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Gesundheitshandwerke

Handwerkerin klagt - Arzt verliert

Wenn Ärzte nur noch einen einzigen Gesundheitshandwerker empfehlen, wird es eng für alle anderen. Eine Hörgeräteakustikerin wehrt sich dagegen - und hat nun vor dem Bundesgerichtshof recht bekommen.

Darauf hat das Gesundheitshandwerk gewartet: HNO-Ärzte dürfen nicht ohne hinreichenden sachlichen Grund an bestimmte Hörgeräteakustiker verweisen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt. Zudem ist es Ärzten nach dem BGH-Spruch untersagt, sich an Geschäften von Leistungserbringern zu beteiligen, wenn Zuweisungen vorliegen.


"Der BGH hat eine Grundsatzentscheidung gefällt, die das ganze Gesundheitswesen berührt", betont Jakob Stephan Baschab, Hauptgeschäftsführer der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (biha). "Der Tenor des Urteils ist großartig", freut sich die Hörgeräteakustikermeisterin, die den Rechtsstreit angeschoben hat, aber aus Angst vor weiteren Repressalien anonym bleiben möchte. Bis zu diesem Erfolg sei es ein langer Weg gewesen. "Der Prozess hat sich über fünf Jahre hingezogen", berichtet die Inhaberin von Betrieben in Cuxhaven und Bremerhaven. Währenddessen habe sie ein Geschäft schließen und ihre drei Mitarbeiter entlassen müssen.


"Bis die Focus Hören AG im Jahr 2004 eine Filiale in Cuxhaven eröffnet hat, war mein Verhältnis zu den HNO-Ärzten am Ort gut", betont sie. Doch die Aktiengesellschaft setze darauf, dass Ärzte bei ihr Aktionäre werden. "Von Anfang an habe ich geahnt, dass unsere Umsätze dramatisch zurückgehen würden."


Tatsächlich hätten alle HNO-Ärzte in Cuxhaven Aktien an der Focus Hören AG gezeichnet und den Betrieb ihren Patienten empfohlen, berichtet die Klägerin. "Ich habe das Gespräch mit den Ärzten gesucht, aber sie haben nicht die Wahrheit gesagt." Die Handwerkerin hat entschieden: "Ich musste dieses Übel an der Wurzel packen." Dann hat sie Testkunden zu den HNO-Ärzten geschickt.

Laut Urteilsschrift hat der beklagte HNO-Arzt eine Zeugin gefragt, ob sie einen Hörgeräteakustiker in Cuxhaven kennt. Die Zeugin habe verneint, sie habe aber das Hörgeräteakustikergeschäft über der Praxis bemerkt – das der Klägerin. Der Arzt habe ihr daraufhin gesagt, er arbeite mit der Focus Hören AG zusammen, dort werde die Zeugin nicht über den Tisch gezogen. Ohrabdrücke und Hörgeräteverordnung würden direkt an die Focus Hören AG geschickt.

Empfehlungen sind untersagt

Der BGH hat nun deutlich gemacht: Die Wahlfreiheit des Patienten ist schon dann beeinträchtigt, wenn der Arzt dem Patienten von sich aus einen bestimmten Leistungserbringer nahelegt oder auch nur empfiehlt. Das bedeutet, dass zum Beispiel Plakate, Flyer, Visitenkarten und Gutscheine von Leistungserbringern in der Praxis verboten sind.


An Geschäften von Hörgeräteakustikern und anderen Leistungserbringern dürfen Ärzte sich nicht beteiligen, wenn ihnen durch ihre Zuweisung oder Empfehlung Vorteile zufließen. Das Verbot gilt auch für nahe Verwandte (in gerader oder Seitenlinie bis zum dritten Grad) als Treuhänder oder Strohmänner.


Ob die Cuxhavener HNO-Ärzte immer noch unmittelbar oder mittelbar an der Focus Hören AG beteiligt sind, ist unklar. Der Deutsche Berufsverband der HNO-Ärzte hat sich gegenüber handwerk.com nicht zu dem BGH-Urteil geäußert, auch der beklagte HNO-Arzt hat auf Nachfrage keine Stellungnahme abgegeben.


Für die klagende Hörgeräteakustikermeisterin ist der Fall noch nicht abgeschlossen. Denn der BGH hat den Fall an das Oberlandesgericht Celle zurückverwiesen, der ihn in Teilen neu verhandeln und über die Kosten der Revision befinden soll.    (bw)

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