Wenn Kundenwünsche gegen DIN-Normen und Verkehrssicherungspflichten verstoßen, verzichtet Metallbaumeister Michael Günther auf den Auftrag.
Foto: Theo Kruse

Schöner wohnen?

Gefährliche Designwünsche: „Eine Haftungsfreistellung nützt mir nichts“

Ihre Designideen haben seine Kunden aus Zeitschriften und TV – ohne zu ahnen, wie gefährlich sie sind. Handwerksmeister Michael Günther spielt da nicht mit: Es geht um Geld und Leben.

Auf einen Blick:

  • Durch die Medien kommen die Kunden von Michael Günther bei Geländern und Brüstungen auf Wünsche, die im echten Leben richtig gefährlich sind. Der Handwerker macht das nicht mit – auch nicht mit einer Haftungsfreistellung. Damit ist er auf der sicheren Seite.
  • Denn bei Gefahr für Leib und Leben haften Sie als Handwerker unbegrenzt – und eine Haftungsfreistellung vom Kunden hilft Ihnen dann nicht.
  • Treppen ohne Handlauf, Emporen ohne Geländer, Lichtschächte ohne Abdeckung? Das kann gut aussehen – und ist gefährlich. Wie kommen Auftraggeber auf solche Ideen? „Ich habe immer wieder Kunden mit gefährlichen Wünschen“, sagt Michael Günther. „Sie lassen sich von Einrichtungsmagazinen inspirieren oder haben es im Fernsehen gesehen“, erzählt der Metallbaumeister aus Wittmund. Gerade erst musste Günther einem Kunden erklären, warum er ihm nicht so ein Geländer bauen wird, wie er es in einem „Tatort“ gesehen hatte: „Der Kunde wollte nur die tragenden Pfosten und den Handlauf, aber keine Geländerstäbe. Da ist die Gefahr für kleine Kinder ist viel zu groß.“

    Der Kunde bot eine Haftungsfreistellung an, Günther ließ sich nicht darauf ein: „Die Haftungsfreistellung nützt mir nichts, wenn ich etwas baue, das eine Gefahr für Leib und Leben bedeutet“, weiß der Handwerker. Diesen speziellen Kunden konnte er schließlich von einer anderen Lösung überzeugen: einem Ganz-Glas-Geländer mit 17 Millimeter dicken Sicherheitsgläsern statt Geländerstäben.

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    Haftungsfreistellung schützt nicht bei Gefahren

    Und wenn Kunden sich nicht auf sichere Alternativen einlassen? „Dann bin ich raus, solche Aufträge übernehme ich nicht“, sagt Günther. Eine Haltung, die Frank Niemannn vom Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen zur Nachahmung empfiehlt. Pauschale Haftungsfreistellungen würden bei Privatpersonen nicht greifen, wenn die handwerkliche Leistung zu Gefahren für Leib und Leben von Dritten führt, warnt der Jurist. „Dritte“, das können zum Beispiel Kleinkinder sein, die zu Besuch kommen oder später vielleicht ein Käufer oder Mieter der Wohnung.

    Egal, wann und wem ein Unfall passiert: Ein Handwerker sei im Einzelfall nicht vor Schadensersatzforderungen oder Strafverfolgung wegen Körperverletzung geschützt. „Die Unterschrift des Kunden hilft dann nicht, denn ich kann keinen Vertrag zu Lasten Dritter abschließen – da drückt kein Richter ein Auge zu“, warnt Niemann.

    Vertrauen Sie auf Ihr Fachwissen!

    Der Jurist empfiehlt, sich von Kundenwünschen nicht verunsichern zu lassen. „Ob Gefahren für Leib und Leben bestehen, können Handwerker sehr gut einschätzen“, betont Niemann. „Das ist Teil ihrer Gesellen- und Meisterausbildung, sie sind die Experten.“ Zudem sei das Recht auf ihrer Seite: In privaten Wohnräumen ließen DIN-Vorschriften und Landesbauordnungen zwar etwas Gestaltungsspielraum.

    Doch die jeweiligen Landesbauordnungen verlangten auch, dass die Anlagen verkehrssicher sein müssen und den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. „Dies zu gewährleisten obliegt in jedem Fall auch dem Handwerker. „Daher würde ich mich auf nichts einlassen, was ich aufgrund meines Wissens und meiner Erfahrung nicht guten Gewissens vertreten kann“, rät Niemann.

    Das gilt nicht nur für das Metallhandwerk. Verkehrssicherungspflichten finden sich in allen Landesbauordnungen, betreffen alle Bau- und Ausbaugewerke und sagen im Wesentlichen alle das gleiche: Bauliche Anlagen und öffentlich zugängliche Flächen von bebauten Grundstücken müssen verkehrssicher sein.

    Das bedeutet: „Was ich als Handwerker in den Verkehr bringe, muss sicher sein. Erkennbare Gefährdungen der Verkehrssicherheit darf ich nicht umsetzen. Ich darf keine Gefährdungsquellen schaffen“, betont die Juristin Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen.

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