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Neues Steuerrecht

Immobilien-Vorsteuer optimieren

Wer ein Gebäude für umsatzsteuerpflichtige Zwecke nutzt und gleichzeitig Räume umsatzsteuerfrei vermietet, kann die Vorsteuer nur begrenzt absetzen. Seit Januar gelten neue Regeln, wie die Vorsteuer aufzuteilen ist.

Nutzen Handwerker Betriebsgebäude teils für umsatzsteuerpflichtige Zwecke und vermieten Teile des Gebäudes umsatzsteuerfrei, ist die Vorsteuer nur begrenzt abzugsfähig. Mit dem Umsatzsteuergesetz sind nun zum 1. Januar 2004 neue Regeln verabschiedet worden, wie die Vorsteuer aufzuteilen ist.

Der Bundesfinanzhof zeigte sich im Jahr 2001 spendierfreudig und erlaubte es Unternehmern, die Vorsteuer aus dem Kaufpreis und den laufenden Grundstückskosten nach dem Verhältnis der umsatzsteuerfreien zu den umsatzsteuerpflichtigen Leistungen abzugrenzen (BFH, Urteil v. 17.8.2001, Az: V R 1/01). Doch die Finanzverwaltung legte hiergegen schnell ihr Veto ein und beharrte trotz des Urteils des Bundesfinanzhofs auf der Aufteilung der Vorsteuer nach dem Verhältnis der Wohnflächen. Im Umsatzsteuergesetz 2004 wurde in Paragraph 15 Absatz 4 nun erstmals festgelegt, dass die Anwendung des Umsatzsteuerschlüssels als alleiniger Aufteilungsmaßstab für die Abzugsfähigkeit der Vorsteuer nicht zulässig ist. Diese Aufteilung wird vom Finanzamt künftig nur noch dann akzeptiert, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist. In Vergleichszahlen ausgedrückt bedeutet das Folgendes:

Beispiel: Ein Handwerker errichtet ein Betriebsgebäude für 300.000 Euro zuzüglich 48.000 Euro Umsatzsteuer, wobei von der Gesamtfläche des Gebäudes 80 Quadratmeter Gewerbeeinheiten umsatzsteuerpflichtig und 120 Quadratmeter umsatzsteuerfrei als Wohnungen vermietet wurden. Für die Gewerbeeinheiten bekommt der Handwerker Mieten in Höhe von jährlich 15.000 Euro, für die Wohnungen 11.000 Euro. So rechnet die Finanzverwaltung: Die Finanzverwaltung wird auf die Aufteilung der Vorsteuern nach dem Nutzflächenverhältnis pochen. Weil danach 40 Prozent der Fläche zu umsatzsteuerpflichtigen Leistungen verwendet werden, dürfen auch nur 40 Prozent der Vorsteuern erstattet werden, hier also 19.200 Euro (48.000 Euro x 40 Prozent). Berechnung des Vorsteuerabzugs nach dem BFH-Urteil: Nach dem Umsatzsteuerschlüssel wären 58 Prozent Vorsteuern, also immerhin 27.840 Euro erstattungsfähig (bezogen auf den Gesamtumsatz von 26.000 Euro macht der umsatzsteuerpflichtige Umsatz in Höhe 15.000 Euro 58 Prozent aus).

Dieses Beispiel verdeutlicht die Brisanz der unterschiedlichen Ermittlungsmethoden für die Abzugsfähigkeit der Vorsteuer. Nicht nur die Vorsteuer aus den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten werden prozentual erstattet, sondern auch die Vorsteuern aus laufenden Grundstückskosten wie beispielsweise für Renovierungen und Hausverwaltung. Die richtige Methode hat also weit reichende finanzielle Auswirkungen. Grund genug, sich clevere Strategien zurecht zu legen.

