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Harte Nummer

Papa als Chef? Wirklich?

Der Senior: dominantes Auftreten, hat über Jahrzehnte Entscheidungen alleine gefällt, kennt sich in seinem Gewerk aus wie kein anderer. Toller Typ. Aber es gibt Fragen, die ihm der Sohn oder die Tochter vor der Betriebsübernahme stellen sollten.

Es war ein Abenteuer auf Zeit. Heike Schauz ist 1987 in den Betrieb ihres Vaters eingestiegen – eine Fehlentscheidung. In ihrem Buch "Kommt der Chef auch noch?" beschreibt die Malermeisterin, woran die Übernahme letztlich gescheitert ist: Ihr Vater ist ein Choleriker, er hat Alkoholprobleme. Der Mann ist ein toller Handwerker, aber kein Geschäftsmann. Die Firma steht nicht sonderlich gut da. Nach kurzer Zeit flüchtet Schauz förmlich in die eigene Selbstständigkeit. Mit eigenen Mitarbeitern. Und eigenen Entscheidungen.

Nächste Seite: Heute weiß Schauz genau, welche Fragen Nachfolger dem Senior stellen müssen.

Entscheidend sind die „Wirklich-Fragen“

Hinterher ist man schlauer. Auch Schauz weiß im Nachhinein, dass sie die Zeichen hätte deuten können. Zum Glück, sagt die 49-Jährige, sei mittlerweile eine ganz andere Generation von Unternehmern auf dem Sprung in die Rente: „Die heutigen Chefs sind nicht mehr so verbissen, wie wir unsere Väter kannten.“ Die Übernahme eines Betriebes sei insgesamt weniger problembehaftet als früher, aber: „Man muss wirklich genau hinsehen.“

Stünde Sie heute noch einmal vor der Nachfolge,würde Schauz die richtigen Fragen stellen — die allesamt das Wort „wirklich“ enthalten.  

  • Geht es der Firma eigentlich wirklich gut?
  • Gibt der Senior den Betrieb wirklich bereitwillig ab? Ist er wirklich schon so weit?
  • Wie ist das Verhältnis zum Vater? Wie dominant ist er? Kann ich in der Übergangsphase wirklich seine Ratschläge annehmen?

Der dominante Vater. Das sei zwar ein Klischee, sagt Schauz, aber häufig auch Realität in einem Handwerksunternehmen: „Das Abgeben ist umso schwieriger, je stärker das Ego des Vaters entwickelt ist.“ Und schon deshalb sei die Übernahme des Betriebes eines extrem dominanten Vaters eine – das Wort musste ja kommen – „wirklich“ schlechte Idee.



Die Frage der Fragen: Was will ich wirklich mit meinem Leben anfangen? Lesen Sie Seite 3.

Erfüllt der Junior lediglich Erwartungen?

Schauz glaubt, dass in vielen Fällen ein Coaching eine gute Sache für die Chefs von morgen ist. Ein professioneller Coach würde den Kern der Fragen freilegen, die ein Übernehmer selbst beantworten kann. Zum Beispiel: Versuche ich nur, die Erwartungshaltungen der Familie zu erfüllen? Werde ich in etwas hineingedrängt, das ich gar nicht will.

Ein guter Coach gebe keine Ratschläge, kenne aber genau die alles entscheidende Frage: WAS WILL ICH WIRKLICH MIT MEINEM LEBEN ANFANGEN?

Heike Schauz kennt auch Handwerksmeister, die sich solche Fragen gar nicht erst stellen müssen: „Beispielsweise der Junior, der quasi in der Schreinerei aufgewachsen ist und nicht anderes vorstellen kann als ein Leben im Betrieb.“ Aber selbst die Kandidaten, die sich total sicher sind, müssten sich über eines im Klaren sein: Wollen sie die Schwierigkeiten, die es ganz sicher bei der Übernahme geben wird, wirklich in Kauf nehmen?

Übrigens: Heute arbeitet Schauz als Business-Feng Shui-Expertin und Projekt-Managerin. Sie berät Unternehmen, Hotels und soziale Einrichtungen, will "Feng Shui als Teil des alten Baumeisterwissens" etablieren. Sie ist ihren eigenen Weg gegangen.

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(sfk)

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