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Sterben "all-inclusive"

Sterben "all-inclusive"

Mit Dumpingpreisen stört Rüdiger Vietje die Ruhe seiner Branche. Die Basis für die Billigangebote des Bestatters: Er lässt Verstorbene in Tschechien verbrennen und anonym beisetzen.

980 Euro kostet Vietjes "All-inclusive-Angebot". In Sachen Marketing geht er eigene Wege. www.ruhe-sanft-und-billig.de: Unter dieser Internet-Adresse wirbt der Bestatter aus Vechelde (Niedersachsen) damit, dass seine Kunden die deutschen Friedhofsgebühren einsparen können. Die "Barzahlung bei der Auftragserteilung" belohnt er mit drei Prozent Skonto.

Knapp 550 Kilomter ist das "ultramoderne" Krematorium Vysoèany von Vietjes Firmensitz entfernt. Der Weg mit bis zu vier Verstorbenen kurz hinter die Grenze Tschechiens lohne sich auch deswegen, sagt der Bestatter, weil dort "fast alles möglich" ist. Anders ausgedrückt: Die Gesetzeslage ist nicht so strikt wie die deutschen Bestattungsgesetze.

Eines von Vietjes "Spezial-Angeboten": Nach der anonymen Bestattung in Tschechien bekommen die Angehörigen gegen einen Aufpreis eine "Schmuckurne" ausgehändigt, die eine Mischung eines Teils der Asche der Toten und "geweihter Erde" enthält. Weil die Urnen keine Kennung haben und ihr Inhalt nicht identifizierbar ist, werde kein deutsches Gesetz berührt, auch nicht der Friedhofszwang. Behauptet Vietjes.

Dass Bestatter nach solchen und anderen Schlupflöchern im deutschen Bestattungsrecht suchen und sie vor allem in Holland und auch in der Schweiz finden, ist seit Jahren Realität (wir berichteten). Übrigens: Beim deutschen Fernsehen kommen Vietjes Aktivitäten rund um den Tod extrem gut an. ZDF, RTL, NDR - die Sender geben sich in Vechelde förmlich die Klinke in die Hand.

Doch rechtfertigt das den "Leichentourismus", den nicht wenige von Vietjes Kollegen anprangern?

"Wer mit mehreren Verstorbenen in einem Fahrzeug solche Strecken zurücklegt, verletzt sämtliche ethischen Regeln unserer Branche", sagt Rolf Lichtner, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Bestatter (BDB). Die letzte Fahrt sei schließlich keine Omnibusfahrt.

Lichtner lässt derzeit bei der zuständigen Ordnungsbehörde die "gewerberechtliche Zuverlässigkeit" von Vietjes Betrieb überprüfen, denn die sei nun einmal Voraussetzung für die Ausübung des Bestatterberufes. Was Vietje dagegen in seiner Werbung verspreche, ist aus Lichtners Sicht schlicht illegal.

Sollte das deutsche Bestattungsrecht geändert werden? "Auf keinen Fall", antwortet Vietje ironisch, "dann würden die Kommunen ja nichts mehr verdienen." Zwar gebe es in einigen Bundesländern Reformbemühungen. Aber eine radikale Reform scheitere letztlich an den leeren Kassen der öffentlichen Hand.

Der umstrittene Bestatter will den Angehörigen "eine neue Welt der Trauerbewältigung" eröffnen. Er möchte ihnen eine "private Trauerfeier zu Hause oder am Lieblingsort des Verstorbenen" ermöglichen. Die Angehörigen könnten die Beisetzung auch unter einem Gedenkbaum im eigenen Garten inszenieren: "Warum sollten die Leute die Asche nicht an der Wunschstelle des Verstorbenen verstreuen dürfen?"

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