Auf einen Blick:
- Diskriminierung auf der Baustelle und fehlender Nachwuchs im Handwerk: Diese beiden Dinge liegen für Malermeisterin Maren Kogge nah beieinander.
- Ihre Vision: Das Handwerk mit seinen Menschen und Branchen zu präsentieren – in der Initiative „Buntes Handwerk“.
- Ihr Wunsch: Betriebe sollen über Vielfalt im Handwerk sprechen und allen die Chance geben, im Handwerk Fuß zu fassen. Das ist aus Kogges Sicht ein Ansatz, gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Sie ist Gründerin der Initiative „Buntes Handwerk“ und macht sich für Diversität im Handwerk stark: Malermeisterin Maren Kogge aus dem bayerischen Amerang. Wie Handwerkerinnen und Handwerker Diversität als Stärke für ihr Unternehmen nutzen können und was sie für mehr Toleranz im Handwerk tun können, verrät sie im handwerk.com-Interview.
handwerk.com: Was bedeutet für Sie „Buntes Handwerk“ und wie sind Sie auf die Idee für die Initiative gekommen?
Maren Kogge: Die Idee für Buntes Handwerk kam aus der Überzeugung heraus, dass wir gerade aufgrund des Nachwuchs- und Fachkräftemangels jeden brauchen, der Interesse am Handwerk hat. Diese Idee habe ich mit Kollegen und Freunden aus verschiedenen Branchen im Handwerk mit Leben gefüllt. Unsere Vision ist, dass die Türen der Betriebe allen offen stehen – unabhängig von Aussehen, Ethnizität, Herkunft, Name oder Religion. In Diversität liegt aus unserer Sicht eine große Chance für das Handwerk. Und diese Chance können und sollten alle Handwerksbetriebe nutzen.
Dazu kommt, dass ich auf Baustellen schon mehrfach Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht habe. Es war mir ein Anliegen, auf dieses Thema in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen. Den Titel „Miss Handwerk 2023“ konnte ich im vergangenen Jahr dafür nutzen, die Initiative Buntes Handwerk bekannter zu machen. Es freut mich, dass das Netzwerk immer weiter wächst.
„Das Handwerk braucht alle Menschen“
handwerk.com: Was wollen Sie mit „Buntes Handwerk“ konkret erreichen?
Kogge: Als erstes wollen wir mit Vorurteilen und Stereotypen im Handwerk aufräumen. Außerdem braucht es Aufklärungsarbeit in Sachen Diversität: Denn wenn wir die Chancen nicht erkennen, die uns Offenheit und Toleranz bieten, verlieren wir viele junge Menschen für das Handwerk.
Das Problem ist nämlich, dass viele Interessenten, die gern ins Handwerk kommen würden, nicht eingestellt werden. Warum? Weil sie beispielsweise einen Migrationshintergrund haben, homosexuell sind oder selbst Diskriminierung erfahren haben. Andere wollen sich einfach kein dickeres Fell zulegen und wandern ab. Doch wenn wir gar nicht erfahren, dass jemand Ängste oder Vorurteile hat, können wir auch nicht aufklären.
handwerk.com: Wie haben Sie die Themen bislang praktisch angepackt?
Kogge: Wir sind dabei, uns ein Partnernetzwerk aufzubauen. Konkret wollen wir die Ausbildungsberater der Handwerkskammern ansprechen und für das Thema Diversität sensibilisieren. Dann können sie in der Beratung besser auf Wünsche und Bedürfnisse der Bewerber und Betriebe eingehen. Interessenten sollten auf Anfrage Auskunft darüber erhalten, wo sie diskriminierungsfreie freundliche Betriebe finden und an wen sie sich wenden können.
Wir wollen in Zukunft Diversity-Schulungen anbieten – auch für Unternehmerinnen und Unternehmer. Konkret sind wir mit einigen Handwerkskammern schon in der Planung. Dafür qualifizieren wir uns selbst vorab als Diversity Manager oder holen Experten mit dazu. Unser Ziel ist es, dass die Menschen im Handwerk bleiben und noch mehr ins Handwerk kommen wollen. Aber zunächst müssen viel mehr Betriebe und ihre Mitarbeitenden mit der Problematik vertraut gemacht werden.
Im Handwerk ist kein Platz für Diskriminierung
handwerk.com: Und was können Betriebe aus Ihrer Sicht selbst schon umsetzen?
Kogge: Sie können mit ihrem Team Diversitäts-Schulungen besuchen und innerhalb des Betriebs das Thema immer wieder aufgreifen. Oft ist die Einrichtung einer zweiten oder dritten Toilette das Problem, anderen Betrieben fehlt es an der Definition ihrer Unternehmenskultur. Und manchmal ist es einfach die ablehnende Haltung gegenüber anderen oder der Umgangston, der den Unterschied macht.
Als Einstieg in das Thema eignet sich ein Leitfaden für alle Mitarbeitenden, in dem klar und deutlich steht, dass in dem Betrieb kein Platz für Diskriminierung ist. Betriebe können es auch nach außen sichtbar machen, dass sie beispielsweise ein frauengeführter Betrieb sind und weibliche sowie Transgender Mitarbeitende willkommen sind. Google Business hat einen Button dafür.
handwerk.com: Wie können Interessenten das Team von Buntes Handwerk kontaktieren?
Kogge: Wir haben einen Instagram-Kanal, über den läuft der Großteil der Kommunikation. Zudem stellen wir uns auf Veranstaltungen vor und bei den Handwerkskammern. Die meisten unserer mehr als 100 Mitglieder sind auch bei LinkedIn aktiv und berichten über unsere Aktivitäten.
Betriebe und Verbände, die uns unterstützen wollen, können auf Instagram die Hashtags #bunteshandwerk oder #bunteshandwerkstelltsichvor nutzen oder uns markieren. Dann teilen wir die Beiträge und vergrößern unser Netzwerk.
handwerk.com: Sie waren 2023 zum ersten Mal mit einem Wagen beim CSD in Köln dabei. Welche Städte stehen dieses Jahr auf dem Programm und was erhoffen Sie sich davon?
Kogge: 2023 hat sich das Handwerk zum ersten Mal auf einem Christopher Street Day (CSD) mit einem eigenen Wagen präsentiert. Wer in diesem Jahr an dem Wagen mitbauen möchte und dabei sein will, kann uns über Instagram kontaktieren. Wir planen dieses Jahr München, Köln, Berlin und Hamburg.
Wir wollen dort zeigen, wie bunt und vielfältig das Handwerk ist. Es gibt nicht nur mehr als 130 Berufe im Handwerk, sondern auch Menschen und Köpfe, die es mit Leben füllen. Wir brauchen alle Hände und freuen uns, wenn wir bei Buntes Handwerk immer mehr werden.
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