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Vertragliche Absicherung reicht nicht immer

Haftungsfalle: Wenn Kunden Pfusch verlangen

Ein Kunde verlangt eine hingepfuschte Billiglösung, und das haben Sie schwarz auf weiß? Das kann vor Gericht trotzdem böse für Sie enden, wenn jemand dadurch zu Schaden kommt. In welchen Fällen Sie damit jedoch durchkommen, lesen Sie hier.

Es gibt Kunden, die sparen einfach an allem - sogar an der eigenen Sicherheit. Doch was tun, wenn ein Kunde partout auf der Billiglösung besteht, auch wenn die nicht dem Stand der Technik entspricht?

Jeder zweite Teilnehmer an einer handwerk.com-Umfrage lehnt solche Aufträge ab. Doch immerhin 42 Prozent würden solche Arbeiten ausführen - wenn der Kunde ihnen schriftlich gibt, dass sie ihn auf die Gefahren hingewiesen haben.

Expertin rät zum Verzicht

Ob das reicht? Auf der sicheren Seite ist nur, wer solche Aufträge ablehnt, rät Rechtsanwältin Cornelia Höltkemeier: „Besonders wenn der Kunde bewusst eine Abweichung von einer DIN-Norm oder einer anerkannten Regel der Technik verlangt, ist das auf jeden Fall die empfehlenswerte Reaktion“, sagt die Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen.

Warum das so ist, illustrieren drei Beispiele der Expertin.

Beispiel 1: Nach der Energie – und Einsparverordnung (EneV) müssen, wenn mehr als 10 Prozent einer Dachfläche erneuert werden, energetische Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, das heißt, eine entsprechende Dämmung muss her. Ein Kunde will zwar neue Ziegel auf dem Dach. Eine Dämmung jedoch lehnt er ab.

Die Lösung:

Auch wenn Sie sich von dem Auftraggeber schriftlich bestätigen lassen, dass er keine Dämmung will: Sie haben die Verantwortung im Sinne der EneV. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldandrohung bestraft werden. Deshalb sollten Sie sich darauf nicht einlassen.

Beispiel 2: Seit März 2011 dürfen nach den anerkannten Regeln der Technik Dachziegel nicht mehr nur verlegt, sondern sie müssen auch geklammert werden. Der Kunde: "Ich will aber nur die einfache Verlegung, das Klammern bezahle ich nicht."

Lösung: "Gehen Sie nicht auf den Kundenwunsch ein", warnt Höltkemeier. Würde andernfalls zum Beispiel ein Passant von einem herunterfallenden Ziegel verletzt, könnte die Gebäudeversicherung sowohl den Auftraggeber als auch den Unternehmer in Regress nehmen. Auch wenn eine schriftliche Bescheinigung des Auftraggebers vorliege, dass er bewusst von der Norm abweichen will: Immer wenn die Schädigung von Leib und Leben Dritter droht, nütze das dem Unternehmer nichts.

Beispiel 3: Ein Kunde will bei der Elektroplanung seines Einfamilienhauses von der sogenannten zukunftssicheren Elektroplanung nach DIN abweichen.

Lösung: Die Norm berücksichtigt die heutigen Anforderungen an eine moderne Elektroanlage. Das sind Komfortkriterien. Will der Kunde davon abweichen, sollte sich der Unternehmer dies schriftlich bestätigen lassen – in diesem Fall ist dies möglich.

Nächste Seite: Zwei klare Regeln, nach denen Sie bei solchen Aufträgen entscheiden sollten.

Zwei klare Regeln, nach denen Sie bei solchen Aufträgen entscheiden sollten

Bei Gefahr für Leib und Leben: Ablehnen!
In allen Fällen, in denen Vorschriften Leib und Leben des Kunden oder Dritter betreffen, nützt eine Bescheinigung des Kunden nichts – der Unternehmer bleibt in der strafrechtlichen Verantwortung, zum Beispiel beim Brandschutz bei Fotovoltaikanlagen, bauordnungsrechtlichen Normen oder technischen Bedingungen, die den Anschluss an das Niederspannungsnetz der Verteilnetzbetreiber regeln.

In allen anderen Fällen: Alles vertraglich regeln!
"Vereinbaren Sie ganz generell die Beschaffenheit eines Werkes wie einer Heizung, einer Fotovoltaik-Anlage oder einer Dachdeckung klar vertraglich", rät Höltkemeier. Denn bei einer Abweichung davon liege ein Sachmangel vor. Dafür hafte der Unternehmer im Rahmen seiner Gewährleistungsverpflichtung.

"Wenn im Vertrag nichts über die konkrete Art der Verwendung gesagt wird, dann würden Gerichte im Streitfall die Frage klären, was der Besteller des Werkes erwarten konnte", weiß die Rechtsanwältin.

Und wenn Sie den Kunden dadurch verlieren?
Wie verhalten Sie sich am besten, wenn Ihr Kunde eine Abweichung von der Norm wünscht – Sie den Kunden aber nicht verlieren möchten? "Klären Sie ihn sachlich und freundlich auf, warum Sie ihm hier nicht entgegenkommen können", sagt Wolfgang Miethke, Betriebsberater der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen. "Versuchen Sie höflich, ihn zum Umschwenken zu bewegen. Wenn er aber auf seiner Meinung beharrt, lehnen Sie den Auftrag ab."

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(bw)

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