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Eine Erfolgsgeschichte zum Nachlesen

Eine Erfolgsgeschichte zum Nachlesen

Eine traditionsreiche Vergangenheit ist ein Pfund, mit dem Betriebe wuchern können: Sie schafft Vertrauen beim Kunden.

Unternehmenshistorie als Marketinginstrument: Eine traditionsreiche Vergangenheit ist ein Pfund, mit dem Betriebe wuchern können. Vor allem schafft sie Vertrauen beim Kunden.

Über ein halbes Jahr lang war Markus Baukmeier auf Spurensuche in der Vergangenheit, wühlte sich durch alte Familienfotos, fahndete nach Lohnlisten, Lehrverträgen und Meisterbriefen: Es galt, hundert Jahre Firmen- und Familiengeschichte aufzuarbeiten.

Der 31-Jährige Betriebswirt ist gemeinsam mit seiner Schwester die vierte Generation in der 1903 gegründeten Firma Otto Baukmeier Meisterstück-Haus in Hameln, das mit rund 100 Mitarbeitern erfolgreich im Bereich Ingenieurholzbau und Holzfertigbau tätig ist. Als Clou zum 100-jährigen Jubiläum erarbeitete die Familie gemeinsam mit einer Werbeagentur eine Firmenchronik.

Das ist kein Einzelfall: Längst sind es nicht mehr nur die großen Konzerne, die ihren Werdegang dokumentieren. Auch unter den mittelständischen Betrieben wächst die Nachfrage nach professionell aufgearbeiteten Firmengeschichten.

"Der Markt für Festschriften und Unternehmenshistorien wächst beständig", hat Axel Gierspeck beobachtet. Der Unternehmensberater und Geschäftsführer der Göttinger "Gesellschaft für Unternehmenshistorie und Medientechnik" erarbeitet seit 1995 historische Dokumentationen für Firmenkunden. Diese hätten bemerkt, dass ihre Geschichte ein wichtiger Bestandteil ihrer Identität darstellt: "Festschriften sind ein ideales Marketinginstrument", sagt Gierspeck. "Ein Unternehmen ist heute schnell gegründet. Aber es jahrzehntelang erfolgreich zu führen, das kann nicht jeder."

Vertauensbildende Maßnahme

Das weiß auch Markus Baukmeier: "Gerade in unserer Branche kommt es auf Vertrauen und Beständigkeit an. Die Bauherren schauen schon sehr genau hin, mit wem sie zusammenarbeiten." So gesehen, sei die Firmenchronik auch eine vertrauensbildende Maßnahme: Ein Unternehmen, das seit 100 Jahren erfolgreich am Markt ist, belege durch seine Firmengeschichte eine lange Tradition von Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.

Die Tradition könne von den Kunden verstanden werden als Basis für die Geschäfte der Zukunft: "Der Aufwand für eine Chronik lohnt sich letztlich nur, wenn das Ergebnis auch verkaufsfördernd eingesetzt werden kann", sagt Baukmeier.

Nicht nur Werbeagenturen und Journalisten bieten professionelle Unterstützung bei der Aufarbeitung der Vergangenheit an. Längst haben auch Historiker den sich hier auftuenden Markt für sich entdeckt. In Agenturen wie dem Kölner "Geschichtsbüro" oder dem "Institut für Firmengeschichte" in Heidelberg bieten sie ihre profesionelle Dienstleistung an.

Auch der Diplom-Historiker Stefan Felleckner erforscht seit rund einem Jahrzehnt die Geschichte von Handwerksbetrieben und deren Organisationen. So hat der Wolfsburger nicht nur die Vergangenheit der Kreishandwerkerschaft Gifhorn und der Handwerkskammer Lüneburg-Stade aufgearbeitet, sondern kürzlich erst eine Sammlung von Betriebsgeschichten aus der Gifhorner Region erstellt.

Eine ernst zu nehmende Firmenhistorie erfordere "ab einem gewissen Umfang den Einsatz eines Profis", meint Felleckner. Nicht nur, weil dieser gelernt habe, historische Quellen nach allen Regeln der Wissenschaft einzuordnen und auszuwerten: "Bei Amateuren, die in der Geschichte ja nicht zuhause, sondern lediglich zu Gast sind, besteht immer die Gefahr, dass sie in gutem Glauben historisch falschen Klischees aufsitzen."

Ghostwriter für die Firmenchronik

"Eine gelungene Firmengeschichte sollte immer eine gute Mischung sein aus Fakten, Anekdoten und Persönlichem", sagt Stefan Felleckner, auf Handwerkswesen spezialisierter Diplom-Historiker und erfahrener Firmenchronist. Das gelte ebenso für weniger Seiten starke Jubiläumsschriften wie auch für umfangreichere Dokumentationen.

Je nach gewünschtem Umfang und Anspruch einer Unternehmensgeschichte könne der Firmeninhaber - oder ein Mitarbeiter - durchaus selbst die Vorarbeiten leisten, meint Felleckner. Es empfehle sich allerdings, die Texte anschließend von einem Außenstehenden überarbeiten zu lassen: "Dafür sollte man jemanden an der Hand haben, der mit Texten umgehen kann. Das betrifft nicht nur Redaktionelles wie Satzbau oder Orthographie, sondern auch gewisse dramaturgische Kniffe."

Auch die Hamelner Familie Baukmeier nahm professionelle Hilfe in Anspruch, als sie sich zum 100-jährigen Jubiläum ihrer Firma Meisterstück-Haus eine Chronik plante, berichte Markus Baukmeier: "Wir haben die Recherchen weit gehend selbst gemacht.

