Steuergeheimnis sticht Datenschutz: Während der laufenden Betriebsprüfung erhalten Betroffene keinen Einblick in anonyme Anzeigen.  
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Steuern

Betriebsprüfung: Gilt für anonyme Anzeigen der Datenschutz?

Wer anonym der Schwarzarbeit beschuldigt wird, hat bei einer Betriebsprüfung keine Akteneinsicht – schon gar nicht in die anonyme Anzeige. Die Chance zur Selbstverteidigung kommt erst später.

Tipps und anonyme Anzeigen sind eine wichtige Quelle für die Betriebsprüfer des Finanzamtes. Das gilt zumindest dann, wenn die Hinweise genug Substanz bieten und es sich nicht um offensichtliche Verleumdung handelt. Das Problem mit solchen Anzeigen: Wie sollen sich Betroffene dagegen wehren?

Der Fall: Anonyme Anzeige während der Betriebsprüfung

Das Finanzamt führt eine Außenprüfung in einem Unternehmen durch. Nach Beginn der Prüfung fordert der Fiskus von der Unternehmerin Aufträge und Stundenzettel der Arbeitnehmer, Arbeitsnachweise sowie Kostenvoranschläge und Angebote an. Zur Begründung führt es eine anonyme Anzeige wegen Schwarzarbeit an. Darin sei das Unternehmen beschuldigt worden, Überstunden „schwarz ausbezahlt“ und Erlöse „schwarz vereinnahmt“ zu haben.

Daraufhin beantragt die Unternehmerin beim Finanzamt Akteneinsicht. Insbesondere will sie Zugang zu Informationen, die in der Betriebsprüfungsakte zu der anonymen Anzeige enthalten sind. Dabei beruft sie sich auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Das Finanzamt bietet der Unternehmerin Auskunft über die sie betreffenden personenbezogene Daten an. Eine umfassende Akteneinsicht in sämtliche Dokumente und Aktenvermerke verweigert das Finanzamt hingegen.

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Das Urteil: Volle Akteneinsicht erst nach dem Prüfungsergebnis

Das Finanzgericht Düsseldorf entscheidet zugunsten des Finanzamtes. Zwar sei die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) grundsätzlich anwendbar – auch auf eine Betriebsprüfung und auch dann, wenn es um Körperschafts- und Gewerbesteuer geht.

Dennoch habe die Unternehmerin keinen Anspruch auf vollständige Akteneinsicht. Dagegen sprächen drei Gründe:

  • Der Klägerin gehe es nicht um Auskunft über die verarbeiteten eigenen Daten, sondern um Informationen zur anonymen Anzeige. Der Inhalt solcher Anzeigen lasse häufig Rückschlüsse auf deren Verfasser zu, für die jedoch das Steuergeheimnis gelte. Daher seien hier Steuergeheimnis und Datenschutz abzuwägen – und dafür habe die Unternehmerin keine Argumente zu ihren Gunsten geliefert.
  • Die DSGVO umfasse nur das Recht an den eigenen personenbezogenen Daten. Berechnungen, Einschätzungen und Überlegungen des Finanzamtes fielen während der laufenden Prüfung nicht unter das Auskunftsrecht.
  • Erst wenn das Ergebnis der Betriebsprüfung feststeht, könne sich die Unternehmerin dagegen mit allen Rechtsmitteln verteidigen. Dann müsse das Finanzamt alle Beweismittel offenlegen – und dazu gehöre dann auch der Inhalt der anonymen Anzeigen. (Urteil vom 10. August 2022, Az. 4 K 879/21 AO)
  • Über den Fall muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden (Az. II R 35/22).

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