, dass sie die für 2020 vereinbarte Abnahme selbstverschuldet nicht einhalten können? Großen Handlungsspielraum sieht Rechtsanwalt Alexander Jakobs in solchen Fällen nicht. Sein Tipp: „Handwerker können versuchen, die Arbeiten zu beschleunigen, um die Baustelle doch noch 2020 fertigzustellen.“

Wenn das nicht hilft, bleibt aus seiner Sicht des Juristen nur eine Option: „Dann sollten Handwerker mit ihrem Auftraggeber sprechen und versuchen, eine Einigung herbeizuführen.“

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