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Neues Urteil mit Folgen

Schadenersatz für verfallenen Urlaub?

Ein aktuelles Urteil verunsichert: Könnten Mitarbeiter Schadenersatz fordern, falls ihr Urlaub verfällt? 3 Tipps, wie Sie sich dagegen schützen!

Den Zündstoff liefert das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg: In dem behandelten Fall hatte ein Arbeitnehmer 2012 keinen Urlaub erhalten. Er hatte allerdings auch keinen Urlaubsantrag gestellt und nach Ende des Arbeitsverhältnisses auf finanzielle Abgeltung geklagt.

Das Gericht gab ihm recht: Ein Arbeitgeber sei verpflichtet, den Urlaubsanspruch auch ohne vorherigen Urlaubsantragvon sich aus zu erfüllen. Komme er dem nicht nach und verfällt dadurch der Urlaubsanspruch, müsse er Schadensersatz leisten (Urteil vom 12. Juni 2014, Az. 21 Sa 221/14).

Das Urteil ist allerdings zur Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Aus gutem Grund, denn die Entscheidung weicht von der bisherigen Rechtsprechung des BAG ab.

Was könnte sich durch das neue Urteil nun ändern? Müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter jetzt schriftlich auffordern, Urlaub zu nehmen, um Schadensersatz zu vermeiden?

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Was steht im Gesetz?

Erst einmal erscheint es fraglich, ob es Aufgabe des Arbeitgebers ist, dem Arbeitnehmer den Urlaub aufzudrängen, betont Sebastian Bobinski, Geschäftsführer der Tischler-Innung Berlin. „Wir hoffen, das BAG bleibt bei seiner bisherigen Linie und entscheidet in der Revision im Sinne der Arbeitgeber.“

Wörtlich ausgelegt müsste der Arbeitgeber aktiv werden
Doch das hält Jurist Bobinski für gar nicht so sicher. „Das Gericht bezieht sich auf das Bundesurlaubsgesetz und da steht ganz klar, dass der Arbeitgeber den Urlaub unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers gewährt.“ Bisher hatte das BAG das als „Recht auf Urlaubsgewährung“ ausgelegt. In der Praxis bedeutete das„Urlaub auf Antrag“, sagt Bobinski.

„Aber wenn das BAG das Gesetz wortwörtlich nimmt – wie das LAG es getan hat – ist der Arbeitgeber möglicherweise sogar dazu verpflichtet. Stellt ein Mitarbeiter keinen Urlaubsantrag, dann müsste der Chef ihn von sich aus in den Urlaub schicken, damit kein Schadensersatzanspruch entsteht.“

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So verhalten sich Arbeitgeber richtig!

Und was rät Jurist Bobinski den Unternehmern?

1. Nicht vorsorglich auszahlen!
Auf gar keinen Fall sollten sie vorsorglich mit Mitarbeitern auf „Auszahlung“ zu einigen. „Wer Urlaub vor dem Ende eines Arbeitsverhältnisses auszahlt, verstößt gegen das Gesetz.

Der Arbeitnehmer könnte seinen Urlaubsanspruch noch einmal stellen Daran ändert auch das LAG-Urteil nicht. Solange ein Arbeitsverhältnis besteht, müsste auch ein möglicher Schadensersatzanspruch durch Ersatzurlaub geleistet werden.“

Daher sollten die Betriebe abwarten, ob und wie sich das BAG zu dieser Frage äußert und sich in Zweifelsfällen juristischen Rat bei der Innung holen.

2. Mitarbeiter zum Urlaub auffordern!
Wer schon jetzt auf Nummer sicher gehen will, könne auch rechtzeitig seine Mitarbeiter dazu auffordern, ihren Urlaub zu beantragen. „Das würde spätestens im Septembermachen mit dem Hinweis versehen, dass nicht genommener Urlaub bis auf wenige gesetzliche Ausnahmen am Jahresende verfällt.“

3. Zur Not: Zwangsurlaub androhen! 
Die bloße Aufforderung alleine reiche aber vielleicht nicht aus, „falls das BAG das Bundesurlaubsgesetz ganzneu und streng auslegt“. Daher können Unternehmer für die Mitarbeiter, die sich auf die erste Aufforderung hin nicht äußern, gleich Nägel mit Köpfen machen: „Wir gewähren Ihnen Urlaub in der Zeit vom …. bis zum …., soweit Sie uns nicht bis zum ……. Ihre abweichenden Urlaubswünsche mitgeteilt haben“Damitdürften die Unternehmer auf der sicheren Seite sein.




(jw)

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