Unterstützt hat uns allerdings eine Journalistin, die früher bei der Lokalzeitung gearbeitet hatte und sich daher mit den hiesigen Archiven sehr gut auskannte." Geschrieben, gestaltet und produziert habe die 24-seitige Chronik anschließend die Werbeagentur, die sowieso mit der gesamten Organisation der Jubiläumsfeier beauftragt war.

Variable Kosten

Die Kosten für eine Chronik lassen sich nur schwer beziffern, gibt Axel Gierspeck zu bedenken, Leiter der Göttinger Gesellschaft für Unternehmenshistorie und Medientechnik mbH. Der Preis hänge nicht nur von der Höhe der Auflage ab, die sich fast immer zwischen 1000 und 2000 Exemplaren bewegt, sondern auch von der gewünschten Aufmachung: "Ein sechsseitiger Flyer ist günstiger zu haben als eine 80 Seiten umfassende Festschrift im DIN A 4-Format im Vollfarbdruck auf Hochglanzpapier", sagt Gierspeck.

"Die Hälfte bis zwei Drittel der Kosten werden durch den Druck bestimmt." Aber auch der Rechercheaufwand könne kräftig zu Buche schlagen: "Hat eine Firma ein geordnetes und bereits aufgearbeitetes Archiv, ist der zeitliche Aufwand geringer, als wenn man erst einmal Material zusammensuchen muss."

Unter seinen Kunden seien sowohl 70-Mitarbeiter-Firmen, denen er für 10 000 Euro eine 24-seitige Festschrift angefertigt habe, als auch Firmen, denen er eine 80-Seiten-Chronik für 20 000 Euro erstellt habe: "Der Preis hängt eben auch von der gewünschten Aufmachung ab."

Alte Firmenwagen in neuem Glanz

Werbung mit der Betriebsgeschichte: Eíne wichtige Bedeutung kommt dabei immer öfter auch alten Firmenwagen zu.

Das sagt beispielsweise Dieter Dreyer, Nutzfahrzeugrestaurator aus Alfeld bei Hannover.

"Gerade jüngere Unternehmen kommen in letzter Zeit zu uns und wollen alte Fahrzeuge aus längst vergangenen Zeiten aufarbeiten lassen", so Dreyer weiter.

Ein Trend, den auch Wolfgang Lehmann, Oldtimer-Enthusiast und Chef des Fahrzeugbauunternehmens LeCar in Hannover-Langenhangen, beobachtet hat. Vor allem Speditionen, aber auch viele Handwerksunternehmen kämen in die Oldtimer-Werkstätten, um entweder vorhandene Fahrzeuge aufarbeiten zu lassen oder eben auch restaurierte Vehikel als Ergänzung des eigenen Fuhrparks zu kaufen.

Geradezu klassisch seien dabei beispielsweise auch junge Betriebsübernehmer, hat Dreyer festgestellt. Sie hätten in den alten Firmenunterlagen gestöbert und seien durch Fotos auf die historische Firmenflotte aufmerksam geworden. Oft entstehe daraus der Wunsch, das Fahrzeug in den Fuhrpark einzureihen, mit dem der Betrieb einst groß geworden ist, berichtet Dreyer, dessen Unternehmen mittlerweile weltweit exklusiv vom DaimlerChrysler-Konzern mit der Restaurierung alter Sternträger im Nutzfahrzeugbereich beauftragt wird.

Auch komme es immer häufiger vor, dass ein historisches Fahrzeug den Firmensitz als Ausstellungsstück bereichern soll, haben beide Oldtimer-Experten festgestellt. Fakt sei allerdings auch, dass das Geschäft mit dem "alten Blech" durch die gegenwärtige Wirtschaftskrise nicht gerade leichter geworden sei.

Bestseller aus dem Schwabenland

Eine Unternehmenshistorie aus dem Schwabenland hat sich zum Bestseller entwickelt.

"Ein Glücksfall für die Gegenwartsliteratur", "ein fesselnder und einfühlsamer Bericht": Die überregionale Presse überbot sich fast mit ihren Lobeshymnen. Diese galten aber in diesem Fall nicht etwa dem neuesten Krimi von Henning Mankell - sondern der Firmenhistorie eines mittelständischen Unternehmens aus dem Schwabenland. Das klingt eher solide als hitverdächtig - und doch schaffte es "Der schwarze Grat" von Burkhard Spinnen in die Bestenlisten - ganz zu schweigen von dem "Herbert Quandt Medien-Preis 2003", mit dem es prämiert wurde.

Weitere Informationen zu diesem Thema:

"Der schwarze Grat" von Burkhard Spinnen, Verlag Schöffling amp; Co. 2003, 312 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 3-89561-037-2

Wir nehmen uns ihrer Geschichte an

Eigentlich hatten Sie es schon lange vor aber bisher haben Sie noch nie die Zeit dazu gefunden, die Geschichte Ihrer Firma aufzuarbeiten?

Sie sind seit Jahrzehnten mit Ihrem Betrieb am Markt, sind mit Ihrem Team durch Dick und Dünn gegangen, haben dabei Witziges erlebt, Trauriges und Anrührendes, das zu schade ist, um vergessen zu werden? Eine Firmenchronik kann all das bewahren.

Und damit nicht genug: Ihre Kunden werden Ihre Offenheit zu schätzen wissen, wenn sie die ganz persönliche Geschichte Ihres Unternehmenserfolges nachlesen können. Das Norddeutsche Handwerk vermitelt Ihnen gern erfahrene Rechercheure und Texter, die sich für Sie auf Spurensuche begeben und die Historie Ihres Betriebes erstellen.

Kontakt: Redaktion Norddeutsches Handwerk nh.redaktion@schluetersche.de

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