Strategien für einen höheren Vorsteuerabzug

Um aus den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und den laufenden Grundstückskosten möglichst viel Vorsteuer erstattet zu bekommen, sind insbesondere folgende Strategien zu beachten:

Direkte Zuordnung: Wird ein Gebäude hergestellt oder saniert, sollten für die auf die umsatzsteuerpflichtig vermieteten Einheiten entfallenden Kosten extra Rechnungen erteilt werden. Können bestimmte Kosten diesen Gebäudeteilen zugeordnet werden, muss man sich erst gar nicht mit dem Finanzamt über die Methode zur Ermittlung der erstattungsfähigen Vorsteuer streiten.

Ertrags- und Verkehrswerte: Nicht nur die Vorsteueraufteilung nach Nutzflächen ist nach dem Gesetz zulässig. Auch die Aufteilung der Vorsteuer nach dem Verhältnis der Ertragswerte zu den Verkehrswerten kommt in Betracht. Hier besteht ein echtes Wahlrecht.

Cleverer Mix: Da die Finanzverwaltung wohl damit rechnen muss, dass diese Neuregelung gegen das Gemeinschaftsrecht der EU verstößt, hat man gute Karten, einen für alle Seiten akzeptablen Kompromiss zu erzielen. Am wirtschaftlichsten wäre es wohl, wenn die Umsatzsteuer nach allen drei Methoden ermittelt werden (Verhältnis Wohnflächen, Umsätze, Ertrags-/Verkehrswerte) und der Durchschnittsprozentsatz für die Vorsteueraufteilung herangezogen werden würde.

Veto: Natürlich kann man sich auch an die zu erwartenden Musterprozesse zu dieser Thematik als Trittbrettfahrer anhängen. Hierzu muss man die Vorsteuern nach dem vom BFH für zulässig erklärten Umsatzsteuerschlüssel ermitteln. Lehnt das Finanzamt diese Methode ab, muss man Einspruch einlegen und unter Hinweis auf ein dann anhängiges Verfahren bis zur endgültigen Entscheidung ein Ruhen des Einspruchsverfahrens beantragen.

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Rechnete ein Handwerker bisher ein Gebäude umsatzsteuerlich seinem Unternehmensvermögen zu, unterstellte die Finanzverwaltung bei Nutzung eines Raumes zu eigenen Wohnzwecken bisher stets eine unentgeltliche Wertabgabe, die nach Paragraph 4 Nr. 12a Umsatzsteuergesetz als umsatzsteuerfrei beurteilt wurde. Die Folge: Für den privat genutzten Teil gab es keinen Vorsteuerabzug. Dieser Grundsatz wurde jedoch durch ein Sensationsurteil des Europäischen Gerichtshofs völlig auf den Kopf gestellt. Dieser hob nämlich den Daumen, als der Inhaber eines Gartenbauunternehmens ein Haus baute und die volle Vorsteuererstattung beantragte. Und das obwohl er das Gebäude teils für seinen Betrieb, teils für eigene Wohnzwecke verwendete (EuGH, Urteil v. 8.5.2003, Az: C-269/00). Voraussetzung war jedoch, dass er das komplette Gebäude umsatzsteuerlich seinem Unternehmensvermögen zurechnete, dass der beruflich genutzte Anteil mindestens 10 Prozent der Gesamtfläche des Gebäudes betrug und dass er Jahr für Jahr für die privat genutzten Räumlichkeiten Umsatzsteuer ans Finanzamt überwies. Im Klartext heißt das: Erwirbt oder baut ein Handwerker ein Haus mit zwei Geschossen für 300.000 zuzüglich 48.000 Euro Umsatzsteuer und nutzt die obere Etage zu Wohnzwecken und das Erdgeschoss als Werkstatt, darf er nach dem Urteil des EuGH eine Vorsteuererstattung in Höhe von 48.000 Euro beantragen. Für die Nutzung der Privaträume bezahlt er dann Jahr für Jahr Umsatzsteuer ans Finanzamt. Ein Steuerdreh, der sich rechnet. Schließlich benötigt man deutlich weniger Fremdmittel für die Finanzierung seines Gebäudes.

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