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Gesundheitshandwerk

"Nicht der höchste Seriösitätsgrad"

Ein Gesetz soll so genannte "Kickback-Geschäfte" zwischen Hörgeräte-Akustikern und HNO-Ärzten eindämmen. Die Initiative zeigt vor allem eins: Die Korruption ist in der Akustikerbranche eine ganz normale Angelegenheit.

HNO-Ärzte lassen sich dafür schmieren, dass sie ihre Patienten zu bestimmten Hörgeräteakustikern schicken. Dass dieser spezielle "Geldstrom" in Deutschlands Hörgerätebranche "seit Jahren zum Alltag gehört", berichtet die Financial Times Deutschland (FTD). Danach zahlen Handwerksmeister den Medizinern "bis zu 400 Euro pro Patient". Manchmal fließe das Schmiermittel direkt, oft werde die Zahlung als "vermeintlich nützliche Zusatzleistung verbucht #150; und damit vertuscht".

Ein praktisches Beispiel für so eine Vertuschungsaktion sei die "Fragebogen-Nummer", berichtet ein Hörgeräteakustiker-Meister in der FTD. Der Ablauf: Der Handwerker sendet dem HNO-Arzt einen Bogen mit einigen Fragen, deren Beanwortung "offiziell" die Qualität der Versorgung verbessern solle. Für seine Mühen erhalte der Mediziner allerdings ein Honorar, das den "Aufwand um ein Vielfaches" übersteigt #150; die Gegenleistung für einen neuen Kunden.

Dass die "Sache mit den Fragebögen missbrauchsfähig" ist, gesteht ein Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der HNO-Ärzte in der FTD ein. Zwar sei "die Idee an sich" gut. Es seien aber auch Bögen im Umlauf, die nicht den "höchsten Seriösitätsgrad" hätten.

"Für viele Ärzte ist es mittlerweile selbstverständlich, dass sie vom Akustiker Geld bekommen. Es gibt kaum ein Unrechtsbewusstsein", bestätigt der norddeutsche Hörgeräteakustiker-Meister Wilfried Zerbin (Name von der Redaktion geändert) gegenüber handwerk.com. Ein Kollege schätzt in der FTD, dass nur 50 Prozent aller Hörgeräteakustiker "sauber" arbeiten. Was ist mit der anderen Hälfte? Die wende aus "Profitgier unsaubere Methoden an".

Ein Gesetz, das im April in Kraft treten wird, soll die "Kickback"-Geschäfte eindämmen. Der § 128 des SGB V wird "Leistungserbringern" verbieten, dass sie Vertragsärzte "gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung von Hilfsmitteln beteiligen". Die Initiative sei erst auf massiven Druck der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker zustande gekommen, sagt Zerbin: "Die Ärzteverteter sahen keinen Handlungsbedarf."

Wird die Initiative die Branche transparenter und ehrlicher machen? Zerbin bezweifelt das. Schließlich werde das meiste Geld, das in die Kitteltaschen von HNO-Ärzten wandere, nirgendwo verbucht. Und glaubt man der FTD, wird der "Anreiz zum Betrug" künftig eher noch steigen. Denn: Die Hörgeräte-Akustiker befinden sich in einer Wachstumsbranche. Die Menschen werden immer älter, die privaten Hörgewohnheiten immer drastischer, die Anforderungen des Berufslebens an das sensible Sinnesorgan immer höher. Laut FTD haben etwa 15 Millionen Menschen in Deutschland ein Hörproblem, aber "nur zwei bis bis drei Millionen tragen ein Hörgerät".

(sfk)

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