Heimlicher Mitschnitt: In einer ausweglosen Situation kann das gerechtfertigt sein.
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Streit um Kündigung

Fieser Chef: Dann sind heimliche Tonaufnahmen erlaubt!

Ein Mitarbeiter zeichnet verdeckt Teile eines Personalgesprächs auf. Eigentlich ein Kündigungsgrund, doch in diesem Fall gab es einen guten Grund.

Der Fall: Der Kassierer in einer Drogeriekette verließ seinen Arbeitsplatz 15 Minuten zu früh. Am nächsten Tag folgten deswegen ein Streit mit einer Kollegin und ein Personalgespräch mit dem Filialleiter. Der Kassierer nahm Teile des Gesprächs heimlich mit seinem Handy auf, was unzulässig ist. Sein Arbeitgeber kündigte ihm deswegen fristlos.

Doch der Kassierer klagte: Er habe sich nicht anders zu helfen gewusst, denn der Chef habe ihn in diesem Vier-Augen-Gespräch beleidigt und diskriminiert. Um das beweisen zu können, habe er die heimliche Aufzeichnung gestartet. Dass dies illegal ist, habe er nicht gewusst.

Das Urteil: Die Richter am Landgericht Rheinland-Pfalz entschieden im Sinne des Kassierers und erklärten die Kündigung für unwirksam. „An sich“ würde der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs zwar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. In diesem Fall aber habe der Vorgesetzte seinen Mitarbeiter wegen seiner Religion beleidigt („Ihr Moslems lügt doch alle.“).

Der Mitarbeiter habe sich in einer „ausweglosen Situation“ befunden, so das Gericht. Außerdem sei sich der Kassierer nicht bewusst gewesen, etwas Verbotenes zu tun. Angesichts des langjährig bestehenden und des mehr als 17 Jahre störungsfreien Arbeitsverhältnisses, wäre es für den Arbeitgeber zumutbar gewesen, den Kassierer zum Beispiel in eine andere Filiale zu versetzen. (Urteil vom 19. November 2021, Az. 2 Sa 40/21)

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