Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Vor dem Steuerabzug sind alle gleich

Vor dem Steuerabzug sind alle gleich

Erster Erfolg im Kampf gegen illegale Betätigung im Baugewerbe: Eine steuerliche Neuregelung soll Schwarzarbeit eindämmen. Nach dem Gesetzesentwurf, der jetzt den Finanzausschuss passiert hat, muss der Steuerabzug unabhängig davon vorgenommen werden, ob die Bauleistungen von einem ausländischen oder von einem deutschen Unternehmen ausgeführt wurden. Das macht die neuen Regelungen europatauglich.

Der Gesetzesentwurf zu Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe hat jetzt den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages passiert. Stichtag für diesen neuen Steuerabzug wäre der 1. Januar 2002.

Schon einmal sollte das Steueraufkommen in der Baubranche durch einen Steuerabzug gesichert werden (§ 50a Abs. 7 EStG). Dieser hatte vor allem auf ausländische Werkvertragsunternehmen abgezielt, die es mit der Steueranmeldung in Deutschland nicht so genau nehmen. Gescheitert war dieser Gesetzesvorstoß bereits nach wenigen Monaten, weil sich insbesondere ausländische EU-Firmen durch den 25-prozentigen Steuerabzug gegenüber ihren deutschen Mitkonkurrenten benachteiligt sahen.

Der neue Gesetzesentwurf, der mit dem Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) und dem Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) abgestimmt ist, soll nun einen "europatauglichen" Steuerabzug bieten. Da jetzt auch deutsche Firmen betroffen sind, kommt auf sie ab Januar 2002 ein immenser Verwaltungsaufwand zu. Sie müssen für jeden Auftraggeber prüften, ob ein Freistellungsauftrag an das Finanzamt Sinn macht. Detaillierte Kostenrechnungen je Bauausführungen sind unumgänglich. Positiv ist, dass sich Unternehmer jetzt von bestimmten Risiken "freikaufen" können #8211; Betriebsausgabenabzugsverbot und Haftung als Entleiher sind bei Einhaltung der Vorschriften passé.

Wer ist zum Steuerabzug verpflichtet?

Ein Auftraggeber ist bei Leistungen zum Steuerabzug verpflichtet, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Im Visier hat die Finanzverwaltung also ausschließlich die Baubranche. Einen Teil der Gegenleistung für erhaltene Bauleistungen müssen Auftraggeber einbehalten, die Unternehmer oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Privatleute sind von der Verpflichtung also grundsätzlich befreit. Aber aufgepasst: Ein Vermieter gilt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes als Unternehmer. Auch wenn die Vermietung grundsätzlich steuerfrei ist, muss der Vermieter den Steuerabzug für eine Rechnung über Bauleistungen vornehmen (§ 4 Nr. 12a Umsatzsteuergesetz).

Wie hoch ist der Steuerabzug?

Der Steuerabzug beträgt 15 Prozent der Gegenleistung, dazu kommen 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag. Wie bei der Vorgängerregelung (§ 50a Abs. 7 EStG) werden die 15 Prozent ausgehend vom Bruttorechnungsbetrag fällig. Selbst wenn ein ausländisches Unternehmen von der so genannten Null-Regelung Gebrauch macht #8211; also keine Umsatzsteuer in seiner Rechnung ausweist #8211; ist der Einbehalt von dem (fiktiven) Bruttobetrag vorzunehmen (siehe Kasten rechts). Durch den Einbehalt vom Bruttobetrag und den Solidaritätszuschlag beträgt der Steuerabzug unter dem Strich 18,3 Prozent.

Sind die Abzugsbeträge eine Mehrbelastung?

Eine praxisnahe Lösung soll den Unmut der seriösen Firmen gering halten: Die vom Auftraggeber einbehaltenen und an das Finanzamt abgeführten Beträge werden laufend auf die anfallenden Steuern des Leistenden angerechnet. Wer beispielsweise Lohnsteueranmeldungen mit einer Zahlungsverpflichtung von 8000 Mark beim Finanzamt einreicht und so einen Steuerabzug in Höhe von 6000 Mark hinnehmen muss, hat nur noch den Differenzbetrag von 2000 Mark zu begleichen. Ausländische Unternehmen, die in Deutschland weder Lohnsteuer noch Einkommen- oder Körperschaftsteuer bezahlen müssen, bekommen die einbehaltenen Steuern nach kritischer Prüfung erstattet. So werden tatsächlich nur die schwarzen Schafe der Branche den Steuerabzug schmerzlich wahrnehmen.

Was passiert, wenn der Einbehalt korrekt vorgenommen wird?

Hält sich der Auftraggeber an den vorgeschriebenen Steuerabzug, bekommt er eine Art Persilschein. Damit ist er von dem Risiko befreit, dass das Finanzamt ihm den Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an Scheinfirmen streitig macht. Auch kann er als Entleiher für die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer des Beauftragten nicht mehr in Haftung genommen werden.

Was passiert, wenn kein Einbehalt vorgenommen wird?

Nimmt der Auftraggeber den Steuerabzug gesetzeswidrig nicht vor oder behält er zu wenig ein, haftet er für den zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag, außerdem verliert er seinen Immunstatus. Stellt das Finanzamt fest, dass es sich um ein Scheinunternehmen handelt, droht das Verbot des Betriebsausgabenabzugs und die Haftung als Entleiher für die Lohnnebenkosten der Arbeiter des Beauftragten.

Gibt es Ausnahmen?

