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Beschluss von Bundestag und Bundesrat

Neue EU-Entsenderichtlinie: Das ändert sich Ende Juli

Grünes Licht für die Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie in Deutschland. Sie soll einheimische Betriebe und ausländische Beschäftigte künftig schützen.

Auf einen Blick:

  • Mit der neuen EU-Entsenderichtlinie hat Brüssel die Mindeststandards für entsandte Beschäftigte verschärft. In Deutschland treten die neuen Regeln Ende Juli in Kraft.
  • Ausländische Betriebe, die ihre Mitarbeiter für einen Auftrag nach Deutschland schicken, müssen dann nicht nur Mindestentgelte zahlen. Sie müssen auch beachten, was in allgemeinverbindlichen Branchentarifverträgen geregelt ist.
  • So können zusätzliche Ausgaben zum Beispiel für Schmutz- und Gefahrzulagen oder die Kosten für Reise-, Unterbringung- und Verpflegung auf sie zukommen. Außerdem haben sie Mindeststandards bei der Unterbringung einzuhalten.

Bundestag und Bundesrat haben die Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie beschlossen. Damit sollen vom 30. Juli 2020 an neue Regeln für Arbeitnehmer gelten, die von einem Betrieb im EU-Ausland für einen Auftrag nach Deutschland entsandt werden. Was bedeutet das für Betriebe und Arbeitnehmer? Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen, kennt die Antworten.

Neue EU-Entsenderichtlinie: Was steckt dahinter?

Innerhalb Europas herrscht Dienstleistungsfreiheit. Betriebe können deshalb innerhalb der EU Aufträge in jedem anderen EU-Land annehmen und ihre Mitarbeiter dorthin schicken. Das Problem daran: Bekommen die ausländischen Arbeitnehmer deutlich weniger Geld als ihre deutschen Kollegen, dann verzerrt das den Wettbewerb.

Für solche Arbeitseinsätze im EU-Ausland gelten deshalb Mindeststandards. Im Mai 2018 hat das EU-Parlament die neue EU-Entsenderichtlinie verabschiedet, mit der bestehende Vorgaben verschärft wurden. Die Bundesregierung musste diese geänderten Vorgaben in deutsches Recht umsetzen. „Dieser Verpflichtung ist sie jetzt nachgekommen“, sagt Höltkemeier.

Durch die geänderte Entsenderichtlinie sollen der Juristin zufolge folgende Ziele erreicht werden:

  1. Besserer Schutz von entsandten Arbeitnehmern,
  2. Aufrechterhaltung der Dienstleistungsfreiheit in Europa,
  3. Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durch Angleichung der Einsatzbedingungen.

Was ändert bei der Vergütung von entsandten Arbeitnehmern

Zu den wichtigsten Neuerungen gehört laut Höltkemeier, dass entsandten Arbeitnehmern künftig nicht nur die Mindestentgeltsätze zustehen, sondern auch zusätzliche Vergütungsbestandteile. Relevant ist das für alle Branchen mit einem bundesweit allgemeinverbindlichen Tarifvertrag: „Dort haben Betriebe aus dem EU-Ausland nicht nur die Pflicht den Mindestlohn zahlen“, erläutert die Juristin. „Sie müssen ihren entsandten Mitarbeitern auch alle weiteren Entlohnungsbestandteile zahlen, die diese allgemeinverbindlichen Tarifverträge vorschreiben.“ Das können zum Beispiel Schmutz- und Gefahrzulagen oder Zuschläge sein.

Was die Neuregelung für Betriebe konkret bedeutet, erläutert sie an einem Beispiel für das Bauhauptgewerbe:

  • Dort mussten Arbeitgeber ihren entsandten Mitarbeitern nach den alten Regeln den Mindestlohn 1 beziehungsweise 2 zahlen. Außerdem mussten sie bisher noch Beiträge zur Urlaubskasse an die SOKA Bau überweisen.
  • Nach den neuen Regeln müssen sie künftig auch Zulagen und Zuschläge zahlen, die der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) vorsieht – also zum Beispiel Erschwerniszuschläge wie auch Zuschläge für Nachtarbeit und für, Sonn- und Feiertagsarbeit.

Eine weitere Neuerung gibt es durch die neue EU-Entsenderichtlinie bei Kosten für Reise, Unterbringung und Verpflegung. Die müssen ausländische Arbeitgeber laut Höltkemeier künftig für ihre entsandten Mitarbeiter übernehmen, sofern allgemeinverbindliche Tarifverträge diese Kostenübernahme vorsehen.

Beispiel: Im Bauhauptgewerbe müssen sie ihren Mitarbeitern künftig die Fahrkostenabgeltung und den Verpflegungszuschuss zahlen, den § 7 BRTV vorschreibt.

Welche weiteren Änderungen gibt es durch das neue Gesetz?

Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie enthält nicht nur Verbesserungen bei der Entlohnung. Laut Höltkemeier bringen die neuen Regeln auch bessere Standards für Unterkünfte mit sich. Denn sofern die Unterkünfte vom Arbeitgeber gestellt werden, sollen dafür künftig auch die Vorschriften über Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz gelten. „Das Unterbringen in ungeeigneten Schrottimmobilien soll dadurch bekämpft werden“, erläutert die Juristin.

Wer kontrolliert die Einhaltung der neuen Regeln?

In Deutschland gibt es schon jetzt Regeln für den Einsatz von entsandten Arbeitnehmern. Zu prüfen, ob die auch eingehalten werden, ist bislang Aufgabe der Zollverwaltung. „Dabei bleibt es auch mit den neuen Regeln“, sagt Höltkemeier. Die Zuständigkeiten der Zollverwaltung werden ausgeweitet, so die Juristin.

Wie ist sind die neuen Regeln aus Handwerkssicht zu bewerten?

Für die Bau- und Ausbaugewerke sieht Cornelia Höltkemeier die neue EU-Entsenderichtlinie als Verbesserung gegenüber den bisherigen Regeln. Allerdings müssten die neuen Regeln auch kontrolliert werden, damit sie Wirkung entfalten können.

Positiv hebt die Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen hervor, dass regionale Tarifverträge nicht für entsandte Arbeitnehmer gelten. „Es ist gut, dass dieses Vorhaben verhindert werden konnte, denn das wäre in der Praxis kaum zu kontrollieren gewesen.“

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Foto: Jürgen Fälchle - stock.adobe.com Arbeiter sind auf einer Großbaustelle im Einsatz

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