Auf einen Blick:
- In einem kleinen Projekt entwickeln ein Azubi und ein Geselle von Michael Huwald Ideen für den Einsatz eines Cobots in ihrem Handwerksbetrieb – und lernen dabei auch die Grenzen gängiger Leichtbau-Roboter kennen.
- Huwalds Ziel: ein betriebswirtschaftlich tragfähiges Konzept für so eine Investition. Ideen dafür hat er bereits – aber ein Selbstläufer wird das nicht.
Eigentlich weiß Michael Huwald ganz genau, was für einen Cobot er braucht: „Eine Schlitzfräse, die selbstständig Schlitze in die Wand stemmt, damit diese körperlich anstrengende Arbeit wegfällt.“ sagt der Geschäftsführer der Elektro Rieger GmbH in Langenhagen. Gerade arbeite sein Team parallel in vier Neubauprojekten. Geschosswohnungsbau, das bedeutet: jede Menge Kabelschlitze in jedem Raum für jeden Anschluss. Eine tragbare Cobot-Schlitzfräse wäre eine echte Entlastung. Doch sie existiert noch nicht.
Huwald fragt sich, warum die Industrie das Handwerk nicht als potenziellen Kunden sieht. „Die Betriebe machen doch alle die gleiche stupide Arbeit, da gibt es ein riesiges Geschäftsfeld im Neubau“, sagt er. Er hat diese Frage an Cobot-Hersteller gerichtet, doch eine zufriedenstellende Antwort blieb aus. Ist das Handwerk für sie wirtschaftlich uninteressant? Oder sind die Aufgaben zu komplex? Huwald kennt die Antworten nicht.
Er weiß nur, dass die Entwicklung eines eigenen Cobots für ihn keine Option ist. Trotz der Größe seines Unternehmens mit 45 Mitarbeitenden fehlen die finanziellen Mittel.
Azubi und Geselle entwickeln Cobot-Ideen
Doch Huwald ist nicht der Typ, der einfach abwartet. Durch einen Kontakt zur Handwerkskammer stieß er auf das Projekt Troia der Stiftung Robokind. Hier können Auszubildende zusammen mit erfahrenen Gesellen und Experten Cobot-Ideen für ihren Betrieb entwickeln.
Huwald schätzt das Projekt: „Es ist ein schlankes Projekt“, zwei bis rund zwei bis drei Tage seien Azubi und Geselle damit beschäftig gewesen. Ein weiterer Vorteil: Die Stiftung stellt eigene Cobots zur Verfügung, die kostenlos im eigenen Unternehmen getestet werden können.
Mehrere Cobot-Ideen seien so entstanden, jetzt stehe die Entscheidung an, welche Ideen der Betrieb testen wird. Ganz einfach sei die Ideenfindung allerdings nicht gewesen: „Der Cobot selbst hat auch Einschränkungen“, berichtet Huwald. „Für staubige Baustellen ist er zu empfindlich, daher kann man ihn nur hier im Gebäude einsetzen. Wir mussten also Tätigkeiten identifizieren, bei denen wir etwas in der Halle vorproduzieren statt auf der Baustelle.“
So eine Cobot-Aufgabe könnte zum Beispiel der Zuschnitt von Kabeln auf die richtige Länge sein und deren Enden abzuisolieren, um sie mit Aderendhülsen zu versehen. Eine andere Idee für den Cobot-Test: Unterputzdosen auseinander zu nehmen und die Verbindungstücke zu entgraten. Die Entscheidung steht noch aus, welches Projekt es wird. Dann würden Troia-Experten entsprechende Greifarme für den Cobot per 3D-Druck erzeugen – und dann könne der Test im Betrieb starten.
Cobot-Investition braucht Kreativität und Mut
Wenn der Cobot die Aufgabe erfüllt, stehen weitere Entscheidungen an, sagt Huwald: „Mir geht es darum, etwas Alltagstaugliches zu finden, was betriebswirtschaftlich tragfähig ist. Auch so ein Cobot kostet richtig Geld. Man muss einen Amortisationspunkt finden und einen Mehrwert generieren.“ Dabei sei Kreativität gefragt. „Für uns allein wäre ein Cobot für die Aderendhülsen viel zu teuer, wir würden ihn netto vielleicht vier Wochen im Jahr auslasten.“ Huwald kann sich jedoch vorstellen, gemeinsam mit Kollegen „eine Art Produktionsgemeinschaft“ zu bilden – gemeinsam käme man schnell auf eine Vollauslastung. „Man muss halt Mut haben, dann kann das funktionieren.“
Unabhängig vom Ausgang sieht Huwald das Cobot-Projekt als Gewinn für sein Unternehmen und sein Team: „Wenn es passt, würde ich es gerne umsetzen. Wenn es nicht passt, wissen wir, dass wir noch nicht so weit sind, das ist auch eine Erkenntnis“, sagt Huwald. „Aber mit dem Wissen aus dem Projekt können wir besser erkennen, wann es so weit ist.“
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