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Foto: handwerk.com

Ohne Unterschrift - mit Folgen

Erfolgreich gegen dubiosen Vertragsabschluss gewehrt

Ein Handwerksmeister sollte für einen Vertrag zahlen, obwohl er gar keinen Vertrag unterschrieben hatte. Dann hat er die Presse eingeschaltet - mit Erfolg.

9. April 2009. Eigentlich ein guter Tag im Leben des Kfz-Mechanikermeisters Peter Zelinski (Name geändert). Er hat reichlich Arbeit, seine Werkstatt im niedersächsischen Bergen steht voll mit Autos, die auf eine Reparatur warten. Das einzige Problem: Zelinski ist Einzelkämpfer, und alle zwei Minuten klingelt das Telefon. Als sich der Akquisiteur eines Online-Branchenverzeichnisses meldet, hört der Handwerker schon nicht mehr genau hin. Weil er den Anruf der Gelbe Seiten-Mitbewerberin charmant beenden wollte, habe er um ein schriftliches Angebot gebeten: "Ich habe bestimmt nie gesagt, dass ich einen Eintrag möchte.“ Nur wenig später liegt die erste Rechnung auf seinem Bürotisch.

Das Gespräch wurde von der Anbieterin mitgeschnitten, der Inhalt hätte also für Klarheit sorgen können. Doch in einem Brief an Zelinskis Anwältin teilte die Rechtsabteilung des Online-Verzeichnisses lediglich mit, dass eine Überprüfung der Aufzeichnung ergeben habe, dass "Ihr Mandant einen Vertrag mit uns […] abgeschlossen hat“. Die Gesprächsaufzeichnung könne nur zu gerichtlichen Zwecken versendet werden.

Überraschende Wende nach Presseanfrage: Weiter auf Seite 2...

Überraschende Wende nach der Presseanfrage

Dass er sich blauäugig verhalten hat, gesteht Zelinski heute ein. Er hatte sich nicht nur "irgendwie belatschern“ lassen und dem Akquisiteur seine Kontonummer diktiert. Auch die ersten Mahnungen nahm er nicht sonderlich ernst. Zwischenzeitlich führte Zelinskis Sturheit sogar dazu, dass sein Firmenkonto gepfändet wurde.

Interessanter als die enervierenden Details sind ohnehin die grundsätzlichen Aspekte, die sich aus dem Fall Zelinski ergeben. Ist es nicht sonderbar, dass eine kostspielige Geschäftsbeziehung – immerhin sollten Monat für Monat 45 Euro fällig werden – allein auf einem Telefonat basieren kann? "Warum gehen Sie davon aus, dass die Betriebe, die Sie akquirieren, Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis nehmen?“ Das ist eine von fünf Fragen, die die Redaktion dem Verzeichnisanbieter schriftlich gestellt hat. Das Unternehmen, dessen Zentrale in Essen sitzt, hat keine unserer Fragen beantwortet, beweist aber immerhin (wahrscheinlich unfreiwillig) Humor: "Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.“

Dann die Überraschung: Nur fünf Tage nach dieser "Antwort“ erreicht Zelinskis Anwältin ein Schreiben, in dem das Unternehmen plötzlich die außerordentliche Kündigung akzeptiert und auf weitere Forderungen verzichtet. Die Bedingung: "Im Gegenzug“ soll Zelinski der handwerk.com-Redaktion "unverzüglich die einvernehmliche Erledigung dieser Angelegenheit mitteilen." Und: "Er wird keine Aussagen über den Inhalt dieses Vergleichs treffen.“ Das käme Zelinski natürlich niemals in den Sinn. Nur so viel sagt der Handwerksmeister: "Es zahlt sich aus, euch anzurufen, wenn’s brennt.“

Unberechtigte Rechnungen generell anfechten: Weiter auf Seite 3 ...

Unberechtigte Rechnungen generell anfechten

Dass es sich lohnen kann, in Notfällen die Presse einzuschalten, weiß auch Peter Solf, Mitglied der Geschäftsführung des Deutschen Schutzverbandes gegen Wirtschaftskriminalität. Seine Tipps für Betriebe, die glauben, dass Branchenverzeichnisse sie übervorteilen wollen:

  • Unberechtigte Rechnungen generell vorsorglich anfechten.
  • Kommt dennoch ein Mahnbescheid? Den Anwalt anrufen.
  • Die Presse informieren - schon um andere Betroffene zu warnen.

Was kann ein Kunde tun, wenn er sich nicht sicher ist, ob es sich um einen seriösen, verlässlichen Werbepartner, wie zum Beispiel einen Gelbe Seiten Verlag handelt oder um einen eher fragwürdigen Anbieter?

"Derartige Wettbewerber agieren auf sehr vielfältige Art und Weise, um unsere Kunden zu einem Vertragsabschluss zu bewegen. Häufig sind es Fax-Formulare oder E-Mails, aber auch die Telefon-Masche ist uns nicht unbekannt", sagt Claudia Stavrakoudis, Service-Redakteurin bei der Schlüterschen Verlagsgesellschaft.

Claudia Stavrakoudis: "Grundsätzlich empfehlen wir unseren Kunden: Nehmen Sie sich für eine Beratung oder ein Telefongespräch immer die nötige Zeit. Lesen Sie Mails, Briefe oder Faxschreiben genau durch und prüfen Sie diese. Und sollten Sie Sie doch Zweifel haben, rufen Sie uns einfach an, z.B. über die Verlagsrufnummern in Ihren Gelbe Seiten."

(sfk)

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