Unternehmer oder juristische Personen, die Rechnungen über vergebene Bauausführungen erhalten, sind vom Steuerabzug befreit, wenn sie eine Freistellungsbescheinigung eines deutschen Finanzamts vorlegen, das den Steuerabzug verneint (siehe Kasten rechts), oder wenn die Bruttoauftragssumme im Kalenderjahr (nicht Wirtschaftsjahr) voraussichtlich unter bestimmten Bagatellgrenzen liegt. Vom Steuerabzug ist abzusehen, wenn die Gegenleistung bei Auftraggebern, die ausschließlich steuerfrei vermieten, im Kalenderjahr voraussichtlich 30 000 Mark (15 000 Euro) und in allen übrigen Fällen 10 000 Mark (5000 Euro) unterschreitet.

Wann ist der Steuerabzug vorzunehmen?

Wie bei den anderen Abzugsverpflichtungen wird der Einbehalt bei tatsächlicher Zahlung fällig. Sämtliche Zahlungen für Bauleistungen, die ab dem 1. Januar 2002 geleistet werden, sind unter den neuen Kriterien des Steuerabzugs zu betrachten. Auf die Rechnungsstellung im Jahr 2001 kommt es demnach nicht an.

Ist das Umsatzsteuer-Abzugsverfahren passé?

Führen im Ausland ansässige Unternehmer Bauleistungen in Deutschland aus, müssen Auftraggeber die Umsatzsteuer weiterhin zusätzlich zu dem neuen Steuerabzug vornehmen. Von dem Rechnungsbetrag eines im Ausland ansässigen Unternehmers über 116 000 Mark dürfen deshalb schlimmstenfalls 81 643 Mark ausbezahlt werden. 16 000 Mark müssen über das Umsatzsteuer-Abzugsverfahren (§§ 51 ff. UStDV), und 18 357 Mark über den neuen 15-prozentigen Steuerabzug einbehalten werden.

Bruttobetrag als Rechengröße

Der Einbehalt ist stets vom Bruttorechnungsbetrag vorzunehmen #8211; selbst dann, wenn ein ausländischer Subunternehmer die so genannte Null-Regelung (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 UStDV) anwendet, also aus Gründen der Einfachheit keine Umsatzsteuer ausweist.

Beispiel: Der Bauunternehmer Heinz Wohlgemut erhält eine Rechnung von einem im Ausland ansässigen Unternehmer. Die Rechnung lautet netto über 100 000 Mark, auf den Ausweis der Umsatzsteuer wurde unter Hinweis auf die Null-Regelung verzichtet. Wohlgemut nimmt im Februar 2002 deshalb folgenden Einbehalt vor:

15 Prozent von 100.000 Mark

= 15.000 Mark

+ 825 Mark Solidaritätszuschlag.

Dieser Einbehalt ist zu niedrig.

Sollte es zu Steuerausfällen kommen, müsste Wohlgemut für 2.532 Mark haften.

Korrekt hätten er den Steuerabzug hätte folgendermaßen berechnen müssen:

+ 100.000 Mark

+  16.000 Mark (fiktive Umsatzsteuer)

= 116.000 Mark

---------------------

davon 15 Prozent

= 17.400 Mark

+ 957 Mark Solidaritätszuschlag

Bescheinigung gegen Abzüge

Das Finanzamt hat dem Leistenden auf Antrag eine Freistellungsbescheinigung auszustellen, wenn der zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheint und ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist.

Keine Freistellung gibt es, wenn der Leistende #8230;

seinen Anzeigepflichten (§ 138 und 138a AO) oder

seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten

nicht nachkommt.

Eine Bescheinigung soll erteilt werden, wenn der Leistende glaubhaft macht, dass kein zu sichernder Steueranspruch besteht. Dazu werden voraussichtlich folgende Unterlagen notwendig sein:

Hohe Verlustvorträge aus Vorjahren und

Kostenrechnungen für jede einzelne Baustelle, deren Saldo negativ ist.

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Auf Handwerksbetriebe kommen 2024 etliche Änderungen zu.

Zum neuen Jahr

Mindestlohn, Gerüstbau und Wegegeld: Das ändert sich 2024

Zum Jahreswechsel treten etliche Neuregelungen in Kraft, die Auswirkungen auf das Handwerk haben. Ein Überblick.

    • Personal, Politik und Gesellschaft, Recht
Spezialisiert auf das Fräsen von Nuten für das P-System: die Zeta P2 Akku von Lamello.

Holzhelden

Fräsen, stecken, klicken – fertig

Lamello hat die Zeta P2 mit einem Akku-System ausgestattet. So fräst man Nuten für das P-System noch unabhängiger. Kann die Maschine in der Werkstatt überzeugen?

    • Holzhelden, Werkzeug
Achtung bei befristeten Fahrerlaubnisklassen: Fahrer aus dem EU-Ausland müssen gegebenenfalls in Deutschland verlängern.

Fuhrparkrecht

Führerscheine aus dem EU-Ausland: Vorsicht bei Befristung

Wer ausländische Fahrer einstellt, muss bei befristeten Fahrererlaubnisklassen ganz genau hinschauen. Auch bei EU-Führerscheinen.

    • Fuhrpark
Cobots für den Betrieb? „Man muss einen Amortisationspunkt finden und einen Mehrwert generieren“, sagt Michael Huwald.

Strategie

Cobots: „Betriebe machen doch alle die gleiche stupide Arbeit“

Cobots für das Ausbau-Handwerk gibt es noch nicht von der Stange. Michael Huwalds Team arbeitet deswegen an eigenen Ideen für einen Leichtbau-Roboter – mit Hilfe einer Stiftung.

    • Strategie, Digitalisierung + IT